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Hallo Forum, hallo Deutschland,
sorry wenn ich Euch gleich so zutexte. Aber die Dinge sind nun mal etwas komplizierter ... :kopfkratz:
Wenn ich von hier aus (Schweiz) die Diskussionen zum Thema Demokratie in Deutschland betrachte,
so beschleicht mich schon ein Gefühl der Sorge. Eine flächendeckende Unzufriedenheit über das
politische System scheint die Deutschen Bürger zu beschäftigen. Die Demokratie wird in Frage
gestellt, ja sogar ob Deutschland überhaupt eine Demokratie sei?
Was also ist eine „Demokratie ?“
(Lassen wir Versuche einer Übersetzung, deren gibt es genügend und sie bringen uns letztendlich nicht
weiter.)
Eine Demokratie ist ein Entscheidungssystem, das auf Fragen der Allgemeinheit antwortet. Die
Belange Aller, sind Sache des Staates und seine Entscheidungen müssen im Sinne aller seiner
Bürger sein. Wird der Staat dieser Anforderung gerecht, so können wir einen solchen Staat als
Demokratie bezeichnen.
Wie ist das zu Verstehen? Ein Beispiel:
Es treffen sich regelmässig zehn Freunde um eine gemeinsame Zeit zu verbringen. „Was wollen
wir unternehmen? Kino oder Theater?“ Sieben stimmen für Kino, drei für Theater.
Der Fall ist klar 7:3 für Kino, alle gehen ins Kino.
War das eine demokratische Entscheidung?
Nächstes Treffen, wieder die zehn Leute. Diesmal in den Wald oder zum See?
Sieben für den Wald, drei für den See. Der Fall ist klar. Alle in den Wald.
Man stelle sich nun vor, dass jedes mal wenn die Gemeinschaft der Zehn eine Entscheidung trifft,
immer die selben Sieben und die selben Drei sich gegenüber stünden. So wird der Tag kommen
an dem die Drei sagen werden:“ Uns reicht es! Immer geht es nach eurem Willen. Wir kommen nicht mehr mit!“
Was nun? Die Gemeinschaft hat doch immer demokratisch abgestimmt. Sind die Drei undemokratisch?
Das werden wohl die Sieben ihnen vorwerfen. Die Drei aber werden den Sieben ihrerseits vorhalten,
sie seine mehrheitsdiktatorsich.
Wir erkennen, dass die Gemeinschaft zerbrochen ist trotz der immer wieder gemeinsam getroffenen
Mehrheitsentscheidung. Die Mehrheitsentscheidung kann also nicht Kriterium für eine demokratische
Entscheidung sein. Denn eine demokratische Entscheidung soll sein, eine Entscheidung im Sinne aller.
Gründen wir ein Entscheidungssystem nur auf der Mehrheit, so droht das System zur
Mehrheitsdiktatur zu verkommen. Das gilt insbesondere für den Staat!
Was ist der Kern einer demokratischen Entscheidung?
„Eine demokratische Entscheidung, ist eine Entscheidung welche die Gemeinschaft nicht spaltet. Eine
Entscheidung ist dann demokratisch, wenn sie auch von der Minderheit mitgetragen wird. Folglich
ist eine Demokratie ein Staat dessen Entscheidungen von der Minderheit mitgetragen werden.“
Die Demokratie geniesst auch das Vertrauen der Minderheit. Um sie brauchen wir uns zu sorgen
und nicht um die Mehrheit.
Dies aber, wird in der Deutschen Politik überhaupt nicht verstanden. Demokratie ist
Mehrheitsherrschaft.
Der Staat
Es waren die Errungenschaften der Aufklärung, welche die Erkenntnis gebracht hat, dass die
Staatsgewalt aufgeteilt werden muss (Gewaltentrennung). Ansonsten droht der Staat zur Despotie
und Gewaltherrschaft zu verkommen. Weiter soll der Staat ausschliesslich auf der Grundlage
des Rechts handeln (Rechtsstaatsprinzip).
Die Regierung (Exekutive) ist auf der Basis der Gesetzgebung die ausführende Gewalt.
Das Parlament (Legislative) ist die gesetzgebende Gewalt und hat hierüber die Regierung zu kontrollieren.
Die Gerichte (Judikative) hat auf Basis der Gesetzgebung bei Streitigkeiten eine Entscheidung zu treffen.
Unser Augenmerk gilt hier der Kontrollfunktion der Legislative über der Exekutive. Denn die Gefahr
einer Gewaltherrschaft geht von der Regierung aus. Dies zwangsläufig, weil das Rechtsstaatsprinzip
auch das Gewaltmonopol des Staates einschliesst. Die Exekutive kontrolliert zur Erfüllung ihrer
Aufgaben, notgedrungen Polizei und Militär. Angesichts dieser Machtfülle erscheint die Kontrollfunktion
des Parlamentes um so dringlicher!
Logik der Macht und Kannibalismus der Prinzipien
Alles beginnt mit den Wahlen. In der Regel erringt keine der Parteien das absolute Mehr (glücklicherweise).
Sind die Wahlen gelaufen, so würde nun der Politalltag beginnen und die Parteien müssten sich
daranmachen ihre Wahlversprechen umzusetzen. Dummerweise aber werden Entscheidungen nach
dem Mehrheitsverfahren getroffen. Und wenn man keine Mehrheit hat, so muss man sich die nötigen
Stimmen irgendwie besorgen. Ergo, das Koalitionskarussell beginnt sich zu drehen. Am liebsten
finden sich eine grosse und eine kleine Partei zusammen die gemeinsam über die 50% der Parlamentssitze
verfügen. Die grosse Partei mag die kleine, weil sie für das Bündnis wenig Kompromisse eingehen
muss und die kleine Partei ist froh, dass sie in der Regierung sitzen darf. Die Parteien einigen sich
auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, giessen das ganze in den Koalitionsvertrag und sichern
sich so bis zum Ende der Legislatur die Mehrheit im Parlament. Die Koalition ist ein Machtkartell.
