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Michail Alexandrowitsch Bakunin ... natürlich Anarcho
Michail Alexandrowitsch Bakunin
1814 – 1876
Der Bakunin ... für die Einen ein intriganter Mörder, für die anderen ein Held ... in Askese mit Sekt, Austern und Tabak übender Revoluzionär, Feindbild der Marxisten und des Establishments, Aristrokrat, gesuchter Verbrecher ... Verehrt durch Richard Wagner, Revolutionsreisender mit Ziel die nächste Barrikade ... langhaariger Freak mit Bart, immer blank ... wer oder was ist denn nun dieser Bakunin?
Um zunächst mit einem Vorurteil aufzuräumen. Bakunin wurde nachgesagt ein Büchlein geschrieben zu haben, was diverseste Arten des Terrors und heimtückischen Mordes mit Gift u.ä. beschreibt. Dies war nicht der Fall, das Horrormanual „Prinzipien der Revolution“ stammt nicht aus Bakunins Feder, sondern eines gewissen Netschajew, der diese Fibel unter Bakunins Namen in Rußland in Umlauf brachte. Ein schriftliches Dementi und eine Distanzierung von dieser Fibel des Grauens 1870 wurde von Bakunins Gegnern geflissentlich übersehen, denn es macht ja viel mehr Sinn, den Gegner als menschenverachtend zu diskreditieren, dann muß man sich ja nicht mit Inhalten auseinander setzen. Auch hier spielt ein gewisser Typ aus Trier wieder mal eine etwas unrühmliche Rolle ... der olle Marx wird noch öfters auftauchen, befürchte ich.
Bakunin war zunächst einmal ein Sponti. Theorien, Ethik, eine geschlossene Philosophie sucht man vergebens. Er war der Überzeugung, daß sich aus Aktionen und konkretem Handeln Regeln von selber ergeben werden. Nur, daß er keine abgeschlossene Arbeit über Ethik geschrieben hat, bedauerte er auf seinem Sterbebett.
Der Grunddissenz zu den Marxisten liegt in folgender Überlegung Bakunins:
„Sie [Marxisten, damals als Replik zu Lawrow] verstehen nicht, daß das Denken .. sich aus dem Leben ergibt und daß man, um das Denken zu ändern, zunächst das Leben ändern muß ...“
Also genau der umgekehrte Ansatz, denn Marx forderte die wissenschaftliche Bildung des Volkes durch eine elitäre Gruppe um hernach eine Entwicklung zu einer anderen Gesellschaft zu bekommen. Ein Trugschluß, dem immer wieder Leute aufsitzen.
Der zweite, wesentliche Dissenz ist weniger offensichtlich. Die Idee des Sozialismus ist für Bakunin eine Möglichkeit von vielen, zwar erstrebenswert, aber halt nicht eine klare geschichtliche Konsequenz, wohingegen Marx in seiner Denkrichtung eine geschichtlichen Absolutheitsanspruch und eine klare Notwendigkeit eben der zukünftigen Entwicklung hin zu seinem Sozialismus sieht.
Entsprechend unterschiedlich ist die Herangehensweise. Bakunin propagiert die freie Assoziation der Menschen und stellt seinen kollektivistischen Sozialismus/Anarchismus zur Diskussion als Möglichkeit. Gegenüber Proudhon setzt er sich etwas ab indem er Eigentum als kollektives Eigentum definiert, Besitz sieht er ähnlich Proudhons Ansatz. Das Kollektiv bekommt eine wesentlich stärkere Bedeutung und wird in Bakunins Ideen eher Lebensinhalt der Individuen. Damit setzt er sich klar von Stirner und Godwin ab.
Er lebt am Ende seines Lebens in der Schweiz, vorher allerdings reist er von Aufstand zu Aufstand, von Barrikade zu Barrikade, von Agitation zu Agitation. In vielen Ländern gesucht, in einigen mit der Todesstrafe belegt, einige Jahre Knast in Sibirien, Flucht über Japan und USA, wieder zurück nach Europa ...
