Was mir immer zu denken gab, und eine wichtige Aussage im Buch:
Seit Beginn der geschichtlichen Überlieferung, und vermutlich seit dem
Ende des Steinzeitalters, gab es auf der Welt drei Menschengattungen:
die Ober-, die Mittel- und die Unterschicht. Sie waren mehrfach unterteilt,
führten zahllose verschiedene Namensbezeichnungen, und sowohl ihr
Zahlenverhältnis wie ihre Einstellung zueinander wandelten sich von einem
Jahrhundert zum anderen: Die Grundstruktur der menschlichen Gesellschaft
jedoch hat sich nie gewandelt. Sogar nach gewaltigen Umwälzungen und
scheinbar unwiderruflichen Veränderungen hat sich immer wieder die gleiche
Ordnung durchgesetzt, ganz so wie ein Kreisel immer wieder das Gleichgewicht
herzustellen bestrebt ist, wie sehr man ihn auch nach der einen oder anderen
Seite neigt.
Die Ziele dieser drei Gruppen sind miteinander vollkommen unvereinbar. Das Ziel
der Oberen ist, sich da zu behaupten, wo sie sind. Das der Mittelklasse, mit den
Oberen den Platz zu tauschen. Das der Unteren, wenn sie überhaupt ein Ziel
haben – denn es ist ein bleibendes Charakteristikum der Unteren, daß sie durch
die Mühsal zu zermürbt sind, um etwas anderes als hin und wieder ihr Alltagsleben
ins Bewußtsein dringen zu lassen –, besteht darin, alle Unterschiede abzuschaffen
und eine Gesell-schaft ins Leben zu rufen, in der alle Menschen gleich sind. So
wiederholt sich die ganze Geschichte hindurch ein in seinen Grundlinien gleicher
Kampf wieder und immer wieder. Während langen Zeitspannen scheinen die Oberen
sicher an der Macht zu sein, aber früher oder später kommt immer ein Augenblick,
in dem sie entweder ihren Selbstglauben oder ihre Fähigkeit, streng zu regieren,
oder beides verlieren. Dann werden sie von den Angehörigen der Mittelklasse gestürzt,
die die Unteren auf ihre Seite ziehen, indem sie ihnen vormachen, für Freiheit und
Gerechtigkeit zu kämpfen. Sobald sie ihr Ziel erreicht haben, drängen die Angehörigen
der Mittelklasse die Unteren wieder in ihre alte Knechtschaftsstellung zurück, und sie
selber werden die Oberen. Bald darauf spaltet sich von einer der anderen Gruppen oder
von beiden eine neue Mittelgruppe ab, und der Kampf beginnt wieder von vorne. Von
den drei Gruppen gelingt es nur den Unteren nie, auch nur zeitweise ihre Ziele zu erreichen.