Was in der Politik Koalition heisst, nennt man in der Wirtschaft ein Kartell. Der erste Akt nach den
Wahlen ist somit kein sachpolitischer, sonder ein machtpolitischer Akt.
Dieses von den Koalitionären dominierte Parlament wählt nun die Regierung (Kanzler). Und welche
Figuren werden in die Regierung gehoben? Es sind diejenigen Leute, welche während dem
Wahlkampf die Parteiparolen am lautesten heraus posaunt und die meisten Versprechen gegeben
haben. Es finden sich also in der Regierung wieder die Parteispitzen der Koalitionäre die ein
Regierungsprogramm verfolgen, das wiederum eine mutierte Form der Parteiprogramme dar stellt.
Regieren aber wollen sie das ganze Land. Partei von „Pars“ bedeutet aber Teil.
Das Koalitionsgeschacher ist Folge des Mehrheitsprinzips, denn wer über die Mehrheit verfügt
besetzt auch die höchsten Ämter im Staat. Der Fluch dabei ist, das gerade die Regierung, so
zum Zankapfel der Parteien verkommt. Doch gerade die Regierung müsste mit grosser Sorgfalt
besetzt werden. Dieses wichtige Organ im Staat verlangt wie kein anderes eine ausgewogene
Besetzung mit Leuten die über integrative Fähigkeiten verfügen. Statt dessen fällt die Regierung
Parteiführern in die Hände. Ämterkumulation wir hier zum echten Problem.
Es ist die Aufgabe des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren. Doch wer Kontrolle ausüben
will MUSS von jenem der kontrolliert wird UNABHÄNGIG sein. Die Mehrheit der
Parlamentarier ist aber Mitglied in den Parteien deren Parteibosse in der Regierung sitzen. Wollen
sie ihre Karrieren nicht gefährden, so werden sie sich kaum gegen ihre Bosse in der Regierung zur
Wehr setzen. Viel schlimmer, es kommt zur Umkehr der Machtverhältnisse zwischen Regierung
und Parlament. Die Regierungsmitglieder üben, über die Strukturen der Partei, Kontrolle über die
Mehrheit der Parlamentarier aus, um so schlimmer bei einer grossen Koalition. Folge ist, das
Parlament verliert seine Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. Ja es gerät gar in eine
Abhängigkeit. Stichworte: Fraktionszwang, Parteisoldaten, Durchwink- und Abnickparlament.
Das Machtkartell Koalitionsregierung ist funktional eine Legislativ-Exekutive. Eine Regierung die
sich ihre Gesetze selber gibt.
Der kapitale Schaden am Rechtsstaat stellt sich also so dar, dass dem Mehrheitsprinzip das Prinzip
der Gewaltentrennung zum Opfer fällt.
Erinnern wir uns an das obige Beispiel mit den zehn Leuten. Da wurden drei immer überstimmt.
Die durch die Koalition zementierten Mehrheitsverhältnisse nehmen der parlamentarischen Minderheit
jede Möglichkeit in strittigen Fragen ihre Anliegen zur Geltung zu bringen. Die Minderheit ist vollkommen
von der Gnade der parlamentarischen Mehrheit abhängig. Das ganze entwickelt nun den Geruch der
Mehrheitsdiktatur.
„Opposition ist Scheisse“ (Müntefering). Die Parlamentarier der Minderheit werden
natürlich nicht wie in unserem Beispiel nicht mehr an den Sitzungen erscheinen. Denn sie werden
Bezahlt und verbringen im Parlament nicht ihre Freizeit. Aber die festgefahrenen Machtverhältnisse
sind eine Ursache für das wachsende Desinteresse der Wähler.
Missbrauch der Justiz
Einzige Möglichkeit der Opposition ist noch das Bundesverfassungsgericht. So wird also die Opposition
alles was die Regierung beschliesst, akribisch darauf untersuchen, ob sich die Sache nicht vor Gericht
zerren lässt. Tragisch nur, das Dinge die eine Politische Lösung bedürfen, dann von Juristen und somit
auf Grund juristischer Kriterien entschieden werden. Das Gericht wird als Entscheidungsfinder für
politische Fragen instrumentalisiert. (man lausche den Vorträgen von Udo Di Fabio)
Der Mühlstein am Hals
Im Wahlkamp übertreffen sich die Parteien gegenseitig mit Versprechen in der Hoffnung, hiermit möglichst
viele Stimmen auf sich zu vereinen. Wenn nun das „Unglück“ eintritt und eine Partei Einsitz in die Regierung
nimmt, so steht sie nun in der Pflicht ihre Versprechen einzulösen. Aber wie? Regieren verlangt nach
nüchterner Real- und Sachpolitik. Angesichts der vielen zu berücksichtigenden Faktoren, ist es für jede
Regierung nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur einen Teil der vollmundigen Versprechen einzuhalten.
Diese Versprechen hängen wie ein Mühlstein der Regierung am Hals. Und es ist der Regierung wie der
Opposition klar, dass der Tag kommt, an dem die politischen Verhältnisse sich zu Ungunsten der Regierung
wenden werden und somit auch das sichere Scheitern der Regierung nur eine Frage der Zeit ist. Angesichts
der vielen nicht eingehaltenen Versprechen.
Das Unvermögen der Regierung die Versprechungen einzuhalten zerstört das Vertrauen der Bürger in
die Politik. Wahlabstinenz und Politverdruss sind die Folge.
