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Göttinnen im Zorn

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Göttinnen im Zorn

„Patriarchat und Kapital“ - Maria Mies

Göttinnen im Zorn

Buchtipp von henro76

„Niemand liebt dich so wie ich...“ Wer kennt das noch, das tolle Lied von Manfred Krug, damals in der DDR? Er hatte sich davongemacht, aber seine Lieder und Texte sind manchem noch heute im Herzen. Die Liebe. Mann und Frau. Seite an Seite. Ob auf dem Felde oder in Betrieben oder in Redaktionen. Und die Ehrungen und die Hochachtung vor den werktätigen Frauen. Ungern wurden sie als Hausfrauen zurückgelassen. Arbeiten war auch ihnen nicht nur Last, sondern Lust, da sie einen Sinn ergab. Nicht nur des Geldes wegen. Nicht zu unterschlagen: Die Förderung, besonders der Frauen, in der Bildung. Dazu kostenlose Kindertagesstätten. Voll bezahlten Schwangerschaftsurlaub. Und, und, und... Nie hat es eine soziale Ausgrenzung gegeben. Und die Blumen zum Frauentag. Kamen sie nicht etwa aus den Herzen der Männer? Und die Brigadefeste.

Trotzdem: Die Mühen der Ebenen waren gerade erst in Fahrt gekommen, da überstülpte uns der Kapitalismus mit erneuter Ausbeutung von Männern und Frauen. Die mit großer Anstrengung durch die Arbeiter-und-Bauern-Macht erzielte Harmonie im Volk, was die Regel war, wich der erneuten Ausbeutung und Unterbezahlung und Unterdrückung von Frauen. Elende Stellungssuche! Nun stand wieder im Vordergrund: Frauen ran an den Kochtopp. Die Entwürdigung nahm ihren Lauf und hält an...

Ein Buch mit dem Titel „Patriarchat & Kapital“ über die Befreiung der Frauen von Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt kann nicht aktueller sein als gerade heute, im Jahre 2016, in einer Zeit, da Kölner und Hamburger Willkürakte und Vergewaltigungen von Frauen Deutschland und die Welt erschüttern.

Die Autorin: Maria Mies. Emeritierte Professorin in der Fachhochschule Köln. Mit ihren Studentinnen gründete sie 1976 das erste Frauenhaus in Deutschland. Seit 1985 engagiert sie sich im feministischen Kampf. Hut ab vor dieser starken Frau. Es sei ihr wichtigstes Buch, schreibt sie. Es sei 1986 in London und 1988 im Rotpunktverlag in Zürich veröffentlicht sowie 2015 im bge-verlag erneut aufgelegt worden. Wie kann es anders sein – mit einem neuen Vorwort. Voll auf die heutige Zeit zugeschnitten. Als neue Rahmenbedingungen – vor allem seit 1989 – nennt sie die Ideologie des Neoliberalismus, das gesteigerte Profitstreben des Imperialismus, den weltweiten Siegeszug des Kapitalismus, Internet und neuerliche Kriege, Terrorismus, neue Feindbilder. (Seiten 9-11) Dazu zählen auch die kulturellen und ethnischen Konflikte, die oft und zunehmend mit physischer Gewalt einhergehen.

Das Buch sei eine Frucht des Zorns, schreibt sie. Darüber, „dass auch in den sogenannten fortschrittlichen Ländern Frauen Opfer von Diskriminierung und Gewalt sind“. Doch sie wollte mehr, nämlich die Geschichte dieses frauenfeindlichen Systems, seine tieferen Ursachen und seine Erscheinungsformen erforschen. Es war ihr klar, dass Zorn zwar wichtig ist, dass man aber „ohne theoretische Begründung nicht zu einer Veränderung dieses Systems“ in der BRD kommen könne. (S. 1) Auch bloße Appelle und Boykottmaßnahmen seien wenig hilfreich.

Ihr Ausgangspunkt: Viele junge Menschen sehen mit Angst in die Zukunft. Der Kapitalismus zerstört die Natur, provoziert Kriege, vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich und setzt durch seine stets wachsende Akkumulation von Geld und Profit für alle späteren Generationen die Zukunft aufs Spiel. (S. 16)

Ihre Suche nach Quellen und Beispielen begann nicht bei Büchern, betont die Autorin, sondern bei Reisen in die Welt, vor allem bei einem Aufenthalt in Indien in den Jahren 1963 bis 1968. So erweiterte sie ihren Horizont durch eigene Erfahrungen bei nationalen und internationalen Tätigkeiten und Verbindungen.

In den Kapiteln 1 bis 7 geht es um den Feminismus, die sozialen Ursprünge der geschlechtlichen Arbeitsteilung, die Kolonisierung und Hausfrauisierung, die internationale Arbeitsteilung, die Rolle der Gewalt, die des Sozialismus sowie um Gedanken zu einer künftigen Gesellschaft.

