Ja, Russland befördert keineswegs den Syrien-Konflikt in expansionistischer Absicht, aber es führt sein Militär in den Konflikt, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Es ist in diesem Zusammenhang für mich immer wieder völlig unverständlich, warum dies legitim sein soll, das Gleiche von westlicher Seite aber verwerflich ist.
Ich habe ganz anderen Bild. Gerade das Gegenteil. Das Westen bezeichnet verwerflich in der Handlung Russlands das, was selbst in eigenen Handlungen als legitim empfindet. Stichwort Krim (analog Kosovo), Maidan (westliche Politiker unterstützen mit ihrer Anwesenheit), die sofortige Anerkennung der Regierung, deren Legitimität rechtlich zweifelhaft ist). Was bedeutet legitim? Es muss geltendem nationalem bzw. internationalem Recht entsprechen. Die Einmischung Russlands (mit alle eigene Interessen, die daran stecken) ist legitim, weil dem internationalem Recht entsprechen. Das Vorgehen der Westen im Gegenteil – nicht.
Die strategischen Ziele der USA und der RF unterscheiden sich in der Nahostregion nicht wirklich.
na ja, es hängt immer ab, wie man Unterschiede und Gemeinsamkeiten definiert und was man betont bzw. ausblendet. Sicher haben sie strategisch den gleichen Ziel, eigenes Einflussbereich vergrößern bzw. erhalten. dennoch die Nähe der Nahe Osten zum Russland, vor allem der große Teil der muslimischen Bevölkerung in Russland, macht die Schmerzgrenze Russlands zu der Krise in nahen Osten viel empfindlicher. Daher auch entscheidender Unterschied und es m. E. nicht zu vernachlässigen im Verständnis der Vorgänge seit dem Russland.
Auf der
http://diewirklichewirklichkeit.com/ ist ein Artikel übersetzt worden, in dem Robert J Kennedy (ja, sein Verwandte) über die Hintergründe des syrischen Bürgerkrieges schreibt. Außer vielen anderen, auch wirtschaftliche strategische Überlegungen zwingen Russland eingreifen in dieses Konfliktherd (zu Beachtung, es hat sehr lange gezögert, eigentlich für Russland eindeutigen Fall). Das Westen will sich von der Gasabhängigkeit mit Russland lösen. Absolut verständlich. Dennoch jede Abhängigkeit wie ein Stock zwei Enden hat. Auch Russland ist vom Westen – als größten Gasabnehmer – abhängig. Und ist klar, dass für Russland hat strategische Bedeutung die Unabhängigkeit des Westens zu verhindern.
Allgemein denke ich - ich glaube wie Du, es ist verwerflich blose Kraft in der Durchsetzung eigene Interessen zu nutzen. Es ist aber eben so die Realität. Es gibt kein Meßgerät, der kann messen und uns einfach sagen_ du bist der Stärkere. Es entscheiden sich in gewaltigen Lösungen der Konflikte. Nicht die Russen die Regeln erfunden haben. Und so wie ich verstehe, machen die Russen viel, damit dieses Recht des Stärkeren durch zivilisierte Recht umgesetzt wird, um die Rolle und Bedeutung der UNO zu stärken. Bevor sie ihre Stärke ausnutzen begannen, haben sie viel gewarnt, ohne Erfolg. Es darf nicht ausgeblendet sein. Man hierzulande dachte aber, dass es nicht im Stande. So ist die Realität, man muss real seine Stärke zu zeigen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Jetzt sind sie wahrgenommen worden und beginnt der Geschrei dafür, was man ohne Bedenken zuvor selbst gemacht hat: im Serbien, Kosovo, Irak, Afghanistan, Libyen Syrien (was habe ich noch vergessen?!)
Inwieweit hälst Du den Deine Detailkenntnisse des Ersten Tschetschenienkriegs von 1994 bis 1996 für relevant in dieser Diskussion hier?
Frage nicht an mich gerichtet, dennoch denke ich schon, dass es relevant sein kann. Z.B. durch die Akzentuierung der Bedeutung der Unruhe in der muslimischen Welt, die selbstverständlich Russland mit ihrer 25% muslimischen Bevölkerung, mit ihrer zicht tausend Kilometer Grenze zur muslimischen Welt, angeht.
Hierzulande wird viel zu viel über Selbstbestimmung der Völker geredet und viel zu wenig, was passiert, wenn so ein unausgereiftes Volk sein eigenes Staat bildet (Kosovo das beste Beispiel) und zwar an der eigenen Grenze. Ich denke schon, dass in Tschetschenien gewaltige Fehler seitens Moskau gemacht worden sind, dennoch
bitte nicht verharmlosen, was von der Rebellen betrieben wurde.
Ich habe unlängst zwei interessante Artikel-Analysen über Kaukasus -Muslimen gelesen. Der kaukasische Islam unterscheidet sich in vielen von der etablierten Strömungen in Nahen Osten. Nach dem Zusammenbruch der SU begann sich wahhabitische Islam zu expandieren und traditionelles Islam zu verdrängen. Es ging über die Finanzierung der Moschees über soziale Hilfe etc. jetzt gibte es Widerstand zwischen Traditionalisten und dieser neuen Strömung. Interessant und übrigens gibt auch Verständnis, warum die Nahe Osten für Russland wichtiger sind als f. USA. Man will als Staat mindestens annäherend religiöse Entwicklungen unter Kontrolle zu halten. Völlig kontrollierbar werden sie sicher nie.