Unstabile Regierung
Die Regierung ist unstabil. Das mag Deutsche erstaunen, dass ihre Regierung unstabil sein soll. Aber
wenn alle vier Jahre die Diskussion über die Regierungszusammensetzung von neuem los geht, dann
kann ich das nicht als stabil bezeichnen. Und wenn man in Deutschland eine Regierung die vier Jahre
hält schon als stabil bezeichnet, so zeigt das nur, wie tief die Stabilitätsansprüche der Bürger an ihre
Regierung sind.
Aber die Deutschen sind nicht alleine. In ganz Europa werden die Regierungen andauernd ausgewechselt.
Wie will der Kontinent je zur Stabilität finden?
Die Opposition schimpft über die Regierung und verspricht: „Wenn wir an der Macht sind werden wir alles
besser machen!“. Und wenn dann der Wind gedreht hat, werden auch sie ihre Versprechen nicht einhalten
können und das ganze geht von vorne los.
Der Fluch an diesem Regierungs-Oppositions-System ist, dass die Regierung nur ausgetauscht werden kann,
an statt sie zu regenerieren. Will heissen: Jede Regierung wird solange gefahren bis ihre Vertrauensbasis
kaputt ist.
Anhang anzeigen 1733
Was ist eine stabile Regierung
Die Parteienvertretung in der Schweizer Regierung ist konstant. Die Regierung wird auch nicht
ausgetauscht, es werden lediglich einzelne Sitze neu besetzt. So kann sich die Regierung regenerieren
und zerschleisst nicht. Alle grossen Parteien (Liberale, Christlich, Konservative und Sozis) sind sein
1959 in der Regierung vertreten, bei nur sieben Sitzen. Seit über 50 Jahren. Bild: Parteienvertretung seit 1920.
Anhang anzeigen 1734
Aber das Vertrauen der Bürger in die Regierung, in das Parlament und in den Staat sollte nie so tief
abgetragen werden, dass nur noch ein Regierungswechsel hilft. Denn so schnell wie die Regierungen
ausgetauscht werden, kann das Vertrauen der Bürger in die Politik gar nicht nachwachsen. Und wenn
ich die Diskussionen in Deutschland betrachte und meine persönlichen Gespräche mit Deutschen mir
in Erinnerung rufe, so scheint das Vertrauen der Deutschen Bürgerschaft in die Politik schwer und
nachhaltig erschüttert.
Kein Wunder den:
„Man kann sich nicht darauf verlassen, dass das was vor den Wahlen gesagt wird, auch wirklich nach
den Wahlen gilt und wir müssen damit rechnen, dass sich das in verschiedenen Weisen wiederholen
kann.“ (Merkel 2008)
Die schwache Regierung
Die Koalitionsregierung lebt in stetiger Angst abgewählt zu werden. Ihre Existenz hängt direkt von der
Stärke ihrer Parteien ab. Folglich ist sie stetig bemüht die eigene Wählerschaft
nicht zu verärgern. Mit beschwichtigenden Worten versucht sie den Bürgern zu erklären, warum
Versprechen nicht eingehalten werden und spricht daher auch immer vom „Finanzierungsvorbehalt“.
Wollte sie die Versprechen einlösen, so müsse sie die Steuern erhöhen. Das aber kostet Wählerstimmen.
Die Regierung versucht aber trotzdem einen kleinen Teil der Versprechen einzuhalten. Woher also
das Geld nehmen? Natürlich von denen die Geld haben, den Reichen. Aber Reichensteuer ist nicht!
Denn die drohen mit Wegzug (z.B. in die Schweiz). Also bleibt nur, sich das Geld von den Reichen
zu leihen, am Kapitalmarkt. Und genau das treibt den Staat in die Schulden und in die Abhängigkeit
der Finanzwirtschaft.
Jede Regierung verteilt im Lande Privilegien um sich bei den Wählern und der eigenen Klientel nicht
unbeliebt zu machen und weil die Regierungen wechseln, kriegen auch alle Seiten ihre Privilegien.
Über die Zeit entsteht ein riesiger Wust von Privilegien, namentlich Steuerprivilegien die ihrerseits
einen riesigen Beamtenapparat erfordern, den Staat viel Geld kosten, träge und letztendlich
handlungsunfähig machen. Der Staat wird zum Reformfall. Reformen mag aber keine Regierung angehen.
Zu gross sind die Abhängigkeiten. Reformen, also die Abschaffung von Privilegien im Finanzsektor
verärgern die Finanzakteure. Sie drohen mit Wegzug und dem Hochtreiben der Zinsen für Staatsanleihen.
Also keine Option für den immer klammen Staat. Reformen im Industriesektor? Die drohen mit
Arbeitsplatzverlagerung und viele Arbeitslose belasten die Staatskasse und schaden dem Ansehen
der Regierung. Geht auch nicht. Reformen im Sozialstaat. Auch schlecht, da die Betroffenen
dummerweise Zugang zur Wahlurne haben.
In Folge der Abhängigkeiten kann eine solche Regierung am langen Ende nur scheitern. Und bis zu
diesem Zeitpunkt, wird sie sich allen Seiten gegenüber willfährig zeigen. Am meisten gegenüber
jenen die Geld haben. Hochfinanz und Grossindustrie. Diese Kreise haben das nötige Kleingeld
um die erforderlichen Lobbyarbeiten zu finanzieren. Aber auch gegenüber dem einfachen Bürger. Da
gibt's allerhand Segnungen des Sozialstaates. Von kostenlosen Kitas und Mittagstischen,
Sozialgeldern bis hin zu Steuerfreibeträgen und staatlichem Mindestlohn.
Und wehe der Regierung die Hand an die Privilegien legt! Bestes Beispiel ist die Schröder-Regierung.
