Keine Belege? Das ist so nicht richtig. Richtig hingegen ist, dass die meisten Unterlagen zu diesem Thema nach wie vor unter Verschluss stehen. Nur weniges ist zugänglich. Der Sieger eines Krieges kann es sich eben erlauben, seine Archive dem Verlierer vorzuenthalten, dennoch gibt es starke Hinweise darauf, dass Stalin wirklich alles, aber auch alles an Geld in die Rüstung steckte, um seine Armee kriegstauglich zu machen. Wobei kriegstauglich diesen Umstand noch viel zu harmlos beschreibt. Er hatte eine Armee aufgebaut, die in der Lage war Europa von Osten her zu überrollen. Die Rote Armee war derart stark, dass sie beginnend von 1945 an ganz Osteuropa geißeln konnte.
Trotz des Paktes mit Deutschland veränderte die Sowjetunion die Haltung gegenüber Deutschland auf taktischer Ebene durch einen Konfrontationskurs, der jedoch kein Kriegsrisiko einschloss. Konkret: Die Sowjetunion nimmt erstmals zu Jugoslawien diplomatische Beziehungen auf, schließt im April 1941 einen Freundschaftspakt mit Jugoslawien, stachelt die Bulgaren auf, die 1913 verlorene Dobrudscha von Rumänien sowie das an Griechenland verlorene Ost-Thrazien zurückzufordern und setzt die Türkei sowie Rumänien unter Druck. Der ganze Balkan gerät in Unruhe - und niemand weiß, wohin die Entwicklung führen wird, zumal Hitler, besorgt um das rumänische Öl (siehe meinen vorherigen Post: Gespräch mit Mannerheim), Stalin entgegentritt und auch England kräftig mitmischt. Bereits 1939 war die dreijährige Wehrpflicht eingeführt und die Rüstung durch Arbeitspflicht, Drei-Schichtenbetrieb und Siebentagewoche noch weiter hochgetrieben worden. Nun werden die Streitkräfte durch eine Teilmobilmachung - Einberufung von 800.000 Reservisten (rund ein Viertel dessen, womit Hitler in die Sowjetunion 1941 eingerückt ist!!!) - weiter verstärkt.
Stalin sichert das Operationsgebiet, indem er die gesamte Führungsschicht der Esten, Letten, Litauer und Ostpolen deportiert oder gleich ermorden lässt. In den vier westlichen Militärbezirken versammelt Stalin insgesamt 170, nach anderen Darstellungen 191 Divisionen. Zum Vergleich: Deutschland hat mit etwas über 150 Divisionen Russland angegriffen. Hinter den genannten wenigstens 170 Divisionen marschiert im Juni eine zweite strategische Staffel von 50 - nach anderen Darstellungen - 66 Divisionen auf, die aus dem Transbaikal und aus dem Kaukasus herangeführt werden. Hinter der zweiten strategischen Staffel werden vier Reservearmeen aufgestellt, mithin spricht sogar Gorodetsky von insgesamt 240 Divisionen, die die Westfront Russlands "absichern" sollten.Wer das alles als Verteidigungsvorbereitungen deutet, muss übersehen, dass der Aufmarsch der russischen ersten Staffel früher durchgeführt wurde und bis in den März 1941 erdrückend mehr Kräfte umfasste als der Aufmarsch für "Barbarossa".
Während des Frankreichfeldzugs stehen im Osten vier oder sechs zweitklassige, erst 1939 mobilgemachte Divisionen 100 russischen Divisionen gegenüber. Im Juli 1940 wird die 18. Armee - 26 Divisionen - in den Osten verlegt. Im Oktober 1940 folgt die 12.Armee. Sie wird zusammen mit der 18. Armee der Heeresgruppe B unterstellt, die nun über 33 Divisionen verfügt. Im März 1941 stehen dann 47 Divisionen im Osten des Reiches - und erst dann beginnt der Truppenaufmarsch für Barbarossa. Erst im Juni wird das deutsche Ostheer mit der Zuführung von 12 Panzer- und 12 Motorisierten Infanteriedivisionen angriffsfähig. Der deutsche Aufmarsch war bis in den März/April 1941 Reaktion, nicht Aktion!
