Jetzt hab ich das erst verstanden. Das ist natürlich Quatsch. Geteiltes Leid ist halbes Leid, wie schon das Sprichwort sagt. Nur frustriertes Mitleid ist unangenehm, wie frustrierte Lust oder frustrierter Hunger. Aber natürlich ist Hunger nicht unangenehm wenn ich was zu essen habe oder Mitleid wenn ich helfen kann.
Nicht in derselben Intensität aber das Leiden anderer ist unangenehm, wir leiden nicht gleich, aber mit. Deswegen auch Mitleid und nicht Gleichleid.
Nietzsche sieht es nun einmal so, dass keinem geholfen ist, so man, um es einmal ganz profan zu deuten versuchen, in des Wortes Bedeutung "mit leidet". Das kann natürlich nicht hilfreich sein, denn es lähmt schließlich dort, wo Energien und (tätige) Hilfe besser wären.
Das mit dem "geteilten Leid" als Spruch, dieses "ich fühle mit dir" ist durchaus sinnvoll, sagt es doch dem wirklich Leidenden, dass er nicht alleine ist. Oder besser wäre es: Ich verstehe dich. Ich kann dir deinen Kummer/Schmerz/seelisches oder körperliches Leiden nicht abnehmen. Und ich kann es auch nicht wirklich nachvollziehen, gerade eben, weil es nicht mein ureigenstes "Leiden" ist. Aber ich weiß oder kann mir vorstellen, dass es schlimm ist.
Eine "Gleichheit" der Empfindungen kann es natürlich nicht geben.
Für Nietzsche jedenfalls bedeutete Mitleid Schwäche.
Übrigens schrieb Seneca etwas sehr Interessantes, da Wahres?
<<Der Weise [...] fühlt kein Mitleid, weil dies ohne Leiden der Seele nicht geschehen kann. Alles andere, das meiner Ansicht nach die Mitleidigen tun sollten, wird er gern und hochgemut tun: zu Hilfe kommen wird er fremden Tränen, aber sich ihnen nicht anschließen; reichen wird er die Hand dem Schiffbrüchigen, [...] dem Armen eine Spende geben, aber nicht eine erniedrigende, wie sie der größere Teil der Menschen, die mitleidig erscheinen wollen, hinwirft und damit die verachtet, denen er hilft.“<<
Allerdings möchte man dann vielleicht doch nicht "weise" sein, denn es scheint "Herzenskälte" zu meinen!?
Ein sehr interessantes Buch/Roman ist von dem Psychoanalytiker Irvin D. Yalom und heißt:
"Und Nietzsche weinte".