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Dazu noch eine "kleine Ergänzung"
So werden aktuell 76 Staus mit 306 km Länge gemeldet. Ja, noch ist ja auch früh am Tage und dieser Wahnsinn läßt sich sicherlich noch erheblich steigern. Schließlich beginnen über 18 millionen Menschen sich auszuleben."
Prof. Dr. Heiner Monheim*
Verkehrswende zu weniger Autoverkehr - von der Utopie zur
Realität
Massenmotorisierung als globales Ziel der Eliten
Während man nach Anzeichen einer Verkehrswende in Deutschland lange suchen muß und dort gern der
Eindruck erweckt wird, Vollmotorisierung und Staugesellschaft wären ein unentrinnbares Schicksal, wird leicht
übersehen, daß weltweit die Motorisierung erst am Anfang steht. Erst ca. 10% der Weltbevölkerung haben einen
Zugang zum Auto. Allerdings sind die Autoexporteure und Verkehrspolitiker weltweit daran, dies gerade ändern
zu wollen. Sie tun dies trotz Klimaschutzgipfeln und der in Europa und USA leicht feststellbaren Erkenntnis, daß
Massenmotorisierung jenseits einer gewissen Verkehrsdichte die Effizienz im Verkehr schnell ruiniert. Je höher die
Ausgaben für Auto-Infrastruktur (Straßen, Parkraum), Autobesitz und Autobetrieb sind, desto größer werden
auch die Frustrationen der Staugesellschaft. Trotzdem sind die westlich geprägten Eliten in den bis heute
schwach motorisierten Ländern der Dritten Welt in Afrika, Asien und teilweise auch Südamerika zunehmend auf
die vom hochmotorisierten Westen geprägten Verheißungen der Massenmotorisierung als Wohlstands- und
Fortschrittsgarant fixiert. Damit hat die Verkehrswende weltweit einen schweren Stand. Das Modell der Stadt des
Umweltverbundes ohne Massenmotorisierung scheint weder im Westen noch in Osteuropa noch in der Dritten
Welt politikfähig, obwohl es in der dritten Welt noch hunderttausende von Städten mit minimaler Motorisierung
gibt, die Chancen für eine andere, nachhaltige Verkehrswelt bieten würden. Statt dessen arbeiten dort die Eliten in
Banken, Unternehmen, Kommunen, Regionen, Regierungen mit großem Ehrgeiz und starker Unterstützung durch
die Weltbank und westliche Investoren daran, den Weg in die Massenmotorisierung zu ebnen.
Verkehrswende: Ausstieg aus der Autogesellschaft oder marginale Kurskorrektur
Immerhin aber gibt es in den hochmotorisierten Ländern des Westens akademische Diskussionen um die
Verkehrswende. Dabei stehen sich zwei Positionen gegenüber.
Die gemäßigte begnügt sich in Anlehnung an die mathematische Definition einer Wende damit, schon ein
Abschwächen konventioneller Wachstumskurven beim Autoverkehr (im Personen- wie im Güterverkehr) für eine
Verkehrswende zu halten. Wenn es gelänge, von den Zeiten starken Autoverkehrswachstums über eine
Stagnation langfristig zu einer Phase leichter Abnahmen im Autoverkehr zu kommen, sei das ein Riesenerfolg. Bei
diesem Verständnis wird es noch lange Investitionen in das Straßennetz und den Parkraum geben, die Zeit der
sog. Parallelförderung von Autoverkehr und Umweltverbund wird weitergehen, allenfalls die Gewichte bei den
Investitionen werden sich geringfügig zu Lasten des Autoverkehrs verschieben.
Die radikale Position definiert Verkehrswende ehrgeiziger und politischer: sie will einen echten Ausstieg aus der
Autogesellschaft und ihrer Massenmotorisierung. Sie will PKW mittel- und langfristig viel effizienter einsetzen,
als Pfandautos, Taxen oder ”geteilte” Autos (Nachbarschaftsauto), ihnen aber gegenüber dem Umweltverbund
nur eine ergänzende Restrolle einräumen. Hauptstützen der Mobilität sollen Fußgängerverkehr, Fahrradverkehr
sowie Busse und Bahnen sein. Die vorrangige Ausrichtung von Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung am
Autoverkehr soll zugunsten einer Rückkehr zu urbanen Traditionen der kompakten Siedlung (vom amerikanischen
Modell der zersiedelten Stadtlandschaft zur europäischen Stadt der kurzen Wege) aufgegeben werden.
Eine solche radikale Verkehrswende erfordert massive Investitionen in den Umweltverbund und erlaubt ein klares
Ende der bisherigen Parallelförderung. Kosten für Straßenbau und Parkraumbau können gespart werden, dafür
müssen Zukunftsinvestitionen in eine effiziente Mobilität geleistet werden. Das vom Öko- Institut und dem VCD
finanzierte Projekt ”neue Arbeit durch eine Verkehrswende” entfaltet nur einen gebremsten
Verkehrswendeehrgeiz: Dort gilt ein Verkehrszustand, der unserem Modal Split Mitte der sechziger Jahr (d.h. dem
heutigen Fahrradanteil der Niederlande und ÖPNV- Anteil der Schweiz) entspricht, schon als maximales Ziel einer
Verkehrswende. Das halte ich aber für zu wenig. Natürlich sind die Niederlande fahrradfreundlicher als wir, aber
wer in holländischen Städten ist, wird trotzdem nicht sagen "dort seien die Probleme des Autoverkehrs gelöst".
Und wer in die Schweiz fährt, ist natürlich begeistert vom öffentlichen Verkehr. Aber er wird trotzdem volle
Autobahnen, ziemlich viele Staus und jede Menge Autoprobleme in den Städten finden. Als Vorbild für eine
richtige Verkehrswende reicht das also nicht.