Die Deutung des russischen Aufmarsches als Offensivaufmarsch wird durch Weiteres bekräftigt: Viele der Truppen mussten in die Wälder gelegt werden. Dort aber konnte man sie nicht unbeschränkt liegen lassen, ohne einen scharfen Abfall der Kampffähigkeit und Ausbildung zu riskieren. Ein bezeichnendes Detail: Die Dnjepr-Flottille (1 Abteilung Schnellboote, 1 Gruppe Kanonenboote, 1 Abt. Panzerkutter, 1Abt. Monitore, 1 Abt. Minensucher, zudem Minenleger und Wachschiffe, Kommandeur in Admiral) wurde durch schmale Kanäle in die ostpolnischen Pripjet-Sümpfe verlegt. Für eine Verteidigung war sie dort sinnlos. Aber sie hätte durch weitere Kanäle zur Weichsel, Oder und Ostsee fahren können - wie 1945 geschehen. Die stärksten Massierungen und die meisten Panzerverbände finden sich ausgerechnet in den weit in deutsches Gebiet vorspringenden Balkonen von Lemberg und Bialystok. Sie liegen dort für eine Verteidigung falsch, für eine Offensive günstig. Nachweislich liegen viele der Depots für Ersatzteile, Munition und Betriebsstoff näher an der Grenze als die Truppenteile, die sich hieraus versorgen sollen. Allein in der Grenzstadt Brest-Litowsk lagern 10 Millionen Liter Betriebsstoff. Sogar Flugplätze liegen 25 oder nur 15 Kilometer von der Grenze entfernt.
Sowjetische Offiziere berichten in ihren Kriegserinnerungen, wie sie in der Stunde des deutschen Angriffs die versiegelten Umschläge mit den Kriegsbefehlen öffnen, aber keine Verteidigungsbefehle finden. Das wird durch die Ereignisse bestätigt. Es gab Feldbefestigungen, sogar Bunker, vor allem unmittelbar an der Grenze. Aber es gab keine tiefgestaffelten Feldbefestigungen, kaum Minensperren, keine Baumsperren und viele Brücken waren nicht zur Sprengung vorbereitet. Nur so ist erklärlich, dass die angreifenden deutschen Divisionen innerhalb von zwei Tagen bis zu 150 Kilometer weit vordringen konnten (3.Panzerdivision). Dabei ist sicher: Hätten die russischen Divisionen, die seit vielen Monaten aufmarschiert waren, eine Verteidigung so vorbereitet wie die Rote Armee 1943 bei Kursk, so wäre der deutsche Angriff vielleicht sogar gescheitert.
Wie eilig Stalin es hatte, lässt sich wiederum aus seinen Maßnahmen ablesen. Im Frühjahr 1941 lässt er aus seinen Konzentrationslagern Hunderte, wenn nicht tausende von Generälen und jüngeren Offizieren (insgesamt 4000) herausholen. Sie werden sofort wieder in ihre alten Funktionen gebracht. Stalin opferte also trotz der damit verbundenen Risiken seinen militärischen Plänen den innenpolitischen Terror.
Zur Frage des von Stalin geplanten Angriffstermins gibt es viele Indizien, doch fast alle werfen Probleme auf. Zwei typische Beispiele: Der spätere Marschall Bagramian berichtet in seinen Memoiren, dass die Divisionen der 2.Staffel des Westlichen Besonderen und des Kiewer Militärbezirkes Mitte Juni (also etwa eine Woche vor dem deutschen Angriff) Befehl erhielten, in grenznahe Räume aufzuschließen. Man kann das als Zeichen dafür deuten, dass Stalins Überfall unmittelbar bevorstand. Man kann aber ebenso argumentieren, Stalin habe die Strategischen herangeführt, um die Verteidigung zu stärken. (Aber warum dann an die Grenze?)
Weiterhin: Gern wird darauf verwiesen, dass Russland noch in der Nacht vor Kriegsbeginn vertragstreu an Deutschland lieferte. Man kann das als Zeichen für Stalins fast verzweifelt-blinden Friedenswillen werten. Doch ebenso ist möglich, dass Stalin Hitler täuschen wollte; nur ein Dummkopf würde durch Vertragsbruch vor seinem Angriff warnen. Beide Fälle wären nur zu entscheiden, wenn unverdächtigte Quellen zur Verfügung stünden. Ähnliches gilt für viele andere Indizien aus den letzten Friedenswochen. Allgemein wird man sagen dürfen: Beide Seiten, also auch Stalin, müssen etwa ab April, spätestens ab Mai den Aufmarsch des Gegners erkannt haben. Alle seitdem von ihnen getroffenen Maßnahmen lasen sich, nach Präferenz des Betrachters, als Angriffs- und als Verteidigungsmaßnahmen deuten. Die eignen sich demnach kaum zur Stützung oder zur Widerlegung irgendwelcher Thesen.