Warum aber Patriarchat? Maria Mies gibt sich mit der Lektüre der Klassiker des Marxismus/Leninismus (Marx, Engels, Zetkin, Luxemburg, Lenin) nicht zufrieden, denn, so meint sie, diese hätten der Frauenbewegung nicht genügend Raum gegeben, zumal das Verhältnis Männer zu Frauen seit Urzeiten eine dominierende Rolle spielt. Auf Seite 7 notiert sie, dass die Männer in vor-patriarchalen Gesellschaften wussten, „dass die Mütter der Anfang menschlichen Lebens sind...“ Sie waren die Große Göttin. Nicht so in patriarchalen Gesellschaften. Sie verweist auf den griechischen Philosophen Heraklit (500 v.u.Z.), der schrieb: Der Mann als Krieger sei der Vater aller Dinge, er gilt als Anfang des Lebens. Er sei der „Macher“ (Patriarchat: Herrschaft der Väter.) Und daraus zieht die Autorin den Schluss: „Die ganze moderne Technologie, insbesondere die neue Kriegstechnologie, beruht bis heute auf diesem Männerbild.“ Nicht die größere Körperkraft mache die Männer zu Herren über Frauen und die Erde, nicht die Anatomie, sondern die Gewalt.

Sehr interessant zu lesen sind in diesem Zusammenhang die Rückblicke in die Geschichte, in die Zeit der Jäger und Sammler, des Mittelalters mit Hexenverbrennungen, in die Zeit des Feudalismus und des Frühkapitalismus. Sie teilt die Erkenntnis von Frauen, dass Vergewaltigungen, das Schlagen von Frauen, das Quälen und die Belästigungen, „nicht nur Ausdruck abweichenden Verhaltens seitens eines Teils der Männer waren, sondern wesentlicher Bestandteil des ganzen Systems der männlichen oder eher patriarchalen Herrschaft über Frauen“ sind. (S. 65)

Wenn die Autorin auf Seite 25 betont, die Frauenfrage müsse im Kontext aller sozialen Verhältnisse begriffen werden, dann stellt sich die Frage, warum sie Gewalt und Waffen als die dominierenden Ursachen für diese Fehlentwicklungen hinsichtlich der Frauenunterdrückung bezeichnet? Ja, sie warnt, der Akkumulationsprozess zerstöre „überall das Innerste des menschlichen Wesens“. Sind also ihrer Erkenntnis nach die Waffen schuld am Verhängnis? Man entreiße also, um das mal ganz banal auszudrücken, den Herrschern ihre Mordinstrumente, den Jägern ihre Schusswaffen, den Truppen ihre Raketen, und schon könne man eine Veränderung des Systems erreichen? Auf den Punkt bringen wir das Problem, wenn wir uns auf der Seite 295 die folgende Frage der Autorin im Zusammenhang mit Befreiungskämpfen und der Teilnahme von Frauen daran, ansieht: „Oder genügt es zu sagen, dass es einen grundlegenden Unterschied zwischen einem Krieg, den eine Nation oder ein Volk für seine Befreiung von imperialistischer und kolonialistischer Abhängigkeit führt, und einem Krieg zwischen Imperialisten gibt?“

Wer an dieser Stelle nicht nach ökonomischen und politischen Interessen fragt, läuft mit jeglichen Analysen in die Sackgasse. Sicher, Gewalt hat seine Ursachen, und wer Waffen benutzt, hängt von den jeweiligen persönlichen und Klasseninteressen ab. Eine Waffe hat keinen Klassencharakter. Sie kann ein Angreifer benutzen und ein Verteidiger. Das ist wohl zu unterscheiden. Deshalb führt auch jeder schematische Vergleich Kapitalismus/Sozialismus in die Irre. Keiner bezweifelt, dass nach der Befreiung von Ausbeutung die Beziehungen zwischen Mann und Frau als patriachalisches Verhältnis nicht automatisch liquidiert ist. Dazu bedarf es einer langen moralischen und kulturellen Erziehung, bei der die Frauen in der gewonnenen Freizeit „den müßigen Männern ein Gefühl von Sinn, Realität und Leben vermitteln sollen“. Denn von deren Kreativität, so die Autorin, sei „weiß Gott nicht viel zu sehen“. (S. 366)

Wenn Maria Mies von Alternativen schreibt, dann geht sie – ganz im Gegensatz der marxistischen Klassiker und zahlreicher gegenwärtiger Autoren, nicht von einem weiteren industriellen Wachstum und der unendlichen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse aus, denn die Ressourcen seien alle sehr begrenzt. Insofern plädiert sie für Selbstversorgung, für eine Subsistenzproduktion (für sich selbst), dafür, nicht nur als Konsummarionetten zu dienen, sie nimmt Stellung gegen die* zunehmende Brutalität in den sozialen Beziehungen, will dem dreisten Sextourismus ein Ende setzen. Sie wünsche sich die Absage an die Ausbeutung (S. 368) und ein Ende der zerstörerischen Überproduktion. (S. 387)

„Patriarchat & Kapital“ ist hinsichtlich der großen internationalen persönlichen Erfahrungen der Autorin an der Seite der Feministinnen aus aller Welt eine Fundgrube neuer Erkenntnisse. Es ist gleichzeitig eine Perle der Streitbarkeit, ein Rebellenbuch, indem es gänzlich neue Fragen einer möglichen Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung ins Rampenlicht stellt. Zu wünschen ist, dass dieses großartige Buch seine interessierten und nach tieferem Wissen strebenden Leser – Frauen und Männer – findet. Solange die Zukunft eine Vision bleibt, sollten die GROßEN GÖTTINNEN ihrem Zorn die Tat hinzuzufügen, an der Seite des anderen Geschlechts.

