Jeweils im Frühjahr kommt deren Nachwuchs auf dem geschlossenen Meereis rings um den Nordpol zur Welt – diese Jungrobben sind der wichtigste Nahrungslieferant für Eisbären.
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Im Zuge der Erderwärmung ist bereits ein drastischer Rückgang des arktischen Meereises zu beobachten. Und der Trend dürfte weiter anhalten. Wenn es aber weniger Meereis gibt und dieses immer früher aufbricht, verkürzt sich die Jagdzeit der Eisbären. Die Folgen sind in relativ weit südlich gelegenen Lebensräumen, wo der Klimawandel früher zu bemerken ist als weiter nördlich, schon heute zu beobachten: Zum Beispiel in der Westlichen Hudson Bay in Kanada beobachten Forscher bereits seit längerem einen Rückgang des Körpergewichts von trächtigen Bärinnen und eine höhere Sterblichkeit der Jungtiere (Regehr et al. 2007).
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Die Behauptung, trotz des Klimawandels habe sich ihre Zahl in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht, ist aber sicherlich falsch. Sie basiert auf einer Schätzung, in den 1950/1960er Jahren habe es weltweit lediglich 5.000 Tiere gegeben – diese Zahl aber war schon damals in der Fachwelt umstritten und wurde rückblickend als zu niedrig revidiert. Hingegen dürfte es den Tatsachen entsprechen, dass durch die Einschränkung der Jagd in den 1960/1970er Jahren die Zahl der Eisbären zunahm. Doch dieser Aufwärtstrend stoppte spätestens ab Ende 1990er Jahre, seit sich in der Arktis die Erderwärmung bemerkbar macht und die Lebensräume des Eisbären zunehmend bedroht sind.
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Die Wissenschaft unterscheidet 19 separate Vorkommen (fachsprachlich: "Teilpopulationen"), die sich auf die Regionen rings um die Arktis – also die Nordküsten von Russland, Norwegen, Grönland, Kanada und Alaska – verteilen. Ihre Größe reicht von nur rund 150 Tieren im Kane Basin zwischen Grönland und der Ellesmere-Insel im kanadischen Territorium Nunavut bis zu etwa 2500 Tieren in der Barentsee nördlich von Norwegen und Russland. Die "Polar Bear Specialist Group" (PBSG) der Weltnaturschutzunion (IUCN) schätzt in regelmäßigen Abständen die Größe und Entwicklung der Teilpopulationen: Mit Stand 2014 konstatierte sie für drei dieser Populationen einen Rückgang, sechs stufte sie als stabil ein, lediglich eine (noch dazu zahlenmäßig kleine) nahm in ihrem Bestand zu. Für neun Unterpopulationen lagen nicht genügend Daten vor, um verlässliche Aussagen machen zu können (siehe Abbildung 1).
Die Biologen Ian Stirling und Andrew Derocher von der University of Alberta in Kanada kamen in einer vielbeachteten Studie (Stirling/Derocher 2012) zu dem Schluss:
„Wenn das Klima sich wie prognostiziert erwärmt und das Meereis schwindet, werden Eisbären bis zur Mitte des Jahrhunderts aus den südlichen Teilen ihres Lebensraumes weitgehend verschwinden. Mag sein, dass sie im hohen Norden auf den kanadischen Arktis-Inseln und im nördlichen Grönland für die absehbare Zukunft überleben; aber langfristig ist ihr Bestand – mit einer stark reduzierten Weltpopulation in einem Rest ihres einstigen Siedlungsgebiets – unsicher.“