Dieser Regierung, genötigt durch die schlechte Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit, ergriff
einschneidende Reformen im Sozialstaat. Das war politischer Selbstmord, der Regierungswechsel
kam prompt und auch das Abschmieren der SPD. Nutzniesserin der Reformen war dann
logischerweise die Nachfolgeregierung. Anstatt das diese Regierung nun die Privilegien der anderen,
Finanz- und Industriesektor, zusammenstreichen würde und somit auch von diesen ihren Anteil zur
Reformierung und Gesundung der Staatskasse einfordert, beginnt sie nun damit, die
Schröder-Reformen rückzubauen (Hans-Werner Sinn). Will heissen, Geschenke zu verteilen um
weiter in der Gunst der Wähler zu bleiben.
Der Staat aber bleibt in den Schulden und somit weiter in der tiefen Abhängigkeit der Finanzkreise.
Weil er sich nicht selber, das heisst aus Steuereinnahmen finanzieren kann. Und er kann es nicht
weil er nicht will. Und er will es nicht, weil das Reformen erfordert und Reformen gefährden die
Regierung. Das bedeutet auch, dass der verschuldete Staat in Folge der Zinsleistungen eine
gigantische Geldpumpe bleibt, von „fleissig nach reich“ (Bontrup).
Somit ist auch klar, dass die geforderte Steuerreform (z.B. Kirchhof) nie umgesetzt wird.
Die unzufriedenen Bürger
Da die Regierung in Folge der Abhängigkeiten schwach ist, lässt sich auch entsprechend
Einfluss auf sie nehmen. Wie schon erwähnt, gelingt das den finanzstarken Kreisen wie
Finanzsektor und Grossindustrie am besten. Der schwächste Kreis sind die Wähler. Sie haben
nur alle vier Jahre die Möglichkeit zu wählen und verkommen zum Wahlvieh.
Es wundert daher nicht, dass der Staat den Bürgern entgleitet und sich zwangsläufig eine
flächendeckende Unzufriedenheit breit macht.
Der Staat treibt auseinander. Die Bürger fühlen sich vom Staat vernachlässigt, von der
Wirtschaft durch niedrige Löhne ausgebeutet und vom Finanzsektor betrogen. Die Wirtschaft
sieht sich vom Staat gegängelt, vom Bürgern mit Mindestlohn- und Kündigungsschutz-Forderungen
bedroht und vom Finanzsektor zu immer höheren Renditen genötigt. Der Finanzsektor bangt
um seine Investitionen im Staat (Staatspapiere), in der Industrie (Kredite) und bei den
Privatpersonen (Hypotheken). Und alle fühlen sich vom Staat über die Steuern ausgeraubt
und der Staat wiederum fühlt sich von allen betrogen und hintergangen, sprich Steuerhinterziehung.
Demokratie?
Wenn das die Folgen der Demokratie sind, so bleibt einem nichts übrig, als Demokratie abzulehnen.
Und tatsächlich, es gibt schon Kreise die frei und offen die Demokratie ablehnen.
Ist das beschriebene System denn wirklich eine Demokratie? Die Politiker sagen „Ja. Das ist
Demokratie! Die Bürger wählen Leute ins Parlament. Dieses bestellt eine Regierung. Die Regierung
regiert das Land. Was wollt Ihr mehr???“
Die Menschen wollen mehr direkter Demokratie. „Dann sagt das Volk wo es lang geht!“, „Wir wollen
mitbestimmen und auch was zu sagen haben!“, etc ...
Die Forderungen sind schon richtig, aber bei genauer Betrachtung der Deutschen Diskussion nach
mehr direkter Demokratie fällt auf, dass es keine klaren Vorstellungen darüber gibt, wie solche
Instrumente gestaltet sein sollten oder über was Abgestimmt würde. Die Politik ist verunsichert,
sieht sich und ihre Kompetenzen in Frage gestellt und reagiert ihrerseits mit Zurückhaltung oder
gar Ablehnung. Zudem herrscht ein Begriffswirrwarr: Direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung,
Bürgerentscheid, Bürgerbefragung, Bürgerbegehren, Abstimmung, Plebiszit, Volksgesetzgebung,
drei-stufiges-Gesetzgebungsverfahren, Referendum, Quoren, Initiative, ... etc.
Liebe Leute, - so wird das nix! Zu viel, zu kompliziert, zu angreifbar und letztendlich zu wirkungslos.
Das System
Das System Regierung, Parlament und Parteien vermag nicht eine Demokratie zu gewährleisten,
wenn Demokratie ein System sein soll das den Staat in seinem Inneren nicht auseinandertreibt.
Wenn aber breite Kreise in der Bevölkerung aus Verdruss nicht mehr zu den Wahlen geht, so ist
der schlimmste Schaden für ein System, dass Demokratie sein will schon eingetreten. Schachtschneider
schimpft die BRD einen Parteienstaat und bekennt sich öffentlich als Nichtwähler.
Ist die Bundsrepublik nun eine Demokratie oder nicht?
Ich befürchte - sie ist "noch" keine. Aber dem GG nach, will sie eine sein.
Die Schweiz
Das politische System der Schweiz ist dem Deutschen sehr ähnlich. Beide sind Bundesstaaten
mit eine Regierung und einem zwei-Kammer-Parlament. Und doch verhält sich die Politik in der Schweiz
ganz anders. Es gibt keine Koalition und folglich auch keine Opposition. Die Regierung ist von den
Parteispitzen unabhängig und wird vom Parlament kontrolliert. Hauptgrund hierfür ist, dass neben
Regierung, Parlament und Parteien noch eine vierte Kraft auf das System einwirkt. Der Souverän.
Bis hier hin soll es mal gut sein.
