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Hier mal ein hochinteressanter Artikel über die Ursachen von niedrigen Kapital-Renditen aus dem Mainstream. Ich habe seit längerem den starken Eindruck, das ein Umdenken stattfindet. Die richtigen Zusammenhänge werden zunehmend erkannt und erstmals richtig darauf reagiert. Ohne die Liquiditätskosten auf Zentralbankeinlagen, welche Seitens der EZB seit immerhin 5 Jahren erhoben werden, sähe die Lage heute in vielen Gemeinden dramatisch aus. An einem Kurswechsel ist nicht zu denken, das wäre gar nicht mehr finanzierbar.
Hier der neue Artikel aus süddeutsche.de::
Ist die EZB gar nicht schuld an den niedrigen Zinsen?
Banken, Versicherungen und Sparer sehen einen Schuldigen, der für die niedrigen Zinsen verantwortlich ist: die Europäische Zentralbank (EZB).
• Doch Fachleute diskutieren gerade, ob nicht die ökonomischen Umstände dafür verantwortlich sind; Ein zu hohes Angebot an Ersparnissen steht zu wenig Nachfrage nach Krediten gegenüber.
• Gründe dafür liegen in der Demografie, einem gewachsenen Sparwille und der Digitalisierung.
Für Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis ist die Sache klar: "Lieber Herr Draghi", schrieb er vor Kurzem in einem offenen Brief an den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). "Was Sie tun, ist falsch. Sie haben den Zins abgeschafft. Es ist Zeit umzukehren." So wie Schleweis denken in Deutschland viele Banken und Versicherungen, viele Sparer und Versicherte. Die EZB war es, die den Zins auf null gesenkt, die Finanzmärkte mit Geld überschwemmt und die Sparer um ihre Erträge gebracht*hat.
Doch was wäre, wenn gar nicht Mario Draghi schuld wäre? Wenn er ein Opfer der ökonomischen Umstände wäre und gar nicht anders könnte? Wenn es so etwas wie einen natürlichen Zins gäbe, an dem sich die Notenbank orientieren*muss?
Genau diese Diskussion wird derzeit unter Fachleuten geführt, und sie nimmt gerade Fahrt auf. Immer häufiger taucht das Konzept des "natürlichen Zinses" auf, das der schwedische Ökonom Knut Wicksell bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte. Er definierte den natürlichen Zins als jene Rate, bei der der Gütermarkt im Gleichgewicht und das Preisniveau stabil sind. Es ist demnach ein Zins, der um konjunkturelle Einflüsse, Schwankungen der Preise und Eingriffe der Notenbanken bereinigt*ist.
Ein hohes Angebot an Ersparnissen steht einer niedrigen Nachfrage nach Krediten gegenüber
Der Grundgedanke ist, dass der natürliche Zins sich in einer Volkswirtschaft durch einen komplizierten Prozess aus Angebot und Nachfrage bildet. Das Angebot sind die Ersparnisse der Bürger, die Nachfrage sind die Kredite, die vor allem Unternehmen aufnehmen, um zu investieren. Der natürliche Zins vermittelt zwischen beidem, er gleicht Angebot und Nachfrage aus. Er ist, so die Annahme, in den vergangenen Jahren deshalb gesunken, weil das Angebot gestiegen ist und die Nachfrage nachgelassen*hat.
Das hat zunächst einmal demografische Ursachen. Die Generation der Babyboomer, die langsam in die Rente kommt, konsumiert heute weniger und spart mehr als frühere Generationen, auch weil sie fürchtet, dass die staatliche Rente künftig nicht mehr reicht. Auch in den USA sparen die Bürger heute fast ein Zehntel ihres Einkommens, vor zehn Jahren lag die Sparquote noch im negativen*Bereich.
Auf der anderen Seite fragen Unternehmen nicht mehr so viel Kredite nach wie früher. Ökonomen erklären sich dies damit, dass die digitalisierte Wirtschaft weit weniger kapitalintensiv ist. Ein Konzern wie Facebook braucht nur ein Verwaltungsgebäude und nicht ein weltweites Netz von Fabriken wie ein*Automobilkonzern.