Mögen begnadete Männer schon jetzt, bevor eine andere und gerechtere Gesellschaft in Sicht ist, zu ihren GROßEN GÖTTINNEN den Text des anfangs genannten Liedes, gesungen einst von Manfred Krug, fortsetzen: „All mein Leben, all mein Lieben, nimm es hin, bin Sklave dir, du Königin.“


Maria Mies: Taschenbuch: Gebundene Ausgabe: 420 Seiten, Verlag: bge-verlag (22. Juni 2015), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3945432014, ISBN-13: 978-3945432013, Größe: 14,2 x 3,2 x 21,1 cm, 24,90 Euro


Weitere Texte des Rezensenten: http://cleo-schreiber.blogspot.com

Harry Popow: „WETTERLEUCHTEN - Platons erzürnte Erben haben das Wort“. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe – ein Zeitdokument“, Verlag: epubli GmbH, Auflage: 1 (18. Dezember 2015), Berlin, 392 Seiten, www.epubli.de , ISBN-10: 3737580650, ISBN-13: 978-3-7375-8065-6, Preis: 21.99 Euro

Harry Popow: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3
 

Stefan O. W. Weiß

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Man kann dem Kapitalismus ja viel nachsagen, aber Frauenemanzipation ist erst unter ihm, besagtem Kapitalismus, möglich geworden (vielleicht wäre das ja ein Grund, ihn abzuschaffen, :giggle:). Insofern sollten gerade Feministinnen ein Loblied auf ihn anstimmen. :))
 

Frey

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„Patriarchat und Kapital“ - Maria Mies

Göttinnen im Zorn

Buchtipp von henro76

„Niemand liebt dich so wie ich...“ Wer kennt das noch, das tolle Lied von Manfred Krug, damals in der DDR? Er hatte sich davongemacht, aber seine Lieder und Texte sind manchem noch heute im Herzen. Die Liebe. Mann und Frau. Seite an Seite. Ob auf dem Felde oder in Betrieben oder in Redaktionen. Und die Ehrungen und die Hochachtung vor den werktätigen Frauen. Ungern wurden sie als Hausfrauen zurückgelassen. Arbeiten war auch ihnen nicht nur Last, sondern Lust, da sie einen Sinn ergab. Nicht nur des Geldes wegen. Nicht zu unterschlagen: Die Förderung, besonders der Frauen, in der Bildung. Dazu kostenlose Kindertagesstätten. Voll bezahlten Schwangerschaftsurlaub. Und, und, und... Nie hat es eine soziale Ausgrenzung gegeben. Und die Blumen zum Frauentag. Kamen sie nicht etwa aus den Herzen der Männer? Und die Brigadefeste.

Trotzdem: Die Mühen der Ebenen waren gerade erst in Fahrt gekommen, da überstülpte uns der Kapitalismus mit erneuter Ausbeutung von Männern und Frauen. Die mit großer Anstrengung durch die Arbeiter-und-Bauern-Macht erzielte Harmonie im Volk, was die Regel war, wich der erneuten Ausbeutung und Unterbezahlung und Unterdrückung von Frauen. Elende Stellungssuche! Nun stand wieder im Vordergrund: Frauen ran an den Kochtopp. Die Entwürdigung nahm ihren Lauf und hält an...

Ein Buch mit dem Titel „Patriarchat & Kapital“ über die Befreiung der Frauen von Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt kann nicht aktueller sein als gerade heute, im Jahre 2016, in einer Zeit, da Kölner und Hamburger Willkürakte und Vergewaltigungen von Frauen Deutschland und die Welt erschüttern.

Die Autorin: Maria Mies. Emeritierte Professorin in der Fachhochschule Köln. Mit ihren Studentinnen gründete sie 1976 das erste Frauenhaus in Deutschland. Seit 1985 engagiert sie sich im feministischen Kampf. Hut ab vor dieser starken Frau. Es sei ihr wichtigstes Buch, schreibt sie. Es sei 1986 in London und 1988 im Rotpunktverlag in Zürich veröffentlicht sowie 2015 im bge-verlag erneut aufgelegt worden. Wie kann es anders sein – mit einem neuen Vorwort. Voll auf die heutige Zeit zugeschnitten. Als neue Rahmenbedingungen – vor allem seit 1989 – nennt sie die Ideologie des Neoliberalismus, das gesteigerte Profitstreben des Imperialismus, den weltweiten Siegeszug des Kapitalismus, Internet und neuerliche Kriege, Terrorismus, neue Feindbilder. (Seiten 9-11) Dazu zählen auch die kulturellen und ethnischen Konflikte, die oft und zunehmend mit physischer Gewalt einhergehen.