Danke fürs lesen
sorry wenn ich Euch gleich so zutexte. Aber die Dinge sind nun mal etwas komplizierter ... :kopfkratz:
Wenn ich von hier aus (Schweiz) die Diskussionen zum Thema Demokratie in Deutschland betrachte,
so beschleicht mich schon ein Gefühl der Sorge. Eine flächendeckende Unzufriedenheit über das
politische System scheint die Deutschen Bürger zu beschäftigen. Die Demokratie wird in Frage
gestellt, ja sogar ob Deutschland überhaupt eine Demokratie sei?
Was also ist eine „Demokratie ?“
(Lassen wir Versuche einer Übersetzung, deren gibt es genügend und sie bringen uns letztendlich nicht
weiter.)
Eine Demokratie ist ein Entscheidungssystem, das auf Fragen der Allgemeinheit antwortet. Die
Belange Aller, sind Sache des Staates und seine Entscheidungen müssen im Sinne aller seiner
Bürger sein. Wird der Staat dieser Anforderung gerecht, so können wir einen solchen Staat als
Demokratie bezeichnen.
Wie ist das zu Verstehen? Ein Beispiel:
Es treffen sich regelmässig zehn Freunde um eine gemeinsame Zeit zu verbringen. „Was wollen
wir unternehmen? Kino oder Theater?“ Sieben stimmen für Kino, drei für Theater.
Der Fall ist klar 7:3 für Kino, alle gehen ins Kino.
War das eine demokratische Entscheidung?
Nächstes Treffen, wieder die zehn Leute. Diesmal in den Wald oder zum See?
Sieben für den Wald, drei für den See. Der Fall ist klar. Alle in den Wald.
Man stelle sich nun vor, dass jedes mal wenn die Gemeinschaft der Zehn eine Entscheidung trifft,
immer die selben Sieben und die selben Drei sich gegenüber stünden. So wird der Tag kommen
an dem die Drei sagen werden:“ Uns reicht es! Immer geht es nach eurem Willen. Wir kommen nicht mehr mit!“
Was nun? Die Gemeinschaft hat doch immer demokratisch abgestimmt. Sind die Drei undemokratisch?
Das werden wohl die Sieben ihnen vorwerfen. Die Drei aber werden den Sieben ihrerseits vorhalten,
sie seine mehrheitsdiktatorsich.
Wir erkennen, dass die Gemeinschaft zerbrochen ist trotz der immer wieder gemeinsam getroffenen
Mehrheitsentscheidung. Die Mehrheitsentscheidung kann also nicht Kriterium für eine demokratische
Entscheidung sein. Denn eine demokratische Entscheidung soll sein, eine Entscheidung im Sinne aller.
Gründen wir ein Entscheidungssystem nur auf der Mehrheit, so droht das System zur
Mehrheitsdiktatur zu verkommen. Das gilt insbesondere für den Staat!
Was ist der Kern einer demokratischen Entscheidung?
„Eine demokratische Entscheidung, ist eine Entscheidung welche die Gemeinschaft nicht spaltet. Eine
Entscheidung ist dann demokratisch, wenn sie auch von der Minderheit mitgetragen wird. Folglich
ist eine Demokratie ein Staat dessen Entscheidungen von der Minderheit mitgetragen werden.“
Die Demokratie geniesst auch das Vertrauen der Minderheit. Um sie brauchen wir uns zu sorgen
und nicht um die Mehrheit.
Dies aber, wird in der Deutschen Politik überhaupt nicht verstanden. Demokratie ist
Mehrheitsherrschaft.
Der Staat
Es waren die Errungenschaften der Aufklärung, welche die Erkenntnis gebracht hat, dass die
Staatsgewalt aufgeteilt werden muss (Gewaltentrennung). Ansonsten droht der Staat zur Despotie
und Gewaltherrschaft zu verkommen. Weiter soll der Staat ausschliesslich auf der Grundlage
des Rechts handeln (Rechtsstaatsprinzip).
Die Regierung (Exekutive) ist auf der Basis der Gesetzgebung die ausführende Gewalt.
Das Parlament (Legislative) ist die gesetzgebende Gewalt und hat hierüber die Regierung zu kontrollieren.
Die Gerichte (Judikative) hat auf Basis der Gesetzgebung bei Streitigkeiten eine Entscheidung zu treffen.
Unser Augenmerk gilt hier der Kontrollfunktion der Legislative über der Exekutive. Denn die Gefahr
einer Gewaltherrschaft geht von der Regierung aus. Dies zwangsläufig, weil das Rechtsstaatsprinzip
auch das Gewaltmonopol des Staates einschliesst. Die Exekutive kontrolliert zur Erfüllung ihrer
Aufgaben, notgedrungen Polizei und Militär. Angesichts dieser Machtfülle erscheint die Kontrollfunktion
des Parlamentes um so dringlicher!
Logik der Macht und Kannibalismus der Prinzipien
Alles beginnt mit den Wahlen. In der Regel erringt keine der Parteien das absolute Mehr (glücklicherweise).
Sind die Wahlen gelaufen, so würde nun der Politalltag beginnen und die Parteien müssten sich
daranmachen ihre Wahlversprechen umzusetzen. Dummerweise aber werden Entscheidungen nach
dem Mehrheitsverfahren getroffen. Und wenn man keine Mehrheit hat, so muss man sich die nötigen
Stimmen irgendwie besorgen. Ergo, das Koalitionskarussell beginnt sich zu drehen. Am liebsten
finden sich eine grosse und eine kleine Partei zusammen die gemeinsam über die 50% der Parlamentssitze
verfügen. Die grosse Partei mag die kleine, weil sie für das Bündnis wenig Kompromisse eingehen
muss und die kleine Partei ist froh, dass sie in der Regierung sitzen darf. Die Parteien einigen sich
auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, giessen das ganze in den Koalitionsvertrag und sichern
sich so bis zum Ende der Legislatur die Mehrheit im Parlament. Die Koalition ist ein Machtkartell.
