Zweifeln sie ruhig, wie sonst sollte man Motivation zum erweiterten Denken bekommen, der Zweifel ist wie Nahrung, Grundvoraussetzung zum erweiterten Denken. Verwechseln wollen wir beide doch bitte garnichts, das innere ist so existent wie das äußere, oder die innere Seligkeit wie die logisch sichtbare Kausalität. Das reine Denken verzichtet auf Gefühle, nicht aber die Kreativität. Das reine Denken ist unvollständig, das reine >Fühlen< ebenfalls. >>Jeder Muslim, der hierher kommt, macht D nicht bunter, sondern schwärzer, mittelalterlicher.(Zweifler).<< ist ein Beispiel für unnötige Gefühlsduselei! Nun, die Frage wurde gestellt: was macht ein Genie aus, wie kann man erweitertes Denken beflügeln? Um sie zu ärgern, antworte ich romantisch darauf: Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und hebt die Welt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort (Eichendorff). Diese Wünschelrute brauchen sie schon für das erweiterte Denken.
So, jetzt komme ich endlich dazu, Dir zu antworten. Im Gegensatz zu der gewissen Tüllphilosophenzicke finde ich Deine Art zu schreiben angenehm und werthaltig.
Ok, mal schauen, was sich zu der Dichotomie zwischen "Bauch" (=Emotion=Hormone...) und "Großhirn" (=Logik=Verstand=Ratio...) überlegen lässt.
Es geht mir jetzt also darum, WAS eigentlich "erweitertes Denken" sein soll.
Unsere Tüllphilosophin meint damit offenbar den Sieg des lieben, warmen Bauches über die böse, kalte Ratio.
Du scheinst ihr darin zuzustimmen, aber im Gegensatz zu jener scheinst Du mir doch jemand zu sein, der Argumenten zugänglich ist - hoffentlich auch dann, wenn gewisse Argumente Deinem "Bauch" zuwiderlaufen...
Ich versuche jetzt mal, Entscheidungsalternativen auf verschiedenen Komplexitätsebenen zu untersuchen:
1) Physik, Chemie (Komplexitätsebene 1)
Wenn Du hier die Stichhaltigkeit einer Theorie bewerten willst, musst Du voll auf Ratio setzen.
Willst Du allerdings eine GANZ NEUE Idee (mittels Kreativität!) hervorbringen, dann ist INTUITION (=Bauch) sehr wichtig.
Aber, noch wichtiger: Die Ratio ist am Ende der Richter. Neue Wege als Idee(!) zu finden, ist Ratio + Bauch. Deren Bewertung und Nutzbarmachung (sozusagen der "Straßenbau") ist Ratio pur.
2) Biologie, Evolution (Komplexitätsebene 2)
Die Welt der biologischen Organismen (und vor allem deren Evolution) ist bis heute nicht annähernd so exakt wissenschaftlich verstanden, wie die Dinge aus Ebene 1.
Ist nun hier die Wichtigkeit der Bauch-Ebene größer als oben - wie man denken könnte?
Nein.
Denn es geht auch hier immer darum, zu erklären, was man beobachtet. Und dies kann immer nur die Ratio leisten.
Die Rolle der Intuition scheint mir hier sogar geringer zu sein, weil die biologische Ebene eine aus der Physik abgeleitete Ebene ist und daher anscheinend deutlich weniger "Intuition" benötigt, wenn Fortschritte gemacht werden sollen. Hier scheint mir viel mehr harte, rationale Forschungsarbeit vönnöten, als in Ebene 1.
3) "Organische" Medizin (Komplexitätsebene 3)
Wie Ebene 2, aber tendeziell noch mehr in Richtung Ratio.
4) "Psychische" Medizin, Psychologie (Komplexitätsebene 4)
Jetzt wird es spannend.
Keiner hat bisher das Wesen des Geistes (manche nennen es "Seele") verstanden.
Hier können wir unsere aus der Ebene 1 abgeleiteten Kenntnisse ÜBERHAUPT NICHT anwenden, auch wenn das manche Hirnforscher anders sehen.
Nun können wir lediglich gucken, welche Erfolge die Anwendung von Ratio bzw. Intuition beim Verstehen menschlichen (Re)Agierens gebracht hat.
Ratio:
Psychoanalyse, Psychologie, Psychotherapie
...
Diese sind wirksam, hilfreich, aber nicht zu 100%
Intuition:
Heiler, Schamanen, Pfaffen, whatever...
Hmmm, 50/50% würde ich sagen. Widerspruch erwartet.
5) Zwischenmenschliche Beziehungen, Gesellschaft (Komplexitätsebene 5):
Ratio:
Hier finde ich, dass Ratio wieder in der Bedeutung zulegt, weil mehr objektive Beobachtungen gemacht, ausgewertet und mit theoretischen Prognosen verglichen werden können.
Intuition:
Erscheint mir für die Bewertung gesamtgesellschaftlicher - vor allem ökonomischer - Entwicklungen irrelevant
Allerdings:
Das Verhalten großer Menschengruppen in Bezug auf massenpsychologische Phänomene ist rational kaum begreifbar und ÜBERHAUPT nicht prognostizierbar.
Hier wäre es angesichts dieses Defizits der Ratio wunderbar, könnten intuitive Ansätze da einspringen. Können sie aber nicht, wie man weiß.
So steht es in diesem Punkt leider 0:0
Was haben wir nach all dem?
Ratio gewinnt klar gegen Intuition.
Insbesondere kann Ratio zwar ohne Intuition gute Ergebnisse hervorbringen, aber umgekehrt geht das ganz schlecht, wie die Jahrtausende vor der Aufklärung hinlänglich gezeigt haben.
"Erweitertes Denken" erscheint mir daher umso "erweiterter", je mehr die Ratio das Denken (das Philosophieren) dominiert.
Zweifler