Das Buch sei eine Frucht des Zorns, schreibt sie. Darüber, „dass auch in den sogenannten fortschrittlichen Ländern Frauen Opfer von Diskriminierung und Gewalt sind“. Doch sie wollte mehr, nämlich die Geschichte dieses frauenfeindlichen Systems, seine tieferen Ursachen und seine Erscheinungsformen erforschen. Es war ihr klar, dass Zorn zwar wichtig ist, dass man aber „ohne theoretische Begründung nicht zu einer Veränderung dieses Systems“ in der BRD kommen könne. (S. 1) Auch bloße Appelle und Boykottmaßnahmen seien wenig hilfreich.

Ihr Ausgangspunkt: Viele junge Menschen sehen mit Angst in die Zukunft. Der Kapitalismus zerstört die Natur, provoziert Kriege, vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich und setzt durch seine stets wachsende Akkumulation von Geld und Profit für alle späteren Generationen die Zukunft aufs Spiel. (S. 16)

Ihre Suche nach Quellen und Beispielen begann nicht bei Büchern, betont die Autorin, sondern bei Reisen in die Welt, vor allem bei einem Aufenthalt in Indien in den Jahren 1963 bis 1968. So erweiterte sie ihren Horizont durch eigene Erfahrungen bei nationalen und internationalen Tätigkeiten und Verbindungen.

In den Kapiteln 1 bis 7 geht es um den Feminismus, die sozialen Ursprünge der geschlechtlichen Arbeitsteilung, die Kolonisierung und Hausfrauisierung, die internationale Arbeitsteilung, die Rolle der Gewalt, die des Sozialismus sowie um Gedanken zu einer künftigen Gesellschaft.

Warum aber Patriarchat? Maria Mies gibt sich mit der Lektüre der Klassiker des Marxismus/Leninismus (Marx, Engels, Zetkin, Luxemburg, Lenin) nicht zufrieden, denn, so meint sie, diese hätten der Frauenbewegung nicht genügend Raum gegeben, zumal das Verhältnis Männer zu Frauen seit Urzeiten eine dominierende Rolle spielt. Auf Seite 7 notiert sie, dass die Männer in vor-patriarchalen Gesellschaften wussten, „dass die Mütter der Anfang menschlichen Lebens sind...“ Sie waren die Große Göttin. Nicht so in patriarchalen Gesellschaften. Sie verweist auf den griechischen Philosophen Heraklit (500 v.u.Z.), der schrieb: Der Mann als Krieger sei der Vater aller Dinge, er gilt als Anfang des Lebens. Er sei der „Macher“ (Patriarchat: Herrschaft der Väter.) Und daraus zieht die Autorin den Schluss: „Die ganze moderne Technologie, insbesondere die neue Kriegstechnologie, beruht bis heute auf diesem Männerbild.“ Nicht die größere Körperkraft mache die Männer zu Herren über Frauen und die Erde, nicht die Anatomie, sondern die Gewalt.

Sehr interessant zu lesen sind in diesem Zusammenhang die Rückblicke in die Geschichte, in die Zeit der Jäger und Sammler, des Mittelalters mit Hexenverbrennungen, in die Zeit des Feudalismus und des Frühkapitalismus. Sie teilt die Erkenntnis von Frauen, dass Vergewaltigungen, das Schlagen von Frauen, das Quälen und die Belästigungen, „nicht nur Ausdruck abweichenden Verhaltens seitens eines Teils der Männer waren, sondern wesentlicher Bestandteil des ganzen Systems der männlichen oder eher patriarchalen Herrschaft über Frauen“ sind. (S. 65)

Wenn die Autorin auf Seite 25 betont, die Frauenfrage müsse im Kontext aller sozialen Verhältnisse begriffen werden, dann stellt sich die Frage, warum sie Gewalt und Waffen als die dominierenden Ursachen für diese Fehlentwicklungen hinsichtlich der Frauenunterdrückung bezeichnet? Ja, sie warnt, der Akkumulationsprozess zerstöre „überall das Innerste des menschlichen Wesens“. Sind also ihrer Erkenntnis nach die Waffen schuld am Verhängnis? Man entreiße also, um das mal ganz banal auszudrücken, den Herrschern ihre Mordinstrumente, den Jägern ihre Schusswaffen, den Truppen ihre Raketen, und schon könne man eine Veränderung des Systems erreichen? Auf den Punkt bringen wir das Problem, wenn wir uns auf der Seite 295 die folgende Frage der Autorin im Zusammenhang mit Befreiungskämpfen und der Teilnahme von Frauen daran, ansieht: „Oder genügt es zu sagen, dass es einen grundlegenden Unterschied zwischen einem Krieg, den eine Nation oder ein Volk für seine Befreiung von imperialistischer und kolonialistischer Abhängigkeit führt, und einem Krieg zwischen Imperialisten gibt?“