Was in der Politik Koalition heisst, nennt man in der Wirtschaft ein Kartell. Der erste Akt nach den
Wahlen ist somit kein sachpolitischer, sonder ein machtpolitischer Akt.
Dieses von den Koalitionären dominierte Parlament wählt nun die Regierung (Kanzler). Und welche
Figuren werden in die Regierung gehoben? Es sind diejenigen Leute, welche während dem
Wahlkampf die Parteiparolen am lautesten heraus posaunt und die meisten Versprechen gegeben
haben. Es finden sich also in der Regierung wieder die Parteispitzen der Koalitionäre die ein
Regierungsprogramm verfolgen, das wiederum eine mutierte Form der Parteiprogramme dar stellt.
Regieren aber wollen sie das ganze Land. Partei von „Pars“ bedeutet aber Teil.
Das Koalitionsgeschacher ist Folge des Mehrheitsprinzips, denn wer über die Mehrheit verfügt
besetzt auch die höchsten Ämter im Staat. Der Fluch dabei ist, das gerade die Regierung, so
zum Zankapfel der Parteien verkommt. Doch gerade die Regierung müsste mit grosser Sorgfalt
besetzt werden. Dieses wichtige Organ im Staat verlangt wie kein anderes eine ausgewogene
Besetzung mit Leuten die über integrative Fähigkeiten verfügen. Statt dessen fällt die Regierung
Parteiführern in die Hände. Ämterkumulation wir hier zum echten Problem.
Es ist die Aufgabe des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren. Doch wer Kontrolle ausüben
will MUSS von jenem der kontrolliert wird UNABHÄNGIG sein. Die Mehrheit der
Parlamentarier ist aber Mitglied in den Parteien deren Parteibosse in der Regierung sitzen. Wollen
sie ihre Karrieren nicht gefährden, so werden sie sich kaum gegen ihre Bosse in der Regierung zur
Wehr setzen. Viel schlimmer, es kommt zur Umkehr der Machtverhältnisse zwischen Regierung
und Parlament. Die Regierungsmitglieder üben, über die Strukturen der Partei, Kontrolle über die
Mehrheit der Parlamentarier aus, um so schlimmer bei einer grossen Koalition. Folge ist, das
Parlament verliert seine Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. Ja es gerät gar in eine
Abhängigkeit. Stichworte: Fraktionszwang, Parteisoldaten, Durchwink- und Abnickparlament.
Das Machtkartell Koalitionsregierung ist funktional eine Legislativ-Exekutive. Eine Regierung die
sich ihre Gesetze selber gibt.
Der kapitale Schaden am Rechtsstaat stellt sich also so dar, dass dem Mehrheitsprinzip das Prinzip
der Gewaltentrennung zum Opfer fällt.
Erinnern wir uns an das obige Beispiel mit den zehn Leuten. Da wurden drei immer überstimmt.
Die durch die Koalition zementierten Mehrheitsverhältnisse nehmen der parlamentarischen Minderheit
jede Möglichkeit in strittigen Fragen ihre Anliegen zur Geltung zu bringen. Die Minderheit ist vollkommen
von der Gnade der parlamentarischen Mehrheit abhängig. Das ganze entwickelt nun den Geruch der
Mehrheitsdiktatur.
„Opposition ist Scheisse“ (Müntefering). Die Parlamentarier der Minderheit werden
natürlich nicht wie in unserem Beispiel nicht mehr an den Sitzungen erscheinen. Denn sie werden
Bezahlt und verbringen im Parlament nicht ihre Freizeit. Aber die festgefahrenen Machtverhältnisse
sind eine Ursache für das wachsende Desinteresse der Wähler.
Missbrauch der Justiz
Einzige Möglichkeit der Opposition ist noch das Bundesverfassungsgericht. So wird also die Opposition
alles was die Regierung beschliesst, akribisch darauf untersuchen, ob sich die Sache nicht vor Gericht
zerren lässt. Tragisch nur, das Dinge die eine Politische Lösung bedürfen, dann von Juristen und somit
auf Grund juristischer Kriterien entschieden werden. Das Gericht wird als Entscheidungsfinder für
politische Fragen instrumentalisiert. (man lausche den Vorträgen von Udo Di Fabio)
Der Mühlstein am Hals
Im Wahlkamp übertreffen sich die Parteien gegenseitig mit Versprechen in der Hoffnung, hiermit möglichst
viele Stimmen auf sich zu vereinen. Wenn nun das „Unglück“ eintritt und eine Partei Einsitz in die Regierung
nimmt, so steht sie nun in der Pflicht ihre Versprechen einzulösen. Aber wie? Regieren verlangt nach
nüchterner Real- und Sachpolitik. Angesichts der vielen zu berücksichtigenden Faktoren, ist es für jede
Regierung nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur einen Teil der vollmundigen Versprechen einzuhalten.
Diese Versprechen hängen wie ein Mühlstein der Regierung am Hals. Und es ist der Regierung wie der
Opposition klar, dass der Tag kommt, an dem die politischen Verhältnisse sich zu Ungunsten der Regierung
wenden werden und somit auch das sichere Scheitern der Regierung nur eine Frage der Zeit ist. Angesichts
der vielen nicht eingehaltenen Versprechen.
Das Unvermögen der Regierung die Versprechungen einzuhalten zerstört das Vertrauen der Bürger in
die Politik. Wahlabstinenz und Politverdruss sind die Folge.
