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Das Universum der Lügen - Ein Erfahrungsbericht aus der Welt wie sie nicht sein soll!
Vorerde: Ich lüge!
Jeder Mensch lügt. Ich lüge, Sie lügen, die Anderen lügen. Wir lügen, um unsere Ruhe zu haben oder weil es mit der Wahrheit nur Streit und Zank gibt. Wir lügen, um keine Nachteile zu haben oder in extremen Situationen das nackte Leben zu retten. Solche Lügen nennt man »Notlügen«, weil man sich gezwungen fühlt, zu lügen. Man würde doch viel lieber die Wahrheit sagen, doch dann bekommt das Gegenüber einen Anfall. Man würde doch viel lieber zu dem stehen, was man ist, doch dann terrorisiert einen die Gesellschaft oder eine Amok laufende Regierung lässt einen einsperren oder umbringen.
So rechtfertigen wir all unsere großen und kleinen Lügereien.
Dann gibt es da noch das Lügen um des eigenen Vorteils willen. Auch das tun wir nur zu oft. Wir verschweigen Abweichungen von einer ominösen »Norm« um leichter einen Job oder eine Wohnung zu bekommen oder um Bürgermeister oder Landeshauptmann zu werden.
Auch das rechtfertigen wir wieder vor uns und anderen.
Und merken dabei nicht, wie die Lügen langsam eine Eigendynamik gewinnen. Wir schaffen mit unseren Lügen ein Bild von der Welt, wo die Menschen Jahre oder Jahrzehnte brauchen, um zu erkennen, dass dieses Bild nicht stimmt. Aber selbst das rechtfertigen wir vor uns und anderen:
»Die Leute wollen belogen werden.«
»Wer die Wahrheit sagt, wird ausgelacht oder umgebracht.«
Nachdem wir unser Gewissen, sofern wir überhaupt noch eins haben, so beruhigt haben, lügen wir weiter. Schließlich haben wir damit Erfolg und arglose Zeitgenossen machen nur zu oft den Eindruck, als ob sie belogen werden wollen.
Wir lügen nicht mehr zum Schutz vor Nachteilen, wir lügen, weil wir uns so am einfachsten Vorteile verschaffen können. Wir belügen nicht mehr die Schergen einer Diktatur, die uns sonst umbringen würden, sondern wir belügen mit Vorliebe und ohne Zwang die Menschen, die uns vertrauen.
Als kleiner Polit-Kader belügen wir Menschen, die »etwas ändern wollen« oder die aus Verzweiflung über ihre Lebenssituation bei uns Rat suchen. Als so genannter »Experte« belügen wir die Menschen, die von uns Erklärungen und Handlungsanleitungen für knifflige politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Probleme suchen. Als religiöser Würdenträger belügen wir die Menschen, die in unsere Kultstätte kommen, um hier Gemeinschaft und Orientierung zu suchen. Als Philosoph belügen wir die Menschen, die in unseren Büchern Antworten auf die großen Fragen suchen. Als Naturwissenschaftler erfinden wir Beweise und Belege, damit man uns unsere Theorien glaubt. Als Politiker belügen wir die Menschen, die von uns Schwung und Tatkraft, Ideen und energische Führung erwarten.
Wir lügen so lange und so dreist, bis sich an uns der Spruch erfüllt: »Lügnern glaubt man nicht, auch wenn sie die Wahrheit sagen.«
War die Mondlandung ein Schwindel oder lügen die, das behaupten?
Angesichts der allgegenwärtigen Kultur der Lügen interessiert diese Frage niemanden wirklich. Die einen lügen, um den Nimbus einer historischen Großtat weiter zu behalten und die anderen lügen, weil sie gegen Raumfahrt sind. Zur Hohen Schule der Lüge gehört es, auch bei der Widerlegung einer Lüge selbst zu lügen. Man entlarvt einen Lügner, dessen Lügen zu offenkundig geworden sind, um an seiner Stelle die arglosen oder apathischen Menschen weiter zu täuschen.
Ich selbst habe es nie über das Stadium der Notlüge hinaus gebracht. Beim Vorstellungsgespräch habe ich meinen zukünftigen Chefs die Sachen verschwiegen, die sie sowieso nicht wissen wollten. Auf der Passiv-Seite gehöre ich ausgerechnet als gesellschaftlich interessierter und aktiver Mensch zu jenen Intellektuellen, die dann noch auf sich als Hoffnungsträger ausgebende Lügner hereinfallen, wenn einfache Menschen mit ihrem einfachen Verstand schon resigniert abwinken. Ich gehe noch wählen und habe sogar noch Hoffnungen auf Präsident Obama. So wie ich einmal auf Gerhard Schröder und Joschka Fischer gehofft hatte und in deren Seltsamkeiten nur normale Fehler und die Eitelkeiten von Spitzenpolitikern sah. Ehe als Fazit kam: »Der Schröder hat uns doch nur alle verarscht!«
Aber allmählich kommt bei mir die Götzendämmerung. Weil von der Partei bis zum Internet-Portal immer wieder das gleiche Schema arglistiger Täuschung oder »Täuschung der Arglosen« durchgespielt wird. Man ist ein bisschen naiv und passt nicht auf, hofft sogar auf etwas umsonst und bekommt dann auf die eine oder andere Art und Weise die Rechnung präsentiert. Wobei die Lügner noch sagen, dass man selbst schuld ist.
