- Registriert
- 21 Jul 2014
- Zuletzt online:
- Beiträge
- 3.545
- Punkte Reaktionen
- 46
- Punkte
- 39.102
- Geschlecht
- --
Keynes hat den kapitalistischen Mechanismus von Wachstum, Marktsättigung, fallendem Kapitalmarktzins, mit der daraus resultierenden Notwendigkeit von Rüstung und Krieg bestätigt.
Man kann das selbstverständlich ignorieren, aber mit Gegenargumentationen tun sich alle schwer.
Mir ist dieser Aspekt eines Zinsgeldsystems so unangenehm, das ich ihn selten thematisiere.
Die Zwangsjacken, welche Zinswirtschaft der Gesellschaft überstreift, sind seit Jahrtausenden unverändert, mit immer denselben Auswirkungen. Warum glaubst Du haben die Römer eine derart „expansive“ Außenpolitik betrieben, und das mit den Mitteln der damaligen Zeit? Zinseszins und Zwangswachstum ist die simple Antwort.
Nach der Geld und Bodenreform braucht „Krieg“ nicht mehr organisiert werden, weil die wirtschaftlichen Interessen einfach nicht mehr vorhanden sind. Niemand wird auf die Idee kommen, sich bewaffnen und schützen zu müssen, oder Ressourcen eines Nachbarlandes zu beanspruchen, weil durch die Freilandreform jedem die Welt offensteht und frei zugänglich ist. Man kann sich ja nur an einem Ort niederlassen, den man sich nach eigenen Bedürfnissen aussuchen kann. Bodenschätze werden weltweit verstaatlicht und von unter Vertrag genommenen Privatunternehmen abgebaut, die keinen Anspruch darauf haben. Bodenschätze sind dann frei verkäuflich, Spekulation und Preistreiberei unmöglich. Materieller Wohlstand und wirtschaftliche Sicherheit wird kommenden Generationen selbstverständlich sein. Jeder kann unabhängig von Hautfarbe oder Religion wohnen wo er möchte.
Unter solchen Umständen gibt es z.B. keine Wirtschaftsflüchtlinge mehr. Jemand der unbedingt in Bayern oder Kenia wohnen möchte, hat dafür 1000 Gründe, die nach den Reformen aber nicht länger aus wirtschaftlichen Defiziten resultieren. Weil es dann überall ausreichend Arbeit und Lohn gibt, um ein in materieller Hinsicht zufriedenes Leben zu führen.
Simple Antworten sind selten richtig. Ich halte den Drang der römischen Herrscher ihre Macht auszubauen für den wahrscheinlicheren Grund. Geld ist Macht und daher ist das zusammenraffen von Geld von jeher eine starke Motivation für jeden Machtaffinen. Wenn es diesen unterstellten Mechanismus des exponentiellen Zinswachstums in der Realtät gäbe bräuchten der Mächtige ja nur zu warten und seine Macht wächst automatisch. Dann hätten sie sich die Kriege und die Gefahr des getötetwerdens sparen können. Offenbar haben auch die antiken Herrscher erkannt das die Nummer so nicht funktioniert.
Zu glauben das diese Motivation einfach entfällt wenn man den Zins abschafft hat einen gewissen naiven Charme, ist aber aus meiner Sicht völlig absurd. Nochmal: Reiche werden nicht durch den Zins reich sondern durch unternehmerische Tätigkeit, Besitz von Bodenschätzen oder einem guten Riecher für lohnende Investments im Finanzmarkt. Warum es nicht mehr lukrativ sein soll auf die Preise von Bodenschätzen zu spekulieren erschließt sich mir übrigens nicht. Fördermenge und Nachfrage sind Parameter die unabhängig davon sind wer die Ressource besitzt. Abgesehen davon das für diesen Fall alle Staaten der Welt gleichzeitig die Freiwirtschaft einführen müssten und die Wahrscheinlichkeit das dieser Fall eintritt dürfte ziemlich exakt 0 sein.
