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Der Lenz ist da! Die Lenz´ sche Verkürzungslogik
Rüdiger Lenz bei der Montagsdemo am 14. April 2014 in Berlin
http://www.youtube.com/watch?v=nGif_1lPT3k
Rüdiger Lenz beschäftigte sich mit Therapien für Kriminelle, für Gewalttäter. Damit hat er sein Geld verdient. Welche Therapien braucht der Einzelne, wenn die Gesellschaft therapiebedürftig ist?
Lenz sagt, mit entsprechenden Therapieprogrammen könnte man „85 % aller Gewalttäter befrieden“. Wie soll das aussehen? Programme mögen sinnvoll für Maschinen sein- oder für Fernsehanstalten.
Was ist ein Programm? Der Begriff stammt aus dem Griechischen. Aus prógramma:„Vorgeschriebenes“, „Vorschrift“. Selbsternannte Experten haben für alles ein Programm, das sie gegen Bezahlung anderen vorschreiben. Sie schaffen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie sich honorieren lassen. Um sich dafür Markenwaren zu kaufen- siehe Rüdigers Kleidung- die andere Bedürfnisse wecken. Nein, nicht durch Vorschriften, nicht durch Programme können Gewalttäter befriedet werden. Eher durch Aufmerksamkeit, durch Empathie. Durch Sensibilität anderer.
Aggressivität, speziell positive Aggressivität bezeichnet Lenz als eigentliche Motivation. Er nennt das tiefenpsychologisch. Was gestern Neugier, Drang nach Lebenserhalt und Begeisterung war, ist also heute, dekretiert von Experten, Aggressivität.
Wenn ich meine „Ressourcen optimiere, komme ich an meine Potenzial“ (Lenz). Was ist das für ein Unsinn? Lenz scheint die Sprache der Neoliberalen angenommen zu haben. Optimierung der „Humanressource“? Kurz darauf widerspricht er sich selbst:
„Meine Meinung ist, dass jeder Mensch hoch begabt zur Welt kommt und dass er kaputt-optimiert wird. Das macht das System. Der Mensch verliert den Glauben an sich selbst.“
Zur Kaputt- Optimierung gehört jedoch auch, dass ein Gewalttäter mit einem „tiefenpsychologischen“ Programm befriedet und damit wieder sozial optimiert wird.
„Wenn Ihr funktionieren würdet, dann würdet ihr genau wie ich euch selbst auf den Weg machen und eure Potenziale und eure Ressourcen optimieren. Ihr würdet wie eine Pershing abgehen.“
Das sagt Lenz auf einer Friedensdemo. Seine Wortwahl ist beachtlich, schlägt ein „wie eine Bombe“. Sprache ist verräterisch. Wer von Programmen und der Funktionalität von Menschen spricht, verwechselt Computerprogramme mit der menschlichen Seele.
Lenz: „Es geht um den Urkonflikt. An dessen Lösung ist der Staat nicht interessiert, nur an den kollateralen Konflikten. Wenn der Urkonflikt gelöst ist, dann wären eure Ressourcen automatisch optimiert. Eure Potenzial- Entfalter- Kultur würde anfangen nach vorne zu streben.Wer mit seinen Konflikten umgehen kann, besitzt eine Bewältigungskompetenz. Und die braucht er. Etwa dann, wenn er auf der Autobahn mit 180 km/h einen Herzinfarkt erleidet.“
Welch eine Logik!
Abgesehen vom Herzinfarkt auf der Autobahn- was genau dieser Urkonflikt sein soll, darüber lässt uns Lenz im Dunkeln. Ist es der Urknall? Hat Lenz je etwas davon gehört, wie schon bei Säuglingen Verhaltensmuster anerzogen werden, etwa dadurch, dass eine Mutter ihrem Kind nicht liebevoll begegnet, ihm nicht ständig versichert, dass sie es liebt? Das wäre so ein Urkonflikt, ein echter.
Lenz: „Ich habe festgestellt, dass ich niemandes Herr sein kann. Ich kann kein Untertan sein, das geht nicht.“
Ein schönes Beispiel für die Lenz´sche Verkürzungslogik. Die an sich richtige Dialektik von Herr und Untertan wird bei den meisten Menschen jedoch gar nicht gesehen. Auf konkrete Fälle bezogen, stellt sie sich auch nicht unmittelbar her.
Dass der Konzernchef selbst unter Zwängen leidet, mag stimmen. Ihn aber dafür zu bedauern und als „menschlich verständlich“ zu betrachten, wenn er Arbeiter auspresst- denn er ist ja nur der Untertan seiner Eigentumsinteressen, der arme- wie sähe das wohl aus?
Lenz: „Die meisten Menschen passen sich ständig ihrer sozialen Umgebung an. Da herrscht Konformitätsdruck. Durch dieses sich selbst mit anderen gleich machen verliere ich mein eigenes Selbst. Nun fange ich an, mich über Ersatzbefriedigung zu identifizieren, über Konsum.“
Das ist richtig, Herr Wolfskin... ähm Lenz.