Die mir aus eigener Erfahrung, sozialwissenschaftlicher Analyse und als Zeitzeugin bekannten Täuschungen und Lügen sind so durchgehend und konsequent, dass sie ein komplettes Universum bilden. Ich frage mich da mit zunehmender Besorgnis, wie das in den Naturwissenschaften aussieht, wo ich als Laie deren Aussagen nur schwer überprüfen kann. So wie ich als Gesellschaftswissenschaftlerin die gesellschaftswissenschaftlichen Lügen entlarven kann, so braucht man Naturwissenschaftler, um ihre Kollegen beim Lügen zu ertappen.
In der Gesamtschau ergibt das in Anlehnung zu Wittgenstein als existenzielle Grundlage: »Die Welt ist das, was wir uns über sie zusammengelogen haben.« Ich habe mein Leben lang Halt bei diversen Autoritären und politischen Konzepten zu suchen. Um immer wieder enttäuscht zu werden. Hat man erst einmal jedes Vertrauen verloren, ist es erschreckend leicht, von Gott bis zum Bäcker jeden der Lüge zu bezichtigen.
Bleibt da noch Hoffnung?
Schließlich ist die Hoffnung das wirksamste und beliebteste Instrument der Täuschung. Aber die Hoffnung zu verwerfen und die Menschen aufzufordern, in der Hoffnungslosigkeit brav zu leiden, ist nur eine weitere Lüge. Die oben bereits erwähnte Widerlegung der Lüge durch eine andere Lüge. So ist es für uns gleichermaßen sinnlos zu hoffen oder auf Hoffnung zu verzichten. Den Lügnern ist beides Recht. Solange wir tun, was sie wollen.
© Beverly 2009 - zum Diskussionsstrang >
Das Universum der Lügen
Ein Erfahrungsbericht aus der Welt wie sie ist und nicht sein sollte
Ein Erfahrungsbericht aus der Welt wie sie ist und nicht sein sollte
Vorerde: Ich lüge!
Jeder Mensch lügt. Ich lüge, Sie lügen, die Anderen lügen. Wir lügen, um unsere Ruhe zu haben oder weil es mit der Wahrheit nur Streit und Zank gibt. Wir lügen, um keine Nachteile zu haben oder in extremen Situationen das nackte Leben zu retten. Solche Lügen nennt man »Notlügen«, weil man sich gezwungen fühlt, zu lügen. Man würde doch viel lieber die Wahrheit sagen, doch dann bekommt das Gegenüber einen Anfall. Man würde doch viel lieber zu dem stehen, was man ist, doch dann terrorisiert einen die Gesellschaft oder eine Amok laufende Regierung lässt einen einsperren oder umbringen.
So rechtfertigen wir all unsere großen und kleinen Lügereien.
Dann gibt es da noch das Lügen um des eigenen Vorteils willen. Auch das tun wir nur zu oft. Wir verschweigen Abweichungen von einer ominösen »Norm« um leichter einen Job oder eine Wohnung zu bekommen oder um Bürgermeister oder Landeshauptmann zu werden.
Auch das rechtfertigen wir wieder vor uns und anderen.
Und merken dabei nicht, wie die Lügen langsam eine Eigendynamik gewinnen. Wir schaffen mit unseren Lügen ein Bild von der Welt, wo die Menschen Jahre oder Jahrzehnte brauchen, um zu erkennen, dass dieses Bild nicht stimmt. Aber selbst das rechtfertigen wir vor uns und anderen:
»Die Leute wollen belogen werden.«
»Wer die Wahrheit sagt, wird ausgelacht oder umgebracht.«
Nachdem wir unser Gewissen, sofern wir überhaupt noch eins haben, so beruhigt haben, lügen wir weiter. Schließlich haben wir damit Erfolg und arglose Zeitgenossen machen nur zu oft den Eindruck, als ob sie belogen werden wollen.
Wir lügen nicht mehr zum Schutz vor Nachteilen, wir lügen, weil wir uns so am einfachsten Vorteile verschaffen können. Wir belügen nicht mehr die Schergen einer Diktatur, die uns sonst umbringen würden, sondern wir belügen mit Vorliebe und ohne Zwang die Menschen, die uns vertrauen.
