Schon die Geißellanten, die im Mittelalter sich sonntags vor den Bürgern die Rücken blutig schlugen, um für ihre Sünden zu büßen, die nach Meinung der christl. Kirchen den Weltuntergang zur Folge hatten, trieben diesen Unfug gegen das Wissen der aufgeklärten Bürger. Montags wurde dann blau gemacht. Erst Karl V setzte diesem Treiben per Dekret ein Ende, was dann in die Blütezeit des Spätmittelalters führte (wohl auch durch bessere Wetter bedingt).
Die Blüte des Mittelalters hatte andere Ursachen:
In einer Studie der Harvard-Universität wird die Zeit des
Hochmittelalters als die wohl glücklichste der Menschheit be-
zeichnet. Mehrere hundert Städte entstanden allein im deutschen
Sprachraum. Die Hanse hatte ihre Blüte. Zum erstenmal gab es
einen breiten Bürgerreichtum, den man in den wenigen unver-
sehrt gebliebenen Städten wie Dinkelsbühl, Rothenburg, Lübeck
u. a. noch erkennen kann. Nie wieder hat es so viele Künstler und
Kunsthandwerker gegeben wie in diesen Jahrhunderten. Fast je-
der Balken an den Bürgerhäusern und selbst der letzte Stein auf
den Spitzen der Kirchen und Kathedralen waren kunstvoll ver-
ziert. Gerade die Kathedralen legen heute noch Zeugnis ab von
dem Reichtum dieser Zeit. Sie wurden nicht - wie die Pyramiden -
durch Zwangsarbeiter errichtet, sondern von hochbezahlten
Handwerkern und Baumeistern. Und dieser breitgesteuerte
Wohlstand war nicht die Folge einer ständigen Leistungssteige-
rung oder eines Wirtschaftswachstums in unserem Sinne. Er war
ganz einfach die Folge einer langen Epoche des Wirtschaftens
ohne verarmende Konjunktureinbrüche, die Folge eines umlau-
fenden Geldes ohne Ausbeutungscharakter. Weitgehend gab es
schon eine Fünf-Tage Woche, denn der „blaue Montag“ war in
den meisten Zünften arbeitsfrei.
Diesen Zusammenhang zwischen Wirtschaftsblüte und Geld be-
stätigt auch das Ende dieser Ära im 15. Jahrhundert, das mit der
Wiedereinführung des „Dickpfennigs“ oder des „ewigen Pfennigs“
zusammenfällt, also jener massiven Gold- und Silbermünzen, die
nicht mehr dem Verruf unterlagen. Dazu kam es wahrscheinlich,
weil manche Münzherren die Verrufung zu oft wiederholten.
Möglicherweise spielten auch erhöhte Edelmetallfunde eine
Rolle. Jedenfalls verschwand das massive Geld wieder rasch aus
dem Wirtschaftskreislauf. Geldüberschüsse wurden wieder gehor-
tet und nur gegen hohe Zinsen herausgegeben. Die Geldverleiher,
wie die Fugger oder die Welser, wurden reich, alle anderen als
Schuldner arm, bis hin zu den Erzbischöfen, den Fürsten und dem
Kaiser. Nicht vollendete Kathedralen blieben halbfertig stehen.
„Es war kein Geld mehr da“, erklärte ein Fremdenführer einmal
dieses Phänomen, weil er von den tatsächlichen Gegebenheiten
nichts wußte.
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