Im Schweizer Jura lernt er von der genossenschaftlich organisierten Uhrmachergilde, Kern der Federation Jurassienne, einer anarchistischen Vereinigung, die die Zeitschrift Liberte` herausgibt, in der Bakunin als Redakteur arbeitet. Er trifft in Italien Garibaldi und Mazzini, organisiert in Italien und Spanien die IAA (Internationalen Arbeiter-Assoziation) (deutsche Sektion heute FAU), verfaßt in Neapel die sog. „neapolitanischen Schriften“ und den „Revolutionären Katechismus“.
Die permanente Auseinandersetzung mit diversen Lebensentwürfen und Ideen verändern Bakunin nachhaltig. Vom zunächst geheimbündlerischen Aktivisten, der von einer schlagkräftigen revolutionären Elite träumt, hin zu einem, der akzeptiert, daß es zig unterschiedliche Lebensszenarien gibt, die jede für sich genommen einfach eine Daseinsberechtigung hat. Er schreibt in einer Abhandlung 1865 in Neapel:
„Die Freiheit jedes mündigen Individuums, Mann oder Frau, muß absolut und vollständig sein; Freiheit, zu gehen und zu kommen, laut jede Meinung auszusprechen, faul oder fleißig, unmoralisch oder moralisch zu sein, mit einem Wort: über die eigene Person und den eigenen Besitz nach Belieben zu verfügen, ohne jemanden Rechenschaft abzulegen .... Die Freiheit kann und soll sich nur durch die Freiheit verteidigen, und es ist ein gefährlicher Widersinn, sie zu beeinträchtigen unter dem Schein blendenden Vorwand, sie zu beschützen.“
Der Zusammenschluß in der freien Gewerkschaft (IAA) mit ihren anarchistischen Prägungen und mit den Sozialisten um Marx zur ersten Internationalen mußte bei den sehr unterschiedlichen Ansätzen scheitern.
Die Antiautoritären rund um Bakunin hatten für den „wissenschaftlichen Sozialismus“ und der Forderung nach der richtigen Gesinnung nebst entsprechender Elitebildung ... nur ein müdes Lächeln übrig. Der Streit wurde jedoch nicht offen ausgetragen, sondern war ein schleichender Prozeß. So verhinderte Marx u.a. daß die erste Internationale beschloß, das Erbrecht abzuschaffen, schließlich war dies eine Idee Proudhons.
Auch die unverholene Unterstützung Preußens durch Marx, statt Unterstützung der Commune in Paris, die intrigante Art der Blanquisten, die gem. Marx eine revolutionäre Diktatur geschulter Kader zum „Wohle“ des Volkes durchsetzen wollten ... all dies machte den Syndikalisten der IAA klar, daß eine Zusammenarbeit mit dem „wissenschaftlichen Sozialismus“ wohl eher unsinnig ist.
Noch klarer wurde dies, als Marx zu einer Geheimkonferenz nach London rief, natürlich ohne Bakunin und andere Anarchisten zu informieren um maßgebliche Statuten zu verändern, so wurde die Autonomie der Sektionen aufgehoben und dem Diktat des Generalrates unterstellt.
1882 wurde Bakunin aus der Internationalen ausgeschlossen, 22 regulär gewählte Deligierte und 40 von Marx und Engels Gnaden ernannte Deligierte stimmten mehrheitlich für den Ausschluß in Den Haag.
Bakunins Kommentar zu diesem "Sieg“ durch Marx: „Das Damokles-Schwert, mit dem sie uns so lange bedroht haben, ist endlich auf unsere Häupter herabgefallen. Genau genommen ist es gar kein Schwert, sondern die übliche Waffe des Herrn Marx: ein Kübel Dreck“
Die Chance eines Zusammenschlusses wurde vertan, gescheitert an Machtinteressen einer kleinen Clique. 1873 gründeten die syndikalistischen Gewerkschaften ihre eigene Internationale, die bis heute besteht.
Die Marxsche Internationale wurde 1876 in Philadelphia sang und klanglos zu Grabe getragen.