Als kleiner Polit-Kader belügen wir Menschen, die »etwas ändern wollen« oder die aus Verzweiflung über ihre Lebenssituation bei uns Rat suchen. Als so genannter »Experte« belügen wir die Menschen, die von uns Erklärungen und Handlungsanleitungen für knifflige politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Probleme suchen. Als religiöser Würdenträger belügen wir die Menschen, die in unsere Kultstätte kommen, um hier Gemeinschaft und Orientierung zu suchen. Als Philosoph belügen wir die Menschen, die in unseren Büchern Antworten auf die großen Fragen suchen. Als Naturwissenschaftler erfinden wir Beweise und Belege, damit man uns unsere Theorien glaubt. Als Politiker belügen wir die Menschen, die von uns Schwung und Tatkraft, Ideen und energische Führung erwarten.
Wir lügen so lange und so dreist, bis sich an uns der Spruch erfüllt: »Lügnern glaubt man nicht, auch wenn sie die Wahrheit sagen.«
War die Mondlandung ein Schwindel oder lügen die, das behaupten?
Angesichts der allgegenwärtigen Kultur der Lügen interessiert diese Frage niemanden wirklich. Die einen lügen, um den Nimbus einer historischen Großtat weiter zu behalten und die anderen lügen, weil sie gegen Raumfahrt sind. Zur Hohen Schule der Lüge gehört es, auch bei der Widerlegung einer Lüge selbst zu lügen. Man entlarvt einen Lügner, dessen Lügen zu offenkundig geworden sind, um an seiner Stelle die arglosen oder apathischen Menschen weiter zu täuschen.
Ich selbst habe es nie über das Stadium der Notlüge hinaus gebracht. Beim Vorstellungsgespräch habe ich meinen zukünftigen Chefs die Sachen verschwiegen, die sie sowieso nicht wissen wollten. Auf der Passiv-Seite gehöre ich ausgerechnet als gesellschaftlich interessierter und aktiver Mensch zu jenen Intellektuellen, die dann noch auf sich als Hoffnungsträger ausgebende Lügner hereinfallen, wenn einfache Menschen mit ihrem einfachen Verstand schon resigniert abwinken. Ich gehe noch wählen und habe sogar noch Hoffnungen auf Präsident Obama. So wie ich einmal auf Gerhard Schröder und Joschka Fischer gehofft hatte und in deren Seltsamkeiten nur normale Fehler und die Eitelkeiten von Spitzenpolitikern sah. Ehe als Fazit kam: »Der Schröder hat uns doch nur alle verarscht!«
Aber allmählich kommt bei mir die Götzendämmerung. Weil von der Partei bis zum Internet-Portal immer wieder das gleiche Schema arglistiger Täuschung oder »Täuschung der Arglosen« durchgespielt wird. Man ist ein bisschen naiv und passt nicht auf, hofft sogar auf etwas umsonst und bekommt dann auf die eine oder andere Art und Weise die Rechnung präsentiert. Wobei die Lügner noch sagen, dass man selbst schuld ist.
Die mir aus eigener Erfahrung, sozialwissenschaftlicher Analyse und als Zeitzeugin bekannten Täuschungen und Lügen sind so durchgehend und konsequent, dass sie ein komplettes Universum bilden. Ich frage mich da mit zunehmender Besorgnis, wie das in den Naturwissenschaften aussieht, wo ich als Laie deren Aussagen nur schwer überprüfen kann. So wie ich als Gesellschaftswissenschaftlerin die gesellschaftswissenschaftlichen Lügen entlarven kann, so braucht man Naturwissenschaftler, um ihre Kollegen beim Lügen zu ertappen.
In der Gesamtschau ergibt das in Anlehnung zu Wittgenstein als existenzielle Grundlage: »Die Welt ist das, was wir uns über sie zusammengelogen haben.« Ich habe mein Leben lang Halt bei diversen Autoritären und politischen Konzepten zu suchen. Um immer wieder enttäuscht zu werden. Hat man erst einmal jedes Vertrauen verloren, ist es erschreckend leicht, von Gott bis zum Bäcker jeden der Lüge zu bezichtigen.
Bleibt da noch Hoffnung?
Schließlich ist die Hoffnung das wirksamste und beliebteste Instrument der Täuschung. Aber die Hoffnung zu verwerfen und die Menschen aufzufordern, in der Hoffnungslosigkeit brav zu leiden, ist nur eine weitere Lüge. Die oben bereits erwähnte Widerlegung der Lüge durch eine andere Lüge. So ist es für uns gleichermaßen sinnlos zu hoffen oder auf Hoffnung zu verzichten. Den Lügnern ist beides Recht. Solange wir tun, was sie wollen.
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