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Der Fall Indi Gregory

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schelm65

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Zivilisationsbruch im Namen des Kindeswohls | https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/zivilisationsbruch-im-namen-des-kindeswohls/amp

Ein sehr interessanter, ethisch komplexer Fall, zu dem ich keine abschließende Meinung bisher habe.

Die Sicht der Autorin beschreibt der verlinkte Artikel, ihre Sicht und den folgenden Leserkommentar dagegen, erachte ich
beide argumentativ als sehr hochwertig :

Contra :

Berlindiesel :

" Ich beziehe hier genau die Gegenposition: Der „Zivilisationsbruch“ ist nicht, Leben, das sich nicht selbst erhalten kann (wie im Fall der kleinen Indi) sterben zu lassen, sondern der bedingungslose moralethische Grundsatz, jedes Leben um jedem Preis so lange wie möglich zu erhalten und zu verlängern. Der Fall steht exemplarisch für den westlichen Irrweg, statt (anstrengender und oft unbequemer, manchmal auch mit Schuldgefühlen beladener) Verantwortungsethik in reine, emotionalisierte Moralethik zu verfallen. Die ganze Corona-Hysterie, nebenbei, entsprang genau dieser totalen Nichtakzeptanz des Todes und der eigenen Vergänglichkeit.

Indi wurde nicht „ermordet“ oder fahrlässig getötet. Ihre autonome Lebensdauer, OHNE an eine Maschine angeschlossen zu sein, betrug genau 40 Minuten. Sie litt an einer angeborenen, tödlichen und nicht heilbaren Krankheit. Vor Erfindung der heutigen Hightech-Medizin wäre sie, so überhaupt lebend geboren, noch auf dem Kindbett verstorben. Zu diesen Zeiten kam es zu einer für heutige Menschen vermutlich unvorstellbaren und unerträglichen Auslese: Jedes dritte Kind überlebte erst gar nicht die ersten drei Lebensmonate, nur jedes dritte erreichte überhaupt nur das eigene fertile Lebensalter. Genau darum, nebenbei, wäre die moderne Kinderlosigkeit für jede menschliche Gemeinschaft eine tödliche Gefahr gewesen. Sie ist es ja auch noch heute, nur deswegen als nicht tödlich angesehen, weil die Selbstextinktion über Gebärverweigerung keine körperlichen Schmerzen verursacht und sich über mehrere Generationen erstreckt. Allerdings beginnen die Deutschen allmählich, die Kosten der Gebärverweigerung zu spüren, zuerst bei Rente und Arbeitskräftemangel. Mag sein, dass die Hysterie um Indis Tod auch ein Zeichen einer Gesellschaft ist, die nichts mehr so fürchten muss, wie den Tod.

Man nennt diesen Vorgang auch wissenschaftlich Auslese. Er ist für jede Spezies überlebensnotwendig, sonst degeneriert sie bis zur Extinktion. Es gibt immer Individuen, die so zur Welt kommen, dass die nicht oder nur schlecht überleben können. Sie sterben bald, und es überleben nur die, die stark genug sind, dass auch autonom tun zu können – weil es anders eben nicht geht, und weil alles andere die Gemeinschaft oder Spezies zu sehr schwächen würde.

Bei Herdentieren reißen Prädatoren stets nur die schwächsten, ältesten oder jüngsten, oder kranke Mitglieder der Herde. Die anderen zu reißen wäre für Prädatoren unökonomisch und eigene Verluste zu hoch. Weil das Angebot an reißbaren Opfern begrenzt ist, überleben umgekehrt auch nur die Mitglieder der Prädatoren, die gesund und kampfkräftig genug sind, um genug Nahrung reißen zu können. Wenn Löwen im Löwenrudel zu alt und schwach werden, sondern sie sich ab und sterben alsbald – nur so können sie dann noch ihrem Rudel nutzen. Andernfalls (was es als Variante auch gibt) müsste das Rudel diese Mitglieder aktiv vertreiben oder töten. Sonst geriete das ganze Rudel in Gefahr.