Wer an dieser Stelle nicht nach ökonomischen und politischen Interessen fragt, läuft mit jeglichen Analysen in die Sackgasse. Sicher, Gewalt hat seine Ursachen, und wer Waffen benutzt, hängt von den jeweiligen persönlichen und Klasseninteressen ab. Eine Waffe hat keinen Klassencharakter. Sie kann ein Angreifer benutzen und ein Verteidiger. Das ist wohl zu unterscheiden. Deshalb führt auch jeder schematische Vergleich Kapitalismus/Sozialismus in die Irre. Keiner bezweifelt, dass nach der Befreiung von Ausbeutung die Beziehungen zwischen Mann und Frau als patriachalisches Verhältnis nicht automatisch liquidiert ist. Dazu bedarf es einer langen moralischen und kulturellen Erziehung, bei der die Frauen in der gewonnenen Freizeit „den müßigen Männern ein Gefühl von Sinn, Realität und Leben vermitteln sollen“. Denn von deren Kreativität, so die Autorin, sei „weiß Gott nicht viel zu sehen“. (S. 366)

Wenn Maria Mies von Alternativen schreibt, dann geht sie – ganz im Gegensatz der marxistischen Klassiker und zahlreicher gegenwärtiger Autoren, nicht von einem weiteren industriellen Wachstum und der unendlichen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse aus, denn die Ressourcen seien alle sehr begrenzt. Insofern plädiert sie für Selbstversorgung, für eine Subsistenzproduktion (für sich selbst), dafür, nicht nur als Konsummarionetten zu dienen, sie nimmt Stellung gegen die* zunehmende Brutalität in den sozialen Beziehungen, will dem dreisten Sextourismus ein Ende setzen. Sie wünsche sich die Absage an die Ausbeutung (S. 368) und ein Ende der zerstörerischen Überproduktion. (S. 387)

„Patriarchat & Kapital“ ist hinsichtlich der großen internationalen persönlichen Erfahrungen der Autorin an der Seite der Feministinnen aus aller Welt eine Fundgrube neuer Erkenntnisse. Es ist gleichzeitig eine Perle der Streitbarkeit, ein Rebellenbuch, indem es gänzlich neue Fragen einer möglichen Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung ins Rampenlicht stellt. Zu wünschen ist, dass dieses großartige Buch seine interessierten und nach tieferem Wissen strebenden Leser – Frauen und Männer – findet. Solange die Zukunft eine Vision bleibt, sollten die GROßEN GÖTTINNEN ihrem Zorn die Tat hinzuzufügen, an der Seite des anderen Geschlechts.

Mögen begnadete Männer schon jetzt, bevor eine andere und gerechtere Gesellschaft in Sicht ist, zu ihren GROßEN GÖTTINNEN den Text des anfangs genannten Liedes, gesungen einst von Manfred Krug, fortsetzen: „All mein Leben, all mein Lieben, nimm es hin, bin Sklave dir, du Königin.“


Maria Mies: Taschenbuch: Gebundene Ausgabe: 420 Seiten, Verlag: bge-verlag (22. Juni 2015), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3945432014, ISBN-13: 978-3945432013, Größe: 14,2 x 3,2 x 21,1 cm, 24,90 Euro


Weitere Texte des Rezensenten: http://cleo-schreiber.blogspot.com

Harry Popow: „WETTERLEUCHTEN - Platons erzürnte Erben haben das Wort“. Rezensionen, Essays, Tagebuch- und Blognotizen, Briefe – ein Zeitdokument“, Verlag: epubli GmbH, Auflage: 1 (18. Dezember 2015), Berlin, 392 Seiten, www.epubli.de , ISBN-10: 3737580650, ISBN-13: 978-3-7375-8065-6, Preis: 21.99 Euro

Harry Popow: „In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder.“ Engelsdorfer Verlag, Leipzig, 2010, 308 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86268-060-3


Sehr guter Beitrag. Man kann nicht genug auf Bücher hinweisen die zu diesem Thema über den üblichen Tellerrand blicken.
Man muss immer wieder aufzeigen, dass das Patriarchat, also die Herrschaft der Väter, erst und nur ca. 6/5000 Jahre besteht.
Davor waren die Gesellschaften egalitär und matrifokal/matriarchal geordnet und es gab keine Herrschaft des Menschen über den Menschen.
Stück für Stück wurde die "Macht" der Frauen/Mütter gebrochen und vernichtet. Letzter Höhepunkt war die Vernichtung der weisen Frauen während der Inquisition.
Mit den Erkenntnissen der Metallurgie setzte der Wille zur Macht mit aller denkbaren Grausamkeit ein. Nun hatte Mann Waffen zur Verfügung, die andere z.B die Bauernkulturen nicht hatten. Der Krieg begann und damit die Sklaverei, aus der ungeheures Kapital geschlagen wurde. Über das "Schwarze Elfenbein" bis zur heutigen "Weißen Sklaverei" der Zwangsprostitution.
Die ersten Silbermünzen wurden in Sumer geprägt und das war der Beginn der Megamaschine der Kapitalakkumulation.
Die Megamaschine zeigt nach 5000 Jahren heftige Risse und die Brocken fliegen uns schon um die Ohren.
Bald ist der ganze Planet, unsere Mutter Erde, restlos ausgebeutet. Eine Krise jagt die nächste.

