Nach der Wahl- eine morgendliche Andacht.
Nach der Wahl- eine morgendliche Andacht.
Die Gewinnerin.
Merkel vermittelt ein Gefühl, das viele Deutsche ansteckt: Uns geht es gut. Einfach nur weiter fleißig sein, dann geht´s uns immer besser. Eurokrise ist für sie kein Thema, auch nicht die Prekarisierung der Arbeit.
Die Union könnte mit fast allen koalieren. Sie ist wie die Bibel. Jeder nehme sich raus, was ihm passt.
Wie gut gehts uns denn? Der britische "Economist" ist nicht allein mit der Meinung, alle europäischen Regierungen steckten in der Krise.Deutschland steht für Stabilität?
Merkel wir als stabil gesehen. Hinter ihr verschwindet die CDU in der Wahrnehmung der Bürger.
Wie gut geht´s uns?
Die Bundesagentur für Arbeit ließ ermitteln, dass 6 Mio Menschen Hartz- Leistungen beziehen. Berechtigt wären 10 Mio. Ganze 4 Mio schämen sich und beantrgane erst gar nicht.
10 Mio potentiell Arme. Dazu wurde das Rentensystem teilweise privatisiert. Also: mehr Altersarmut. Und es steht die Erhöhung des Rentenalters an. Was einer Rentenkürzung leichkommt.
Viele schaffen es einfach nicht, länger zu arbeiten. Die Arbeitsdichte nimmt zu, was sich auch darin zeigt, dass Depressions- Erkrankungen auf dem Vormarsch sind.
Prekär sind auch die Arbeitsverhältnisse. Der Niedriglohnsektor ist unverändert gross: Mehr als sieben Millionen Beschäftigte verdienen brutto weniger als 8,50 Euro die Stunde; nur Lettland, Litauen, Rumänien und Polen haben in der EU einen höheren Anteil an Geringverdienenden. Und die Lobhudeleien der Regierung über die Zuwächse auf dem Arbeitsmarkt sind mit Vorsicht zu geniessen: Die StatistikerInnen werten bereits Arbeitsplätze mit lediglich 21 Stunden pro Woche als Vollzeitstellen. Zu den materiellen Folgen kommen kulturelle: Arbeit, die für viele Menschen identitätsstiftend ist, wird entwertet.
Wie sieht´s mit den "vielen" Vollzeit- Arbeitsstellen aus? Mehr als 7 Mio erhalten weniger als 8,50 Euro pro Stunde- brutto. Nur vier EU- Länder haben mehr Billiglöhner, darunter Polen und Rumänien.
Als Vollzeit- Stelle wird bei uns bereits eine 21- Stunden- Woche gewertet. Wie ist das mit Arbeits- Inhalten? Wie kreativ dürfen "Arbeitnehmer" sein? Dürfen sie mitbestimmen, was und wie produziert wird?
Wollen Rüstungs- Arbeit unbedingt Waffen bauen? Interessiert es die Chip- Industriearbeiter, ob ihr Chip etwa in ein Waffensystem gesteckt wird? Wieso werden weiterhin massenhaft Waren produziert, deren
"Bedarf" durch Werbe- Konzerne erst geweckt werden muss? Zunehmende Rationalisierung bedingt weniger Arbeitsplätze. Wir könnten uns eigentlich darüber freuen. Doch dann müssten wir über eine wirkliche Grundsicherung nachdenken für all jene, die schlicht nicht mehr für Erwerbsarbeit gebraucht werden. Die ihren Sinn eher in ehrenamtlichen Tätigkeiten entdecken könnten. Oder bei der Betreuung von Kindern, Kranken und Alten. Aber nein- das wäre ja ein "Schritt Richtung Sozialismus", oder?
Wen kümmert´s?
Wie interessiert sind die Deutschen überhaupt an dem, was politisch bei uns geschieht?
Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach zur Wahl 2013: «Nur 39 Prozent haben sich in letzter Zeit öfter mit anderen über Politik im Allgemeinen unterhalten, ganze 29 Prozent über die bevorstehende Bundestagswahl. Ein so niedriger Wert wurde kurz vor einer Bundestagswahl noch nie gemessen.»