Vor etwa fünf Jahren tauchte das Konzept des "natürlichen Zinses" in der Diskussion um die Geldpolitik auf. Richtig Karriere macht der Begriff seit Anfang dieses Jahres, in dem die Zinsen noch einmal stark gesunken sind, weil die Notenbanken die Zinswende abgesagt haben. Inzwischen notiert in Europa ein Drittel aller Staatsanleihen im negativen Bereich, weltweit sind es Papiere im Wert von 15 Billionen Dollar. Die Welt versinkt in einem Ozean von fallenden und negativen Zinsen, und in dieser Welt spült es den Begriff vom "natürlichen Zins" nach oben. Auch auf dem Treffen internationaler Notenbanker am vorletzten Wochenende in Jackson Hole spielte er eine wichtige*Rolle. (…) https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ezb-natuerlicher-zins-1.4583083
Der Text geht noch weiter, aber die Grundaussage, das der Kapitalmarktzins von Angebot & Nachfrage auf den Märkten Abhängig ist, deckt sich völlig mit den Aussagen der Freiwirtschaftslehre. Welche gewaltige Kraft hinter solchen Marktverhältnissen steht, hat mir die Tage unverhofft ein Bekannter offenbart, der in der Baubranche tätig ist.
Ich hatte erzählt, das die Kreditzinsen aufgrund des Überangebots von Ersparnissen stark gesunken sind, und die Bauunternehmer sich die Zinsen der Sparer in die Tasche stecken. Immerhin haben sich die Preise für Immobilien in den letzten Jahren locker verdoppelt. Eigentlich müssten neue Bauunternehmen wie Pilze aus dem Boden schießen, das Angebot vergrößern, und die Preise normalisieren. Ich hatte mich gewundert das dieser Trend noch nicht, oder kaum zu beobachten ist. Mein Bekannter sagte das läge am Fachkräftemangel. Er verdient seit ein paar Monaten plötzlich 2 Eure mehr die Stunde, sein Chef hat die freiwillig(!), ohne das diesbezüglich ein Wort gefallen wäre auf die Lohnabrechnung gesetzt. Begründung: „Damit ihr mir nicht abhaut!“
Sinkende Zinsen sorgen also für höhere Löhne, sofern Investitionen dank Liquiditätskosten trotzdem stattfinden. Zwei Euro mehr die Stunde ist schon eine Ansage, ohne das auch nur ansatzweise dafür „gekämpft“ worden wäre. Den „Klassenkampf“ gibt es demnach gar nicht. Ist alles eine Sache von Angebot und Nachfrage unter den richtigen Rahmenbedingungen. Wenn das die Kommunisten & Gewerkschaften wüssten..
Hier der neue Artikel aus süddeutsche.de::
Ist die EZB gar nicht schuld an den niedrigen Zinsen?
Banken, Versicherungen und Sparer sehen einen Schuldigen, der für die niedrigen Zinsen verantwortlich ist: die Europäische Zentralbank (EZB).
• Doch Fachleute diskutieren gerade, ob nicht die ökonomischen Umstände dafür verantwortlich sind; Ein zu hohes Angebot an Ersparnissen steht zu wenig Nachfrage nach Krediten gegenüber.
• Gründe dafür liegen in der Demografie, einem gewachsenen Sparwille und der Digitalisierung.
Für Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis ist die Sache klar: "Lieber Herr Draghi", schrieb er vor Kurzem in einem offenen Brief an den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). "Was Sie tun, ist falsch. Sie haben den Zins abgeschafft. Es ist Zeit umzukehren." So wie Schleweis denken in Deutschland viele Banken und Versicherungen, viele Sparer und Versicherte. Die EZB war es, die den Zins auf null gesenkt, die Finanzmärkte mit Geld überschwemmt und die Sparer um ihre Erträge gebracht*hat.
Doch was wäre, wenn gar nicht Mario Draghi schuld wäre? Wenn er ein Opfer der ökonomischen Umstände wäre und gar nicht anders könnte? Wenn es so etwas wie einen natürlichen Zins gäbe, an dem sich die Notenbank orientieren*muss?
Genau diese Diskussion wird derzeit unter Fachleuten geführt, und sie nimmt gerade Fahrt auf. Immer häufiger taucht das Konzept des "natürlichen Zinses" auf, das der schwedische Ökonom Knut Wicksell bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte. Er definierte den natürlichen Zins als jene Rate, bei der der Gütermarkt im Gleichgewicht und das Preisniveau stabil sind. Es ist demnach ein Zins, der um konjunkturelle Einflüsse, Schwankungen der Preise und Eingriffe der Notenbanken bereinigt*ist.
