Mit welchen Ideen andere Länder ihre Arbeitslosen wieder in Jobs bringen
Seit CDU-Politiker Jens Spahn das Thema Hartz IV auf die Tagesordnung gesetzt hat, diskutiert Deutschland über das System.
Ein Blick ins Ausland zeigt, wie unsere Nachbarländer mit dem Problem der Grundsicherung umgehen. Von den Alternativen kann sich die Bundesregierung anregen lassen.
Hartz IV – auch als Arbeitslosengeld II bezeichnet – garantiert erwerbsfähigen Leistungsberechtigten staatliche Finanzhilfen, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.
Alleinstehende bekommen als Grundhilfe pro Monat 416 Euro. Aktuell beziehen laut Statista in Deutschland 4,261 Millionen Bürger diese Hilfe.
Die Kritik an Hartz IV lautet, dass das System zu kompliziert sei und die Unterstützten mit zu wenig Geld auskommen müssten.
Das Problem, Arbeitslose für eine bestimmte Zeit finanziell zu unterstützen, kennen auch andere Länder. Die Lösungen dort unterscheiden sich von dem Ansatz in Deutschland zum Teil stark, wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet.
Niederlande
Im Juni startet in der viertgrößten niederländischen Stadt Utrecht ein Testprojekt.
Daran nehmen 900 Sozialhilfe-Empfänger teil.
Für die 16 Monate des Projekts erhalten Alleinstehende ab 22 Jahren monatlich 992 Euro – das ist der gleiche Betrag, den sie auch bisher bekommen.
Die Summe kann je nach Familienstand etwas höher ausfallen.
Der niederländische Staat will vier unterschiedliche Ansätze testen, um zu sehen, wie die Hilfe am besten organsiert werden kann.
Zu Beginn des Testlaufs teilen die Behörden die 900 Teilnehmer zufällig einer von vier Gruppen zu.
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Gruppe 1
Hier gelten die Regeln des bedingungslosen Grundeinkommens. Die Teilnehmer können selbst entscheiden, ob sie nach Arbeit suchen. Sie können sich auch ehrenamtlich engagieren. Es steht ihnen sogar frei, einfach nur ihre Freizeit zu genießen.
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Gruppe 2
Hier spielt der Staat eine aktive Rolle. Je nach persönlicher Lage fördern die Behörden Teilnehmer bei Arbeitssuche oder helfen bei familiären Problemen.
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Gruppe 3
Mitglieder dieser Gruppe dürfen bis zu 200 Euro monatlich dazuverdienen, ohne dass sie ihre Unterstützung gefährden.
• Gruppe 4
Die Mitglieder dieser Gruppe müssen sich an die derzeit gültigen Sozialgesetze halten.
Das bedeutet, sie müssen sich weiter bewerben und qualifizieren.
Der Vergleich mit den anderen drei Gruppen soll zeigen, welches Modell die beste Wirkung entfaltet.
Mit dieser Versuchsanordnung will die niederländische Politik herausfinden, wie die Sozialhilfe in Zukunft aussehen muss, um effizient zu sein.
Dabei geht es auch um die Rolle des Staates: Soll er sich heraushalten oder unterstützen?
Finnland
Auch das nordeuropäische Land will mit einem Testlauf herausfinden, wie die Grundsicherung in Zukunft aussehen sollte.
Dafür loste die Sozialversicherungsbehörde Anfang 2017 2000 Personen ohne feste Arbeit aus.
Diese Menschen bekommen seitdem monatlich 560 Euro statt der bisherigen Arbeitslosenhilfe. Das Geld gibt es ohne jegliche Bedingungen.
Hier liegt der Unterschied zur Arbeitslosenhilfe. Jeder darf hinzuverdienen, ist aber keineswegs zur Jobsuche verpflichtet. Das Modell setzt also quasi auf ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Die Behörden erwarten, dass die Modell-Teilnehmer einfacher Teilzeitjobs und Arbeitsplätze mit geringer Bezahlung annehmen können, weil der finnische Staat ihre Basiskosten deckt.
Ende 2018 will die finnische Regierung ein Gutachten zu dem Testlauf veröffentlichen.
Ziel der Reform ist laut dem Bericht, zum „innovativsten und experimentierfreudigsten Land“ der Welt zu werden.
Kanada
Die kanadische Regierung testet gleich in zwei Probeläufen ein bedingungsloses Grundeinkommen.
In der französischsprachigen Provinz Quebec sollen in Zukunft bis zu 84.000 Bürger ein Grundeinkommen beziehen.
Zu den Auserwählten gehören Geringverdiener, Arbeitslose und Menschen mit Behinderung.
In der Provinz Ontario begann ein ähnlicher Versuch bereits im Dezember. Bis zu 4000 Geringverdiener und Sozialhilfe-Empfänger sollen pro Jahr bis zu 17.000 kanadische Dollar (knapp 11.000 Euro) bekommen.
Das ist wesentlich mehr Geld, als die aktuelle Sozial- und Mietbeihilfe derzeit überweist.
Dort gibt es 8652 kanadische Dollar im Jahr.
Zusatzbedingung: Programm-Teilnehmer, die in einem Job Geld hinzuverdienen, müssen für jeden verdienten Dollar 50 Cent Beihilfe zurückgeben.
Die kanadischen Politiker hoffen, dass sich die ausgewählten Bürger weiterbilden und später besser bezahlte Jobs finden.
Niemand ist allerdings zur Aufnahme von Arbeit verpflichtet.
Die Konditionen für das Ontario-Programm scheinen interessanter.
Allerdings finden sich nicht genügend Freiwillige, was an der komplizierten Anmeldung liegen könnte.
Ökonomen empfehlen, dass die Regeln für ein Grundeinkommen sehr einfach sein müssen. Da müsse die Regierung nachbessern.
https://www.focus.de/finanzen/recht...slosen-wieder-in-jobs-bringen_id_8739079.html
Gedankenanstoß von alexander w. Früher hat man einen Beruf erlernt, der zur Berufung werden konnte.
Wie sieht es heute aus. Es werden kaum noch Menschen in Berufen ausgebildet, statt Berufe, gibt es Jobs wo meist nur angelernt wird. Es heißt ja auch oft JobCenter.
Ein Job, der keine Berufung ist und nur schlecht bezahlte Arbeit bedeutet, macht krank.
Woher sollen die Fachkräfte kommen, wenn kaum noch Menschen in Berufen ausgebildet werden? Ei Job ist Fremdbestimmung. Die Arbeitszeiten werden aufgeweicht, oft gelten Haustarife. Dazu viele unbezahlte Überstunden, unbezahlte Praktika, Leiharbeiter. Im Grunde zu einem Sklavenmarkt verkommen ohne Selbstbestimmung, maximale Ausbeutung.
Viele zahlen Jahrelang in die Arbeitslosenversicherung ein und haben ein Anrecht auf Unterstützung, wenn sie ihre Arbeit verlieren. Sozialhilfe ist wieder eine ganz andere Nummer, die haben vorher nie was eingezahlt. Indem man das zusammenwirft, entsteht ja schon mal ein verzerrtes Bild.
Wir müssen aufpassen und nicht in die vorgedachten Erklärungsmodelle versinken, sie weisen in die falsche Richtung. Wir können nicht ständig über uns bestimmen lassen, wir müssen fordern, was uns zusteht und dafür einstehen.