Unstabile Regierung
Die Regierung ist unstabil. Das mag Deutsche erstaunen, dass ihre Regierung unstabil sein soll. Aber
wenn alle vier Jahre die Diskussion über die Regierungszusammensetzung von neuem los geht, dann
kann ich das nicht als stabil bezeichnen. Und wenn man in Deutschland eine Regierung die vier Jahre
hält schon als stabil bezeichnet, so zeigt das nur, wie tief die Stabilitätsansprüche der Bürger an ihre
Regierung sind.
Aber die Deutschen sind nicht alleine. In ganz Europa werden die Regierungen andauernd ausgewechselt.
Wie will der Kontinent je zur Stabilität finden?
Die Opposition schimpft über die Regierung und verspricht: „Wenn wir an der Macht sind werden wir alles
besser machen!“. Und wenn dann der Wind gedreht hat, werden auch sie ihre Versprechen nicht einhalten
können und das ganze geht von vorne los.
Der Fluch an diesem Regierungs-Oppositions-System ist, dass die Regierung nur ausgetauscht werden kann,
an statt sie zu regenerieren. Will heissen: Jede Regierung wird solange gefahren bis ihre Vertrauensbasis
kaputt ist.
Anhang anzeigen 1733
Was ist eine stabile Regierung
Die Parteienvertretung in der Schweizer Regierung ist konstant. Die Regierung wird auch nicht
ausgetauscht, es werden lediglich einzelne Sitze neu besetzt. So kann sich die Regierung regenerieren
und zerschleisst nicht. Alle grossen Parteien (Liberale, Christlich, Konservative und Sozis) sind sein
1959 in der Regierung vertreten, bei nur sieben Sitzen. Seit über 50 Jahren. Bild: Parteienvertretung seit 1920.
Anhang anzeigen 1734
Aber das Vertrauen der Bürger in die Regierung, in das Parlament und in den Staat sollte nie so tief
abgetragen werden, dass nur noch ein Regierungswechsel hilft. Denn so schnell wie die Regierungen
ausgetauscht werden, kann das Vertrauen der Bürger in die Politik gar nicht nachwachsen. Und wenn
ich die Diskussionen in Deutschland betrachte und meine persönlichen Gespräche mit Deutschen mir
in Erinnerung rufe, so scheint das Vertrauen der Deutschen Bürgerschaft in die Politik schwer und
nachhaltig erschüttert.
Kein Wunder den:
„Man kann sich nicht darauf verlassen, dass das was vor den Wahlen gesagt wird, auch wirklich nach
den Wahlen gilt und wir müssen damit rechnen, dass sich das in verschiedenen Weisen wiederholen
kann.“ (Merkel 2008)
Die schwache Regierung
Die Koalitionsregierung lebt in stetiger Angst abgewählt zu werden. Ihre Existenz hängt direkt von der
Stärke ihrer Parteien ab. Folglich ist sie stetig bemüht die eigene Wählerschaft
nicht zu verärgern. Mit beschwichtigenden Worten versucht sie den Bürgern zu erklären, warum
Versprechen nicht eingehalten werden und spricht daher auch immer vom „Finanzierungsvorbehalt“.
Wollte sie die Versprechen einlösen, so müsse sie die Steuern erhöhen. Das aber kostet Wählerstimmen.
Die Regierung versucht aber trotzdem einen kleinen Teil der Versprechen einzuhalten. Woher also
das Geld nehmen? Natürlich von denen die Geld haben, den Reichen. Aber Reichensteuer ist nicht!
Denn die drohen mit Wegzug (z.B. in die Schweiz). Also bleibt nur, sich das Geld von den Reichen
zu leihen, am Kapitalmarkt. Und genau das treibt den Staat in die Schulden und in die Abhängigkeit
der Finanzwirtschaft.
Jede Regierung verteilt im Lande Privilegien um sich bei den Wählern und der eigenen Klientel nicht
unbeliebt zu machen und weil die Regierungen wechseln, kriegen auch alle Seiten ihre Privilegien.
Über die Zeit entsteht ein riesiger Wust von Privilegien, namentlich Steuerprivilegien die ihrerseits
einen riesigen Beamtenapparat erfordern, den Staat viel Geld kosten, träge und letztendlich
handlungsunfähig machen. Der Staat wird zum Reformfall. Reformen mag aber keine Regierung angehen.
Zu gross sind die Abhängigkeiten. Reformen, also die Abschaffung von Privilegien im Finanzsektor
verärgern die Finanzakteure. Sie drohen mit Wegzug und dem Hochtreiben der Zinsen für Staatsanleihen.
Also keine Option für den immer klammen Staat. Reformen im Industriesektor? Die drohen mit
Arbeitsplatzverlagerung und viele Arbeitslose belasten die Staatskasse und schaden dem Ansehen
der Regierung. Geht auch nicht. Reformen im Sozialstaat. Auch schlecht, da die Betroffenen
dummerweise Zugang zur Wahlurne haben.
In Folge der Abhängigkeiten kann eine solche Regierung am langen Ende nur scheitern. Und bis zu
diesem Zeitpunkt, wird sie sich allen Seiten gegenüber willfährig zeigen. Am meisten gegenüber
jenen die Geld haben. Hochfinanz und Grossindustrie. Diese Kreise haben das nötige Kleingeld
um die erforderlichen Lobbyarbeiten zu finanzieren. Aber auch gegenüber dem einfachen Bürger. Da
gibt's allerhand Segnungen des Sozialstaates. Von kostenlosen Kitas und Mittagstischen,
Sozialgeldern bis hin zu Steuerfreibeträgen und staatlichem Mindestlohn.
Und wehe der Regierung die Hand an die Privilegien legt! Bestes Beispiel ist die Schröder-Regierung.