Indi stellte sicher keine „Gefahr“ für die britische Gesellschaft dar. ABER: Es gibt Millionen von Indis, deren primärer Nachteil ist, nicht ein süßes Baby mit Kulleraugen zu sein. Demente, die jahrelang mit großem Aufwand zu pflegen sind. Aber warum so weit gehen. Folgendes Gedankenspiel: 1) Was geschähe mit Brillenträgern, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage wäre, fehlsichtigen Menschen Sehhilfen zur Verfügung zu stellen? Bis ins 18. Jahrhundert hinein konnte starke Fehlsichtigkeit ein Todesurteil sein! 2) Seit Jahrzehnten ist eine Zunahme von angeborener Fehlsichtigkeit zu beobachten. Woher kommt das? Ich spreche nicht von der für die kommenden Jahrzehnte prognostizierten starken Zunahme von grauem Star wegen der exzessiven Bildschirmnutzung im digitalen Zeitalter. Antwort: Weil wir heute eben nahezu alle fehlsichtigen Kinder ins gebärfähige Alter bringen können, und diese ihre Fehlsichtigkeit weitervererben können. Kombiniert mit der minimalen Geburtenrate erfolgt also eine Negativauslese auf Fehlsichtigkeit. Die Natur hingegen würde fehlsichtige Menschen auslesen und nur solche überleben lassen, die ohne Sehhilfe auskommen. Das ist hart, aber – das ist die Natur! Und kein veganer Bowl oder Bio-Obst!

Man kann das alles goutieren, rechtfertigen, abbügeln, als „unmenschlich“ verdammen. Aber ich nehme mir das Recht heraus, hier gegenzuhalten.

Ich widerspreche nicht, dass jedes Leben gleich wertvoll ist. Aber nicht jedes Leben kann gleich, oder gleich lange überleben. Das ist, was wir Schicksal nennen. Sich dem entgegen zu stellen, hat genauso einen Preis, wie es nicht zu tun.

Indis Schicksal war, nicht lebensfähig zu sein. Ein früher Tod war ihr gewiss, und selbst wenn man ihr mit Hilfe teurer Apparatemedizin ein paar Jahre mehr Leben geschenkt hätte – wäre das in ihrem Sinne gewesen?
Ihr stand ein Leben in rein klinischer Umgebung bevor. Mehr als eine Viertelstunde weg von der Maschine, schon wäre ihr Körper irreparabel geschädigt gewesen. Ich appelliere an jeden, sich dabei in das Kind zu versetzen, als Drei- Vierjährige. Bliebe ihr wirklich verborgen, wie gesunde Altersgenossen in diesem Falle leben? Dass sie nie mit anderen Kindern spielen, herumtoben könnte? Was hätte man der dann schon ziemlich kranken Achtjährigen gesagt, dass ihr Leben nun leider leider zuende gehe, weil die Organe zu geschädigt seien für ein weiteres Überleben? Hätte sie „Danke für alles, nun aber ist es genug“ gesagt und wäre friedlich eingeschlafen? Würdet Ihr das tun? Ist das „menschlich“? Wäre es fair zu Indi, sie dazu zu zwingen – nur weil wir es können?

Oder ist es nicht bloß feige? Ich behaupte, und ich bin mir bewusst, dass das kontrovers ist: geholfen werden sollte nicht der todkranken Indi, sondern ihren Eltern – und der Gesellschaft! – den Tod ihres Kindes nicht aushalten zu müssen. Geholfen werden sollte einer Gesellschaft, die in wahrsten Sinne des Wortes Todesangst vor dem Tod hat. Weil sie nichts sonst hat außer der Kleinheit ihres eigenen Lebens.

Um das noch zu sagen; Gemäß meiner eigenen Definition dürfte es mich gar nicht in meinem Alter mehr geben, denn ich bin ebenfalls fehlsichtig. Spätestens seit ich 40 bin, wäre ich ohne Brille weder arbeits- noch sonst „in freier Wildbahn“ mehr überlebensfähig. Ich wäre mit 40 nicht schon gerne gegangen, aber wäre es mein Schicksal gewesen, wäre es an mir gewesen, das anzunehmen und auch hinzunehmen. Mir hätte es geholfen, dass ich Kinder habe und gewusst hätte, in ihnen lebe ich weiter. Aber auch ohne müsste ich und nur ich damit klarkommen. Andere sollten nie für mein Seelenheil leiden müssen. Haben wir nicht genau das gleiche Thema bei der Migrationsdebatte?

Darüber sollten wir nachdenken. Säkular und atheistisch, wie wir sind, haben wir keinen Gott mehr, zu dem wir um Vergebung und Weisheit beten können. So bleibt uns bloß die Herz-Lungen-Maschine und die emotionale Leere und Wut, wenn der Herr genommen hat, was er vorher gegeben hatte. Und wir, klein und hilflos, zurückgeblieben sind mit der Beschwerlichkeit des Daseins. "
 
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