Lese dir nochmal die Sache mit dem blockierenden Geldumlauf (Liquiditäts-präferenz/falle) durch. Dann kann man sich viel Schreibarbeit sparen. Creutz hat eigentlich nur Zahlenmaterial veröffentlicht, das diesen Mechanismus nochmals bestätigt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liquiditätsfalle
Eine Liquiditätsfalle kann es in unserem aktuellen Geldsystem nicht geben denn die Banken schaffen das Geld für die Kredite selbst. Ob Keynes mit seiner Vermutung, die Kapitalbesitzer würde ihr Geld bei Zinsen unter 3% nicht mehr verleihen, richtig lag kannst Du leicht selbst herausfinden, zur Erinnerung: Die Zinssätze auf Girokonten liegen aktuell bei ca. 0,25%, bei Tagesgeld unter 1%. Kurzfristige deutsche Staatsanleihen haben aktuell einen Zinssatz von -0,494% und sogar die wird Schäuble los.
http://de.investing.com/rates-bonds/germany-government-bonds
Sollte Creutz also mit seiner Grafik die aktuelle Existenz einer Liquiditätsfalle belegen (was ich nicht erkennen kann) dann ist die Grafik empirisch belegbar falsch. Wir sind meilenweit von einer Liquiditätsfalle entfernt, wir haben im Gegenteil eine Geldschwemme im Markt und niemanden der das Zeug haben will. Das kann auch der Blindeste anhand der Zinssätze erkennen.
Man kann nicht mehr Kartoffeln aus der Kiste holen, als man vorher reingelegt hat. Auch Banken können das nicht. Oder kannst Du konkret eine Bank nennen, in der Geldschöpfung schon mal nachgewiesen worden wäre? Oder die mehr Kredit vergibt als Spareinlagen hat? Das kann niemand, weil das halt nicht geht.
Du kannst ja beim nächsten Besuch Deiner Bank Deinen Bankberater fragen, der macht das vermutlich jeden Tag mehrfach.
Der Finanzmarkt ist kein Kartoffelmarkt. Es mag für Dich schwer sein Dich mit dem Gedanken anzufreunden abe so sieht die Realität nunmal aus. Wie ich schon sagte, es gibt keine Bank die das nicht so macht. Der Trick dabei ist das Giralgeld immer als Paar aus Guthaben und Schulden erschaffen wird. Denn ich bei meiner Bank einen Kredit über 1000 Euro aufnehme und mir das Geld auf dem Girokonto gutschreibt entstehen 2 Buchungsposten:
- Ich habe gegen meine Bank eine Forderung mir zu einem Zeitpunkt meiner Wahl 1000 Euro Bargeld zu beschaffen oder diese Forderung auf eine andere Person meiner Wahl zu übertragen (Überweisung)
- Ich habe eine Verbindlichkeit gegenüber der Bank 10 Monate lang monatlich 100 Euro zu zahlen.
Forderungen und Verbindlichkeiten addieren sich dabei zu Null. Trotzdem ist die Giralgeldmenge (und die Giralgeldschulden) um 1000 Euro gestiegen. Im laufe der Tilgung verringert sich beides um 100 Euro pro Monat. Nach 5 Monaten beträgt meine Verbindlichkeit gegenüber der Bank noch 500 Euro und mein Kontostand ist um 500 Euro gesunken. Nach 10 Monaten ist der Kredit getilgt, Forderungen und Verbindlichkeiten sind aus der Welt und die Giralgeldmenge ist wieder auf dem Stand vor der Kreditaufnahme.
Diesen Vorgang nennt man in der Buchhaltung eine Bilanzverlängerung (kann man googlen aber da ist die Erklärung meistens mit Fachbegriffen gespickt und daher schwerer verständlich).
Du kannst übrigens auch selbst Geld erschaffen. Geh heute abend mal zum Italiener und bezahl mit Deiner American Express Karte. Der Keller zieht Deine Karte durchs Lesegerät und druckt einen Beleg aus. Wenn Du den Beleg unterschreibst hast Du ein Zahlungsmittel erschaffen denn der Restaurandbesitzer kann damit am nächsten Tag zur Bank gehen und bekommt den Betrag sofort gutgeschrieben (oder in Bar ausgezahlt) obwohl Amex das Geld erst am Ende des Monats von Deinem Konto abbucht. Du hast also für einige Tage die Giralgeldmenge erhöht.
Praktisch oder?