Dieser Regierung, genötigt durch die schlechte Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit, ergriff
einschneidende Reformen im Sozialstaat. Das war politischer Selbstmord, der Regierungswechsel
kam prompt und auch das Abschmieren der SPD. Nutzniesserin der Reformen war dann
logischerweise die Nachfolgeregierung. Anstatt das diese Regierung nun die Privilegien der anderen,
Finanz- und Industriesektor, zusammenstreichen würde und somit auch von diesen ihren Anteil zur
Reformierung und Gesundung der Staatskasse einfordert, beginnt sie nun damit, die
Schröder-Reformen rückzubauen (Hans-Werner Sinn). Will heissen, Geschenke zu verteilen um
weiter in der Gunst der Wähler zu bleiben.
Der Staat aber bleibt in den Schulden und somit weiter in der tiefen Abhängigkeit der Finanzkreise.
Weil er sich nicht selber, das heisst aus Steuereinnahmen finanzieren kann. Und er kann es nicht
weil er nicht will. Und er will es nicht, weil das Reformen erfordert und Reformen gefährden die
Regierung. Das bedeutet auch, dass der verschuldete Staat in Folge der Zinsleistungen eine
gigantische Geldpumpe bleibt, von „fleissig nach reich“ (Bontrup).
Somit ist auch klar, dass die geforderte Steuerreform (z.B. Kirchhof) nie umgesetzt wird.
Die unzufriedenen Bürger
Da die Regierung in Folge der Abhängigkeiten schwach ist, lässt sich auch entsprechend
Einfluss auf sie nehmen. Wie schon erwähnt, gelingt das den finanzstarken Kreisen wie
Finanzsektor und Grossindustrie am besten. Der schwächste Kreis sind die Wähler. Sie haben
nur alle vier Jahre die Möglichkeit zu wählen und verkommen zum Wahlvieh.
Es wundert daher nicht, dass der Staat den Bürgern entgleitet und sich zwangsläufig eine
flächendeckende Unzufriedenheit breit macht.
Der Staat treibt auseinander. Die Bürger fühlen sich vom Staat vernachlässigt, von der
Wirtschaft durch niedrige Löhne ausgebeutet und vom Finanzsektor betrogen. Die Wirtschaft
sieht sich vom Staat gegängelt, vom Bürgern mit Mindestlohn- und Kündigungsschutz-Forderungen
bedroht und vom Finanzsektor zu immer höheren Renditen genötigt. Der Finanzsektor bangt
um seine Investitionen im Staat (Staatspapiere), in der Industrie (Kredite) und bei den
Privatpersonen (Hypotheken). Und alle fühlen sich vom Staat über die Steuern ausgeraubt
und der Staat wiederum fühlt sich von allen betrogen und hintergangen, sprich Steuerhinterziehung.
Demokratie?
Wenn das die Folgen der Demokratie sind, so bleibt einem nichts übrig, als Demokratie abzulehnen.
Und tatsächlich, es gibt schon Kreise die frei und offen die Demokratie ablehnen.
Ist das beschriebene System denn wirklich eine Demokratie? Die Politiker sagen „Ja. Das ist
Demokratie! Die Bürger wählen Leute ins Parlament. Dieses bestellt eine Regierung. Die Regierung
regiert das Land. Was wollt Ihr mehr???“
Die Menschen wollen mehr direkter Demokratie. „Dann sagt das Volk wo es lang geht!“, „Wir wollen
mitbestimmen und auch was zu sagen haben!“, etc ...
Die Forderungen sind schon richtig, aber bei genauer Betrachtung der Deutschen Diskussion nach
mehr direkter Demokratie fällt auf, dass es keine klaren Vorstellungen darüber gibt, wie solche
Instrumente gestaltet sein sollten oder über was Abgestimmt würde. Die Politik ist verunsichert,
sieht sich und ihre Kompetenzen in Frage gestellt und reagiert ihrerseits mit Zurückhaltung oder
gar Ablehnung. Zudem herrscht ein Begriffswirrwarr: Direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung,
Bürgerentscheid, Bürgerbefragung, Bürgerbegehren, Abstimmung, Plebiszit, Volksgesetzgebung,
drei-stufiges-Gesetzgebungsverfahren, Referendum, Quoren, Initiative, ... etc.
Liebe Leute, - so wird das nix! Zu viel, zu kompliziert, zu angreifbar und letztendlich zu wirkungslos.
Das System
Das System Regierung, Parlament und Parteien vermag nicht eine Demokratie zu gewährleisten,
wenn Demokratie ein System sein soll das den Staat in seinem Inneren nicht auseinandertreibt.
Wenn aber breite Kreise in der Bevölkerung aus Verdruss nicht mehr zu den Wahlen geht, so ist
der schlimmste Schaden für ein System, dass Demokratie sein will schon eingetreten. Schachtschneider
schimpft die BRD einen Parteienstaat und bekennt sich öffentlich als Nichtwähler.
Ist die Bundsrepublik nun eine Demokratie oder nicht?
Ich befürchte - sie ist "noch" keine. Aber dem GG nach, will sie eine sein.
Die Schweiz
Das politische System der Schweiz ist dem Deutschen sehr ähnlich. Beide sind Bundesstaaten
mit eine Regierung und einem zwei-Kammer-Parlament. Und doch verhält sich die Politik in der Schweiz
ganz anders. Es gibt keine Koalition und folglich auch keine Opposition. Die Regierung ist von den
Parteispitzen unabhängig und wird vom Parlament kontrolliert. Hauptgrund hierfür ist, dass neben
Regierung, Parlament und Parteien noch eine vierte Kraft auf das System einwirkt. Der Souverän.
Bis hier hin soll es mal gut sein.
Danke fürs lesen
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