Moin,
in einem anderen Strang haben der User
@Woppadaq und ich Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Frage, ob Gutscheinmensch (Heuchler) oder bekennendes Arschloch zukunftssicherer sei.
Seine These:
"die meisten Menschen seien gut und nur wenige seien böse".
Ich paraphrasiere:
"Ich wäre ja gerne gut, wenn du nicht so böse wärst" .
Ja, und das nehm ich dir eben nicht ab.
So böse kann ich gar nicht sein, dass du nicht mehr mit mir redest oder streitest.
Dein Problem ist, dass du Gutsein als Schwäche betrachtest. Vertrauen betrachtest du als Bereitschaft, sich betrügen zu lassen. Liebe als Naivität. Freundlichen Umgangston als Heuchelei und Unehrlichkeit. Ehrlichkeit als Wehrlosigkeit. Die andere Wange hinhalten als Eingeständnis der eigenen Schwäche. Trinkgeld als Abzocke etc.
Wie willst du gut sein, wenn dich das Gutsein selbst anwidert? Wenn es dir kein inneres Bedürfnis ist, gut zu sein ?
Das ist die Falle, wo du anfängst aus guten Menschen schlechte zu machen, aus Jesus die Heuchelvariante des Satans.
Wenn ich davon ausgehe, dass es nur ganz wenige wirklich gute Leuchttürme in den Kloakensümpfen der Arschlöcher gibt,
dann müsste ich ja ein besonderer Narzisst sein, um mich selbst als ein solcher Leuchtturm zu empfinden.
Und wenn ich das dann täte, müsste ich mir die Frage gefallen lassen:
Sind besondere Narzissten nicht per se ganz besondere Arschlöcher?
Interessant ist, dass du eins nicht abstreitest: dass Gut und Böse vom jeweiligen Blickwinkel abhängen.
Der Narzisst lebt nach der Devise "Ich OK - du nicht", und natürlich hält er sich selbst für den einzig Guten. Je entkoppelter er selbst vom Rest der Menschheit lebt, desto wahrscheinlicher wird er zum Arschloch, sobald er mit anderen Menschen zu tun hat, die er selbstverständlich als Bedrohung/Konkurrenz betrachtet.
Deine Welt-Variante lautet eher "ich nicht OK - du auch nicht"- damit WEISST du, dass du ein Arschloch bist, oder erahnst es zumindest. Verteidigst das aber damit, dass die Anderen es ja auch sind. Was sie, möglicherweise, nur sind, weil du es eben ganz offen bist.
Du wirst das nicht immer sein, aber mir gehts um die grundsätzliche Lebenseinstellung und Weltsicht.
Was mich selbst angeht: Ich seh mich nicht als Narzisst, aber doch als bisweilen strategisches Arschloch. Zumindest dann, wenn ich Konfrontation zur Kommunikation nötig erachte. In der Regel versuch ich schon, eine sachliche Diskussion zu führen. Für mich gibts im Grunde keine schlechten Menschen, sondern nur massenweise Missverständnisse und Irrtümer.
Man muss fähig sein, Menschen ihre Irrtümer, Missläufe, Unverständnisse und Unfähigkeiten zu verzeihen, dann klapts auch mit dem "Ich OK - du auch". Mich zu enttäuschen ist keine Kunst. Deswegen merk ich mir die, die mich nicht enttäuscht haben.
Fazit:
Empathie, Augenhöhe und Interessenausgleich gelingt besser, wenn ich davon ausgehe, dass wir beide kleine fiese Arschlöcher sind.
Was spricht dagegen?
Aus Verhandlungs-Perspektive: nichts.
Ich bin halt nicht der, der den Rest der Menschheit auch so sieht. Das ist alles.