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Du schreibst ja sehr viel darüber, dass der Westen die DDR ausraubt bzw. ausgeraubt haben soll.
Schreib doch einmal, was es da auszurauben gab bzw. gibt.
Die meisten "Großstädte" der DDR waren doch bautechnisch in einem völlig desolaten Zustand, die DDR-Industrie nutzte doch für ihre Müllentsorgung jeglicher Art, die Natur.
Nachweislich hat doch der "große Bruder", die Russen, die DDR bis aufs Blut ausgeraubt und ausgebeutet.
Um diesen falschen Glaubensansatz von der angeblichen "Ausraubung" mal mit einem praktischen und realen Beispiel zu illustrieren, nehme ich das Schicksal des berühmten Jenaer Optik-Konzerns Zeiss-Jena und seinem westdeutschen Ableger Zeiss Oberkochen/Göttingen.
Kurz nach Kriegsende flüchteten einige der früheren Jena-Mitarbeiter nach Westdeutschland und gründeten in Oberkochen aus dem Nichts eine neue Firma, die sie ebenfalls ZEISS nannten (was dann zu späteren Streitereien wegen der Markenrechte führte).
Im Laufe der Jahre etablierte sich Zeiss-West in den meisten Ländern des Westens zu einer sehr erfolgreichen Marke, während sich Zeiss-Jena ebenfalls einen guten Namen im Bereich des Comecon-Marktes machte.
Aber während Zeiss-West immer sehr auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit achtete, schwoll der Jenaer Betrieb auf einen gewaltigen Wasserkopf an, der unter richtiger Kalkulation weit jenseits von betriebswirtschaftlicher Vernunft agierte und bei dem keine Vollkostenrechnung stattfand.
Kurzes Resultat der langen Geschichte: Nach dem Mauerfall waren in Jena über 10.000 Arbeitskräfte mit der Produktion jener Erzeugnisse beschäftigt, die von Zeiss im schwäbischen Oberkochen mit nur einem Bruchteil an Mitarbeitern hergestellt werden konnten.
Das traurige Fazit: Zeiss-Oberkochen übernahm Zeiss-Jena und Letzteres musste wegen völliger Unrentabilität (gleichzeitig war nämlich auch der gesamte Comecon-Markt im Ostblock für die Jenaer Produkte komplett ersatzlos weggebrochen) quasi bis auf ein paar winzige Reste aufgegeben werden.
Der spätere Kurator und Quasi-Konkursverwalter für Zeiss-Jena, der früherere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth, hatte dann die undankbar Aufgabe, fast 10.000 Mtarbeiter von Zeiss-Jena entlassen zu müssen.
Dieses Beispiel soll zeigen, wie DDR-Betriebe überhaupt nicht für den Weltmarkt gerüstet waren und im Grunde genommen nur wegen ihrer starken Stellung im abgeschotteten Comecon-Markt hatten überleben können.