Michail Alexandrowitsch Bakunin
1814 – 1876
Der Bakunin ... für die Einen ein intriganter Mörder, für die anderen ein Held ... in Askese mit Sekt, Austern und Tabak übender Revoluzionär, Feindbild der Marxisten und des Establishments, Aristrokrat, gesuchter Verbrecher ... Verehrt durch Richard Wagner, Revolutionsreisender mit Ziel die nächste Barrikade ... langhaariger Freak mit Bart, immer blank ... wer oder was ist denn nun dieser Bakunin?
Um zunächst mit einem Vorurteil aufzuräumen. Bakunin wurde nachgesagt ein Büchlein geschrieben zu haben, was diverseste Arten des Terrors und heimtückischen Mordes mit Gift u.ä. beschreibt. Dies war nicht der Fall, das Horrormanual „Prinzipien der Revolution“ stammt nicht aus Bakunins Feder, sondern eines gewissen Netschajew, der diese Fibel unter Bakunins Namen in Rußland in Umlauf brachte. Ein schriftliches Dementi und eine Distanzierung von dieser Fibel des Grauens 1870 wurde von Bakunins Gegnern geflissentlich übersehen, denn es macht ja viel mehr Sinn, den Gegner als menschenverachtend zu diskreditieren, dann muß man sich ja nicht mit Inhalten auseinander setzen. Auch hier spielt ein gewisser Typ aus Trier wieder mal eine etwas unrühmliche Rolle ... der olle Marx wird noch öfters auftauchen, befürchte ich.
Bakunin war zunächst einmal ein Sponti. Theorien, Ethik, eine geschlossene Philosophie sucht man vergebens. Er war der Überzeugung, daß sich aus Aktionen und konkretem Handeln Regeln von selber ergeben werden. Nur, daß er keine abgeschlossene Arbeit über Ethik geschrieben hat, bedauerte er auf seinem Sterbebett.
Der Grunddissenz zu den Marxisten liegt in folgender Überlegung Bakunins:
„Sie [Marxisten, damals als Replik zu Lawrow] verstehen nicht, daß das Denken .. sich aus dem Leben ergibt und daß man, um das Denken zu ändern, zunächst das Leben ändern muß ...“
Also genau der umgekehrte Ansatz, denn Marx forderte die wissenschaftliche Bildung des Volkes durch eine elitäre Gruppe um hernach eine Entwicklung zu einer anderen Gesellschaft zu bekommen. Ein Trugschluß, dem immer wieder Leute aufsitzen.
Der zweite, wesentliche Dissenz ist weniger offensichtlich. Die Idee des Sozialismus ist für Bakunin eine Möglichkeit von vielen, zwar erstrebenswert, aber halt nicht eine klare geschichtliche Konsequenz, wohingegen Marx in seiner Denkrichtung eine geschichtlichen Absolutheitsanspruch und eine klare Notwendigkeit eben der zukünftigen Entwicklung hin zu seinem Sozialismus sieht.
Entsprechend unterschiedlich ist die Herangehensweise. Bakunin propagiert die freie Assoziation der Menschen und stellt seinen kollektivistischen Sozialismus/Anarchismus zur Diskussion als Möglichkeit. Gegenüber Proudhon setzt er sich etwas ab indem er Eigentum als kollektives Eigentum definiert, Besitz sieht er ähnlich Proudhons Ansatz. Das Kollektiv bekommt eine wesentlich stärkere Bedeutung und wird in Bakunins Ideen eher Lebensinhalt der Individuen. Damit setzt er sich klar von Stirner und Godwin ab.
Er lebt am Ende seines Lebens in der Schweiz, vorher allerdings reist er von Aufstand zu Aufstand, von Barrikade zu Barrikade, von Agitation zu Agitation. In vielen Ländern gesucht, in einigen mit der Todesstrafe belegt, einige Jahre Knast in Sibirien, Flucht über Japan und USA, wieder zurück nach Europa ...