Das Buch von Fabian Scheidler: "Das Ende der Megamaschine", Geschichte einer scheiternden Zivilisation", beschreibt die immer mit Gewalt, Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung verbundene Geschichte der 5000 jährigen Herrschaft der Väter und zeigt, wie Maria Mies auch Auswege aus dem uns bevorstehenden globalen Crash.

Auch das Buch von Bernd Hercksen: "Vom Urpatriarchat zum globalen Crash", beschreibt das Thema umfassend. Er beginnt früher in der Zeit der Menschheitsentwicklung und verweist im letzten Kapitel ebenfalls auf Auswege, bevor der Karren völlig vor die Wand gefahren wird.

Seit Febr. 2013 versuche ich das Thema von Maries Mies und vielen anderen Autor/innen unter das Forenvolk zu bringen.
Die dabei gemachten Erfahrungen sind interessant.
Überwiegend besteht Ablehnung dem Thema gegenüber. "Göttinnen" sind das reine "bäh"-Thema.
Von männlicher Seite besteht große Angst und Ablehnung sich auf dieses Thema einzulassen.
Auch die Unwissenheit ist erstaunlich groß.
 

Frey

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Man kann dem Kapitalismus ja viel nachsagen, aber Frauenemanzipation ist erst unter ihm, besagtem Kapitalismus, möglich geworden (vielleicht wäre das ja ein Grund, ihn abzuschaffen, :giggle:). Insofern sollten gerade Feministinnen ein Loblied auf ihn anstimmen. :))

Die Frauenemanzipation ist erst voll wirksam geworden, als es den Frauen endlich gelang, Wissen und Bildung für sich zu erkämpfen. Das wurde den Frauen nicht geschenkt.
Noch 1900 durfte der deutsche Neurologe und Psychater Paul Julius Möbius ungehindert sein Werk: "Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes" verbreiten.

In nur hundert Jahren haben die Frauen eine grandiose Leistung vollbracht.
Es gibt noch viel zu tun.
 

Stefan O. W. Weiß

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Die Frauenemanzipation ist erst voll wirksam geworden, als es den Frauen endlich gelang, Wissen und Bildung für sich zu erkämpfen. Das wurde den Frauen nicht geschenkt.
Noch 1900 durfte der deutsche Neurologe und Psychater Paul Julius Möbius ungehindert sein Werk: "Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes" verbreiten.

In nur hundert Jahren haben die Frauen eine grandiose Leistung vollbracht.
Es gibt noch viel zu tun.
Wissen und Bildung werden niemanden geschenkt. Und das ist auch gut so. Nur was man teuer bezahlt, hält man in Ehren.
Was das Buch von Herrn Möbius betrifft, so scheint mir dies momentan erstaunlich aktuell. Wenn ich da an gewissen Politikerinnen denke. :giggle:
 
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Herzlichen Dank, lieber Frey, für diese fundierte Meinung. Ernsthaftes trifft man nicht sehr oft an. Kürzlich fragte ein User in einem anderen Forum, ob auf Grund der Rezension nun schon wieder der 08. März heran sei...? Gruß von henro36 (Ich antwortete nur kurz: Der 8.03. sei täglich!!)
 

zwei2Raben

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Was tun? Mensch sein!! henro76

Rhetorisch ist das eine schöne Antwort. Aber sie ist leider komplett inhaltleer. Sie zielt darauf ab, dass ich den Unterschied nicht mache. Tatsächlich mache ich ihn sonst nicht, sondern habe ihn nur wegen dem Unterschied des Buches bemacht. Ich lehne Patriarchismus schon immer ab. Aber die Feministen brauchen den Unterschied, darum machen sie ihn ständig.
Das funktioniert mit jeder Polarisierung, wie Du schön in diesem Forum sehen kannst. Stelle eine radikale polarisierende Frase ins Forum und Du wirst eine Gegenthese finden.
Ich behaupte: " Nur Kiefern sind Bäume, bei allen anderen hat Gott nur geübt." Dann wird jemand fast zustimmen... ABER die Libanonzeder, die zumindest ist auch ein Baum...
 
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Rhetorisch ist das eine schöne Antwort. Aber sie ist leider komplett inhaltleer. Sie zielt darauf ab, dass ich den Unterschied nicht mache. Tatsächlich mache ich ihn sonst nicht, sondern habe ihn nur wegen dem Unterschied des Buches bemacht. Ich lehne Patriarchismus schon immer ab. Aber die Feministen brauchen den Unterschied, darum machen sie ihn ständig.
Das funktioniert mit jeder Polarisierung, wie Du schön in diesem Forum sehen kannst. Stelle eine radikale polarisierende Frase ins Forum und Du wirst eine Gegenthese finden.
Ich behaupte: " Nur Kiefern sind Bäume, bei allen anderen hat Gott nur geübt." Dann wird jemand fast zustimmen... ABER die Libanonzeder, die zumindest ist auch ein Baum...