Bei vielen, die unentwegt in politischen Internet- Foren schreiben, fragt man sich: Wieso machen die das? Können sie sich etwa mit ihren Freunden nicht über Politik unterhalten?
Meist ist es so- oder?
Wie souverän ist denn der "Souverän", das Volk? Was heißt es, souverän zu sein? Es heißt, dass ich den Überblick über eine Sache habe und daher selbst bestimmen kann, was ich tue.
Wenn ich mich kaum mit der Sache beschäftigt habe- etwa, weil Arbeit und Alltag mir dazu wenig Kraft und Zeit lassen- wie kann ich dann souverän entscheiden?
Wie souverän ist ein Zeitungsleser, der noch nicht einmal weiß, wem die Zeitung gehört und wessen Interessen sie vertritt. Die ihrer großen Anzeigenkunden? Meine?
Was ich beobachte, ist Angst. Unsicherheit. Merkel und ihre Partei schaffen es tatsächlich, bei Vielen ein Gefühl der Sicherheit zu erzeugen. Mutti wirds schon aussitzen.
Seltsam schizophren erscheint dabei, dass Merkel bei den meisten beliebt ist, die Regierung der letzten Jahre jedoch bei den meisten Unzufriedenheit hervorruft. Sind das dieselben "meisten"?
Wahrscheinlich. Also bringen die meisten Merkel gar nicht mit der Regierung in Verbindung. Und diese Menschen wollen entscheiden können, souverän sein?
Die dürfen auch mein Leben beeinflussen? Ja- denn das nennen wir "Demokratie". Die Herrschaft der Mehrheit über viele kleine Minderheiten.
Egal, ob die Mehrheit überhaupt entscheidungsfähig ist. Sie hat "Recht". Auch, wenn es ungerecht ist.
Was ist mit der Linken?
Was die FDP im Wahlkampf propagierte, ist für die Linken Wahrheit geworden: "Nur mit uns". Ohne die Linken geht nichts mehr.
SPD und Grüne stimmten Merkels Spar- Wahnpolitik immer zu. was ist von diesen Parteien zu erwarten?
Ein Regierungswechsel wird nur mit der Linken zu machen sein. Dagegen sträuben sich jedoch die Großen Parteien, auch die Grünen. Die Angst vor dem "Kommunismus", dem alten Gespenst.
Dabei ist die Linke in sich so zerstritten, dass mit einem klaren Votum für Kommunismus gar nicht zurechnen ist. Eher ist anzunehmen, dass bei weiterer Erstarkung dieser Partei die Linke zu dem wird, was die Grünen längst sind: aus ehemals Linken wurde eine konservativ- bürgerliche Kraft, die sogar Kriegen zustimmt. Schließlich gibt es ja "gerechte Kriege".
Erhard Eppler, alter Sozialdemokrat, sagte kürzlich: «Dies ist die schlechteste Regierung, die Deutschland seit 1945 hatte». Ein Grund für die SPD, der Regierung Versagen zu bescheinigen? Woher denn?
Dann müsste sie ja auch das eigene versagen zuzugeben. Wie war das mit der Agenda 2010? SPD und Grüne sind dafür verantwortlich. Wenn die Linke das angreift, dann ist sie für SPD und Grüne eben nicht koalitionsfähig.
Wen vertritt nun der Bundestag NICHT?
Rechnet man die abgegebenen Stimmen für die Parteien zusammen, die nicht in den Bundestag kommen, landet man bei etwa 16 %. Bei einer Wahlbeteiligung von aktuell 71,5 % (zweitschlechtestes Ergebnis in der Geschichte der BRD) haben wir gut 28 % Nichtwähler.
Das heißt, 44 % aller Wahlberechtigten werden durch die neue Regierung NICHT vertreten. Es fehlen also nur etwa 7%, um sagen zu können: "Die Mehrheit der Wähler wird nicht von der Regierung repräsentiert. Es gibt keine Demokratie."