Im Schweizer Jura lernt er von der genossenschaftlich organisierten Uhrmachergilde, Kern der Federation Jurassienne, einer anarchistischen Vereinigung, die die Zeitschrift Liberte` herausgibt, in der Bakunin als Redakteur arbeitet. Er trifft in Italien Garibaldi und Mazzini, organisiert in Italien und Spanien die IAA (Internationalen Arbeiter-Assoziation) (deutsche Sektion heute FAU), verfaßt in Neapel die sog. „neapolitanischen Schriften“ und den „Revolutionären Katechismus“.
Die permanente Auseinandersetzung mit diversen Lebensentwürfen und Ideen verändern Bakunin nachhaltig. Vom zunächst geheimbündlerischen Aktivisten, der von einer schlagkräftigen revolutionären Elite träumt, hin zu einem, der akzeptiert, daß es zig unterschiedliche Lebensszenarien gibt, die jede für sich genommen einfach eine Daseinsberechtigung hat. Er schreibt in einer Abhandlung 1865 in Neapel:
„Die Freiheit jedes mündigen Individuums, Mann oder Frau, muß absolut und vollständig sein; Freiheit, zu gehen und zu kommen, laut jede Meinung auszusprechen, faul oder fleißig, unmoralisch oder moralisch zu sein, mit einem Wort: über die eigene Person und den eigenen Besitz nach Belieben zu verfügen, ohne jemanden Rechenschaft abzulegen .... Die Freiheit kann und soll sich nur durch die Freiheit verteidigen, und es ist ein gefährlicher Widersinn, sie zu beeinträchtigen unter dem Schein blendenden Vorwand, sie zu beschützen.“
Der Zusammenschluß in der freien Gewerkschaft (IAA) mit ihren anarchistischen Prägungen und mit den Sozialisten um Marx zur ersten Internationalen mußte bei den sehr unterschiedlichen Ansätzen scheitern.
Die Antiautoritären rund um Bakunin hatten für den „wissenschaftlichen Sozialismus“ und der Forderung nach der richtigen Gesinnung nebst entsprechender Elitebildung ... nur ein müdes Lächeln übrig. Der Streit wurde jedoch nicht offen ausgetragen, sondern war ein schleichender Prozeß. So verhinderte Marx u.a. daß die erste Internationale beschloß, das Erbrecht abzuschaffen, schließlich war dies eine Idee Proudhons.
Auch die unverholene Unterstützung Preußens durch Marx, statt Unterstützung der Commune in Paris, die intrigante Art der Blanquisten, die gem. Marx eine revolutionäre Diktatur geschulter Kader zum „Wohle“ des Volkes durchsetzen wollten ... all dies machte den Syndikalisten der IAA klar, daß eine Zusammenarbeit mit dem „wissenschaftlichen Sozialismus“ wohl eher unsinnig ist.
Noch klarer wurde dies, als Marx zu einer Geheimkonferenz nach London rief, natürlich ohne Bakunin und andere Anarchisten zu informieren um maßgebliche Statuten zu verändern, so wurde die Autonomie der Sektionen aufgehoben und dem Diktat des Generalrates unterstellt.
1882 wurde Bakunin aus der Internationalen ausgeschlossen, 22 regulär gewählte Deligierte und 40 von Marx und Engels Gnaden ernannte Deligierte stimmten mehrheitlich für den Ausschluß in Den Haag.
Bakunins Kommentar zu diesem "Sieg“ durch Marx: „Das Damokles-Schwert, mit dem sie uns so lange bedroht haben, ist endlich auf unsere Häupter herabgefallen. Genau genommen ist es gar kein Schwert, sondern die übliche Waffe des Herrn Marx: ein Kübel Dreck“
Die Chance eines Zusammenschlusses wurde vertan, gescheitert an Machtinteressen einer kleinen Clique. 1873 gründeten die syndikalistischen Gewerkschaften ihre eigene Internationale, die bis heute besteht.
Die Marxsche Internationale wurde 1876 in Philadelphia sang und klanglos zu Grabe getragen.