Zusammenfassend ist zu sagen:
1.) Stalin hatte in einem verarmten Land eine riesige Militärmacht aufgebaut.
2.) Stalins Armee war so konstuiert, dass sie weiträumige Operationen bis ins Herz Europas führen konnte.
3.) Diese Armee war schon 1940 und noch mehr 1941 mit Kräften aufmarschiert, die den Deutschen weit überlegen waren.
4.) Es war ein Offensivaufmarsch!
5.) Der Aufmarsch war weitgehend abgeschlossen; Stalin konnte in wenigen Tagen, vielleicht Wochen angreifen, falls er es wollte.
Im Anhang befindet sich zudem eine interessante PDF zu diesem Thema. Lesen lohnt sich:
http://www.file-upload.net/download-8421032/stalins-geplanter-angriff-auf-europa.pdf.html
Und trotzdem hat er niemals die Absicht gehabt, die sowjetische Besatzungszone aufzugeben. Deutschland sollte mit seiner Zweiteilung tatsächlich zu einem Puffer werden, zu einem Puffer zweier gegensätzlicher Systeme, das bei einem Krieg zum Schlachtfeld geworden wäre. Ich kann - beim besten Willen - keine Guten Absichten Stalins hinsichtlich Deutschlands erkennen. Die Installierung der DDR als Satellitenstaat der UdSSR war sicherlich kein Akt der Freundschaft gegenüber dem deutschen Volk. Nur verblendetes linkes Gesocks kann sowas noch behaupten...
Wow! Was für eine Erkenntnis!? Natürlich hat Stalin kein Interesse daran gehabt, gegen die westlichen Alliierten Krieg zu führen, er war schließlich mit ihnen verbündet. Und er war schon viel früher mit ihnen verbündet, machte es bloß nicht offiziell. Der Hitler-Stalin-Pakt war ein wertloses Stück Papier, das völlig überbewertet wird. Das war ein Vertrag, der mehr oder weniger dazu da war, um Polen unter sich aufzuteilen. Stalin hat mit dem Einmarsch in Ostpolen 1939 schon deutlich gemacht, dass er die Sowjetunion gen Westen ausdehnen will. Hitler musste Krieg führen gegen die frechen Polen, aber er konnte die Sowjets nicht vor den Kopf stoßen, indem er ein Gebiet eroberte, das sie selbst beanspruchten und indem er ihnen einen Teil der Beute verwehrte. Stalin hatte seine Ansprüche, Hitler wollte Stalin nicht verärgern, weil er wusste, dass es bald zum Krieg mit dem Westen kommen würde und so konnte er sich keinen feindlich gesinnten östlichen Nachbarn erlauben.
Außerdem sah Hitler darin eine Chance, Polen noch schneller zu Fall zu bringen. Übrigens sieht man auch hier wieder, dass Hitler nicht auf Teufel-komm-raus "Lebensraum im Osten" gewinnen wollte, er gab schließlich das östliche Polen an Stalin ab. Selbstverständlich nicht nur aus Wohlwollen, sondern aus strategischer Überlegung heraus, denn somit rückte nicht Hitler allein in Polen ein. Trotz der Tatsache, dass die Russen ebenfalls einen sogenannten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Polen führten, erklärten Großbritannien und Frankreich nur dem Deutschen Reich den Krieg. Hätten sie Rückrat gehabt, hätte die Garantie an Polen nicht nur einem Angriff von Deutschland gegolten, sondern allen anderen Staaten auch und konsequenterweise hätte auch die Kriegserklärung an die Sowjetunion folgen müssen. Hier sieht man, dass die Fronten schon vor 39 feststanden. Deutschland sollte wieder mal in die Zange genommen werden, um es zu Fall zu bringen, weil nur ein Zweifrontenkrieg Erfolg versprechen würde.