Ein hohes Angebot an Ersparnissen steht einer niedrigen Nachfrage nach Krediten gegenüber
Der Grundgedanke ist, dass der natürliche Zins sich in einer Volkswirtschaft durch einen komplizierten Prozess aus Angebot und Nachfrage bildet. Das Angebot sind die Ersparnisse der Bürger, die Nachfrage sind die Kredite, die vor allem Unternehmen aufnehmen, um zu investieren. Der natürliche Zins vermittelt zwischen beidem, er gleicht Angebot und Nachfrage aus. Er ist, so die Annahme, in den vergangenen Jahren deshalb gesunken, weil das Angebot gestiegen ist und die Nachfrage nachgelassen*hat.
Das hat zunächst einmal demografische Ursachen. Die Generation der Babyboomer, die langsam in die Rente kommt, konsumiert heute weniger und spart mehr als frühere Generationen, auch weil sie fürchtet, dass die staatliche Rente künftig nicht mehr reicht. Auch in den USA sparen die Bürger heute fast ein Zehntel ihres Einkommens, vor zehn Jahren lag die Sparquote noch im negativen*Bereich.
Auf der anderen Seite fragen Unternehmen nicht mehr so viel Kredite nach wie früher. Ökonomen erklären sich dies damit, dass die digitalisierte Wirtschaft weit weniger kapitalintensiv ist. Ein Konzern wie Facebook braucht nur ein Verwaltungsgebäude und nicht ein weltweites Netz von Fabriken wie ein*Automobilkonzern.
Vor etwa fünf Jahren tauchte das Konzept des "natürlichen Zinses" in der Diskussion um die Geldpolitik auf. Richtig Karriere macht der Begriff seit Anfang dieses Jahres, in dem die Zinsen noch einmal stark gesunken sind, weil die Notenbanken die Zinswende abgesagt haben. Inzwischen notiert in Europa ein Drittel aller Staatsanleihen im negativen Bereich, weltweit sind es Papiere im Wert von 15 Billionen Dollar. Die Welt versinkt in einem Ozean von fallenden und negativen Zinsen, und in dieser Welt spült es den Begriff vom "natürlichen Zins" nach oben. Auch auf dem Treffen internationaler Notenbanker am vorletzten Wochenende in Jackson Hole spielte er eine wichtige*Rolle. (…) https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ezb-natuerlicher-zins-1.4583083
Der Text geht noch weiter, aber die Grundaussage, das der Kapitalmarktzins von Angebot & Nachfrage auf den Märkten Abhängig ist, deckt sich völlig mit den Aussagen der Freiwirtschaftslehre. Welche gewaltige Kraft hinter solchen Marktverhältnissen steht, hat mir die Tage unverhofft ein Bekannter offenbart, der in der Baubranche tätig ist.
Ich hatte erzählt, das die Kreditzinsen aufgrund des Überangebots von Ersparnissen stark gesunken sind, und die Bauunternehmer sich die Zinsen der Sparer in die Tasche stecken. Immerhin haben sich die Preise für Immobilien in den letzten Jahren locker verdoppelt. Eigentlich müssten neue Bauunternehmen wie Pilze aus dem Boden schießen, das Angebot vergrößern, und die Preise normalisieren. Ich hatte mich gewundert das dieser Trend noch nicht, oder kaum zu beobachten ist. Mein Bekannter sagte das läge am Fachkräftemangel. Er verdient seit ein paar Monaten plötzlich 2 Eure mehr die Stunde, sein Chef hat die freiwillig(!), ohne das diesbezüglich ein Wort gefallen wäre auf die Lohnabrechnung gesetzt. Begründung: „Damit ihr mir nicht abhaut!“
Sinkende Zinsen sorgen also für höhere Löhne, sofern Investitionen dank Liquiditätskosten trotzdem stattfinden. Zwei Euro mehr die Stunde ist schon eine Ansage, ohne das auch nur ansatzweise dafür „gekämpft“ worden wäre. Den „Klassenkampf“ gibt es demnach gar nicht. Ist alles eine Sache von Angebot und Nachfrage unter den richtigen Rahmenbedingungen. Wenn das die Kommunisten & Gewerkschaften wüssten..