Frauen vorbehaltslos als gleichwürdig anzuerkennen, heißt aber doch gerade NICHT, Unterschiede auszublenden, sondern sie wertfrei anzuerkennen und je nach Aufgaben zu nutzen. Es wird Dingen geben, die A besser kann als B, genauso wie es Dinge gibt, die eine Frau besser kann als ein Mann und umgekehrt.

Erst wenn man versucht, Menschen zu einheitlich definieren und Abweichungen zu bewerten wird eine Gesellschaft ungerecht.
 
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Hallo Diogena, eine wunderbare Antwort von Dir, so denke ich auch. Sonst hätte ich es nicht geschafft, seit über 55 Jahren sehr glücklich verheiratet zu sein. Gruß von henro76
 

zwei2Raben

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Frauen vorbehaltslos als gleichwürdig anzuerkennen, heißt aber doch gerade NICHT, Unterschiede auszublenden, sondern sie wertfrei anzuerkennen und je nach Aufgaben zu nutzen. Es wird Dingen geben, die A besser kann als B, genauso wie es Dinge gibt, die eine Frau besser kann als ein Mann und umgekehrt.

Erst wenn man versucht, Menschen zu einheitlich definieren und Abweichungen zu bewerten wird eine Gesellschaft ungerecht.

Dieser Meinung bin ich schon immer.
Diese sofort bewertende Unterscheidung kommt aus dem Kapitalismus und aus dem Sozialdarwinismus (diese beiden Ideologien führen ja ohnehin Dauerehe). Ich habe nur nicht verstanden, was daran spezifisch männlich sein soll. Es sind einfach Systeme der Ausblendung von Tatsachen.
Da wird die Unterdrückung den Männern zugeschrieben (obwohl ich genügend Ausnahmen kenne). Es wird aber dabei die Tatsache übersehen, dass Lüge und Manipulation elementare Bestandteile beider Ideologien sind und diese traditionell den Frauen zugeschrieben werden (und ich auch dafür genug Ausnahmen kenne). Am Ende lässt sich darauf kein sinnvolles Vertrauensintervall errechnen.
Darum sollten wir den Kapitalismus und den Sozialdarwinismus bekämpfen und ethische Grundlagen bilden.
 
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Darum sollten wir den Kapitalismus und den Sozialdarwinismus bekämpfen und ethische Grundlagen bilden.

Die gibts ja. Aber bis auf Kant auf religöser Basis. Vielleicht ist das eines der Probleme. Weil natürlich durch den absoluten Deutungsanspruch, den jede Religion für sich behauptet, ewige Auseinandersetzungen ums Rechthaben vorprogrammiert sind. Und dann sind die für uns wichtigen Religionen alle patriarchalisch, immer noch und das wird so bleiben, da sie den absoluten Anspruch des "ich habe aber recht" vertreten.

Und dann leben wir in unsicheren Zeiten, die bei vielen Menschen das Bedürfnis nach einfachen Erklärungen wecken. Die Religionen bieten das, im Extrem sind wir dann beim IS.

Ich glaube, das sind schlechte Zeiten, mehr Offenheit durchsetzen zu wollen. Irgendwie machen wir doch grade eher eine Rolle rückwärts ....?
 

zwei2Raben

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Den IS würde ich mal rauslassen, weil er Religion zur Landesverteidigung einsetzt. Dabei wird sie verzerrt.

Gerade in der Grundethik sind sich alle Religionen einig. Du kannst in der Bibel, im Koran, im Totenbuch, in der Edda, in der Gita und in der Überlieferung der Joruba und der Cejennen überall die gleichen Anklagen gegen Gewalt, Stolz, Neid, Gier, Ungerechtigkeit, Lüge, Dummschwätzen lesen, das macht fast keinen Unterschied.
 
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Den IS würde ich mal rauslassen, weil er Religion zur Landesverteidigung einsetzt. Dabei wird sie verzerrt.

Gerade in der Grundethik sind sich alle Religionen einig. Du kannst in der Bibel, im Koran, im Totenbuch, in der Edda, in der Gita und in der Überlieferung der Joruba und der Cejennen überall die gleichen Anklagen gegen Gewalt, Stolz, Neid, Gier, Ungerechtigkeit, Lüge, Dummschwätzen lesen, das macht fast keinen Unterschied.

Ja, klar. Weil eine Gesellschaft die ohne solche Werte daherkommt, nicht lange überleben wird. Auch wenn es kurzfristige Erfolge geben mag.

Aber die Religionen haben (jede für sich) eben auch die Deutungshoheit und sie betonen die Unterschiede, nicht das Verbindende. Und sie werten (ab). Frauen, z.B.. De Hälfte einer Bevölkerung sind aber nunmal Frauen.