So werden aktuell 76 Staus mit 306 km Länge gemeldet. Ja, noch ist ja auch früh am Tage und dieser Wahnsinn läßt sich sicherlich noch erheblich steigern. Schließlich beginnen über 18 millionen Menschen sich auszuleben."
Prof. Dr. Heiner Monheim*
Verkehrswende zu weniger Autoverkehr - von der Utopie zur
Realität
Massenmotorisierung als globales Ziel der Eliten
Während man nach Anzeichen einer Verkehrswende in Deutschland lange suchen muß und dort gern der
Eindruck erweckt wird, Vollmotorisierung und Staugesellschaft wären ein unentrinnbares Schicksal, wird leicht
übersehen, daß weltweit die Motorisierung erst am Anfang steht. Erst ca. 10% der Weltbevölkerung haben einen
Zugang zum Auto. Allerdings sind die Autoexporteure und Verkehrspolitiker weltweit daran, dies gerade ändern
zu wollen. Sie tun dies trotz Klimaschutzgipfeln und der in Europa und USA leicht feststellbaren Erkenntnis, daß
Massenmotorisierung jenseits einer gewissen Verkehrsdichte die Effizienz im Verkehr schnell ruiniert. Je höher die
Ausgaben für Auto-Infrastruktur (Straßen, Parkraum), Autobesitz und Autobetrieb sind, desto größer werden
auch die Frustrationen der Staugesellschaft. Trotzdem sind die westlich geprägten Eliten in den bis heute
schwach motorisierten Ländern der Dritten Welt in Afrika, Asien und teilweise auch Südamerika zunehmend auf
die vom hochmotorisierten Westen geprägten Verheißungen der Massenmotorisierung als Wohlstands- und
Fortschrittsgarant fixiert. Damit hat die Verkehrswende weltweit einen schweren Stand. Das Modell der Stadt des
Umweltverbundes ohne Massenmotorisierung scheint weder im Westen noch in Osteuropa noch in der Dritten
Welt politikfähig, obwohl es in der dritten Welt noch hunderttausende von Städten mit minimaler Motorisierung
gibt, die Chancen für eine andere, nachhaltige Verkehrswelt bieten würden. Statt dessen arbeiten dort die Eliten in
Banken, Unternehmen, Kommunen, Regionen, Regierungen mit großem Ehrgeiz und starker Unterstützung durch
die Weltbank und westliche Investoren daran, den Weg in die Massenmotorisierung zu ebnen.
Verkehrswende: Ausstieg aus der Autogesellschaft oder marginale Kurskorrektur
Immerhin aber gibt es in den hochmotorisierten Ländern des Westens akademische Diskussionen um die
Verkehrswende. Dabei stehen sich zwei Positionen gegenüber.
Die gemäßigte begnügt sich in Anlehnung an die mathematische Definition einer Wende damit, schon ein
Abschwächen konventioneller Wachstumskurven beim Autoverkehr (im Personen- wie im Güterverkehr) für eine
Verkehrswende zu halten. Wenn es gelänge, von den Zeiten starken Autoverkehrswachstums über eine
Stagnation langfristig zu einer Phase leichter Abnahmen im Autoverkehr zu kommen, sei das ein Riesenerfolg. Bei
diesem Verständnis wird es noch lange Investitionen in das Straßennetz und den Parkraum geben, die Zeit der
sog. Parallelförderung von Autoverkehr und Umweltverbund wird weitergehen, allenfalls die Gewichte bei den
Investitionen werden sich geringfügig zu Lasten des Autoverkehrs verschieben.
Die radikale Position definiert Verkehrswende ehrgeiziger und politischer: sie will einen echten Ausstieg aus der
Autogesellschaft und ihrer Massenmotorisierung. Sie will PKW mittel- und langfristig viel effizienter einsetzen,
als Pfandautos, Taxen oder ”geteilte” Autos (Nachbarschaftsauto), ihnen aber gegenüber dem Umweltverbund
nur eine ergänzende Restrolle einräumen. Hauptstützen der Mobilität sollen Fußgängerverkehr, Fahrradverkehr
sowie Busse und Bahnen sein. Die vorrangige Ausrichtung von Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung am
Autoverkehr soll zugunsten einer Rückkehr zu urbanen Traditionen der kompakten Siedlung (vom amerikanischen
Modell der zersiedelten Stadtlandschaft zur europäischen Stadt der kurzen Wege) aufgegeben werden.
Eine solche radikale Verkehrswende erfordert massive Investitionen in den Umweltverbund und erlaubt ein klares
Ende der bisherigen Parallelförderung. Kosten für Straßenbau und Parkraumbau können gespart werden, dafür
müssen Zukunftsinvestitionen in eine effiziente Mobilität geleistet werden. Das vom Öko- Institut und dem VCD
finanzierte Projekt ”neue Arbeit durch eine Verkehrswende” entfaltet nur einen gebremsten
Verkehrswendeehrgeiz: Dort gilt ein Verkehrszustand, der unserem Modal Split Mitte der sechziger Jahr (d.h. dem
heutigen Fahrradanteil der Niederlande und ÖPNV- Anteil der Schweiz) entspricht, schon als maximales Ziel einer
Verkehrswende. Das halte ich aber für zu wenig. Natürlich sind die Niederlande fahrradfreundlicher als wir, aber
wer in holländischen Städten ist, wird trotzdem nicht sagen "dort seien die Probleme des Autoverkehrs gelöst".
Und wer in die Schweiz fährt, ist natürlich begeistert vom öffentlichen Verkehr. Aber er wird trotzdem volle
Autobahnen, ziemlich viele Staus und jede Menge Autoprobleme in den Städten finden. Als Vorbild für eine
richtige Verkehrswende reicht das also nicht.