Das steht einer Allgemeingültigkeit dieser Werte meines Erachtens entgegen. Es lässt sich keine Konsens finden, welche Werte genommen werden sollen (christliche, andere, welche etc...), weil nicht gesehen wird/werden kann, dass es unterm die Strich die gleichen sind.
 

zwei2Raben

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ich denke, dass das Problem der Werte ist, dass sie mißachtet werden, nicht, dass es sie nicht gibt.

Die Tatsache, dass Ethik nicht unterrichtet wird und in Politik, Wirtschaft und Justiz keine Rolle spielt, erklärt für mich notwendig und hinreichend alle Dummheiten und Ungerechigkeiten. Ich benötige dazu keine religiösen Konstrukte (und auch keine Göttinnen).
 
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Ethik kann man nicht unterrichten, ebenso wenig wie Mitgefühl, das die Basis aller Ethik ist. Ohne echtes Mizgefühl kannst Du ein paar (wenige oder viele) Regeln aufstellen, Sanktionen benennen für den Fall der Missachtung, aber aus sich heraus ethisch handelnde Menschen bekommst Du so nicht.

Wir bräuchten meines Erachtens eine auf Würde, Resepekt und tiefe Menschlichkeit gegründete Erziehung mit Zeit für die Kinder, um daran wirksam was zu ändern. Solange wir unsere Kinder outsourcen, Richtung Konsum und (extreme) Leistungorientierung und mit (Ab-)Wertungen von Anfang an erziehen, wird es aus einer menschlich handelnden Mehrheit in unserer Gesellschaft eher nichts werden. Denn die mit Sanktionen (oder Belohnungen) auf Wohlverhalten hin dressierten Menschen lassen die Dressur fallen, sobald das Stöckchen (oder das Bonbon) außer Sicht ist.
 

zwei2Raben

sitzen auf wtc7
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Ethik kann man nicht unterrichten, ebenso wenig wie Mitgefühl, das die Basis aller Ethik ist. Ohne echtes Mizgefühl kannst Du ein paar (wenige oder viele) Regeln aufstellen, Sanktionen benennen für den Fall der Missachtung, aber aus sich heraus ethisch handelnde Menschen bekommst Du so nicht.

Selbstverständlich lässt sich Ethik und Mitgefühl unterrichten: " Du hast jetzt schon zwei Stunden das Schäufelchen, jetzt möchte Achmed auch mal damit spielen, am besten ihr tauscht..." Das ist nun wirklich nicht schwer. ich kann ja auch Funktionen und Gefühl für den Umgang mit Funktionen unterrichten. Dabei unterrichte ich Funktionen, Kultur und Allgemeinbildung und schon sind die Schüler in der Lage das Thema Funktionen auf die Dinge des täglichen Lebens anzuwenden. Ethik beruht auf Tatsachen, Kultur und Gefühl, genau wie die Funktionsmathematik auch. Eine der Grundtatsachen ist, dass alle Menschen gleichwertig sind und gleiche Chancen haben sollten, denn ihr Genom hat sich in den letzen 100000 Jahren als sinnvoll herausgestellt. Mit einen schweren Genedefekt ist ein Mensch ohnehin stark benachteiligt, man muss diesen Unterschied also nicht extra betonen sondern moderat ausgleichen. Das alles kann man sehr gut begründen. Daraus ergeben sich flache Hirarchien. Damit lassen sich möglicherweise Einkommensunterschiede um den Faktor 2 oder 3 rechtfertigen.
Kapitalismus und Sozialdarwinismus verdrehen die Tatsachen, zerstören Kultur und stumpfen ab. So gehen die grundlegenden Lehrinhalte und das grundlegende Weltverständnis perdü.

...mit Sanktionen (oder Belohnungen) auf Wohlverhalten hin dressierten Menschen lassen die Dressur fallen, sobald das Stöckchen (oder das Bonbon) außer Sicht ist
Die einzige Alternative zur Dressur ist Ethik, also eine auf Verständnis basierende Gerechtigkeit.
 
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Ich denke nicht, dass man echtes Mitgefühl unterrichten kann. Den Anschein von Mitgefühl, ja, den kann man unterrichten oder auch erwerben, selbst wenn man bar jeden Mitgefühls ist. Sehr einprägsames Beispiel sind hier die Deutschen, die sehr zart und vorsichtig, ja liebevoll mit den Frauen und Kindern umgingen, die sie in die Kirche brachten um sie anschließend gnadenlos anzuzünden. Übrigens nachdem man sie vorher gezwungen hatte, zuzusehen, wie ihre Männer und älteren Söhne erschossen worden sind.

Überlebende konnten diesen Widerspruch zwischen Anschein und Tun ihr Leben lang nicht auflösen. Ich folge hier Arno Gruen und seiner Argumentation, dass bei diesen Soldaten jegliche Fähigkeit zu echtem Mitgefühl ausgelöscht war, sie aber durchaus noch in er Lage waren, so zu tun als ob, also den Anschein zu wahren.
 

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