„Das Problem ist nicht, dass Hitler die Macht wollte. Das Problem ist, dass Millionen von ehrlichen, arbeitsamen Menschen ihm die Macht gegeben haben.“
Haben Sie das? Gab es da keine Zwischen- und Hintergrundlieferanten der Macht? Keine Industrie, keine Waffenproduzenten? Gab es keine Kommunisten und deren Sympathisanten, keine klar denkenden Menschen, die in Hitler schon vor 1933 das sahen, was er tatsächlich war?
„Ich gehe auch nicht wählen. Ich wähle mich jeden Tag selbst. Du kennst mich doch gar nicht, so wie ich dich nicht kenne. Warum solltest du mich wählen? Mach´s selbst.“
Wieder schön verkürzt. Und äußerst undifferenziert. Gibt es keinen Unterschied zwischen der Wahl eines Gemeinde- Bürgermeisters in einer Gesellschaft von 1000 Landbewohnern und der Bundestagswahl?
Lenz: „Oft werde ich gefragt, wie ich mit den Pädophilen umgehe, und mit den schlimmsten Mördern. Das geht nur über einen Weg: ich muss sie zu sich selbst zurückführen.“
So einfach ist das also. Warum beschreibt dann beispielsweise der Psychologe Arno Gruen verschiedenste Weigerungstechniken von seelisch deformierten Menschen, die nicht mit sich selbst allein sein können? Die selbst nach jahrelanger, als erfolgreich geltender Therapie ständig rückfällig werden, ob nun gewalttätig oder depressiv, am besten jedoch beides? Einfach deshalb, weil wir in unserer „Zivilisation“ systembedingt diese Deformationen am laufenden Band produzieren? Weil wir kein eigenes Selbst finden können, auf nichts stolz sein können, da unsere Menschlichkeit gar nicht gebraucht wird, wohl aber unser maschinenhaftes Funktionieren?
Lenz ist in der privilegierten Situation, von seiner Leidenschaft für Formulierungen und Gedankensprüngen leben zu können.
Lenz: „Ich mache keinen Job, der nichts mit mir zu tun hat“. Wieviele Menschen können das? Sollen sie alle Berater und Psychologen werden?
Lenz sagt am Schluss: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Frieden ist der Weg und das ist unsere Menschlichkeit.“ Das hätte ein Pfarrer nicht schöner sagen können. Amen.
Rüdiger Lenz bei der Montagsdemo am 14. April 2014 in Berlin
http://www.youtube.com/watch?v=nGif_1lPT3k
Rüdiger Lenz beschäftigte sich mit Therapien für Kriminelle, für Gewalttäter. Damit hat er sein Geld verdient. Welche Therapien braucht der Einzelne, wenn die Gesellschaft therapiebedürftig ist?
Lenz sagt, mit entsprechenden Therapieprogrammen könnte man „85 % aller Gewalttäter befrieden“. Wie soll das aussehen? Programme mögen sinnvoll für Maschinen sein- oder für Fernsehanstalten.
Was ist ein Programm? Der Begriff stammt aus dem Griechischen. Aus prógramma:„Vorgeschriebenes“, „Vorschrift“. Selbsternannte Experten haben für alles ein Programm, das sie gegen Bezahlung anderen vorschreiben. Sie schaffen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung sie sich honorieren lassen. Um sich dafür Markenwaren zu kaufen- siehe Rüdigers Kleidung- die andere Bedürfnisse wecken. Nein, nicht durch Vorschriften, nicht durch Programme können Gewalttäter befriedet werden. Eher durch Aufmerksamkeit, durch Empathie. Durch Sensibilität anderer.
Aggressivität, speziell positive Aggressivität bezeichnet Lenz als eigentliche Motivation. Er nennt das tiefenpsychologisch. Was gestern Neugier, Drang nach Lebenserhalt und Begeisterung war, ist also heute, dekretiert von Experten, Aggressivität.
Wenn ich meine „Ressourcen optimiere, komme ich an meine Potenzial“ (Lenz). Was ist das für ein Unsinn? Lenz scheint die Sprache der Neoliberalen angenommen zu haben. Optimierung der „Humanressource“? Kurz darauf widerspricht er sich selbst:
„Meine Meinung ist, dass jeder Mensch hoch begabt zur Welt kommt und dass er kaputt-optimiert wird. Das macht das System. Der Mensch verliert den Glauben an sich selbst.“
Zur Kaputt- Optimierung gehört jedoch auch, dass ein Gewalttäter mit einem „tiefenpsychologischen“ Programm befriedet und damit wieder sozial optimiert wird.
„Wenn Ihr funktionieren würdet, dann würdet ihr genau wie ich euch selbst auf den Weg machen und eure Potenziale und eure Ressourcen optimieren. Ihr würdet wie eine Pershing abgehen.“
Das sagt Lenz auf einer Friedensdemo. Seine Wortwahl ist beachtlich, schlägt ein „wie eine Bombe“. Sprache ist verräterisch. Wer von Programmen und der Funktionalität von Menschen spricht, verwechselt Computerprogramme mit der menschlichen Seele.
Lenz: „Es geht um den Urkonflikt. An dessen Lösung ist der Staat nicht interessiert, nur an den kollateralen Konflikten. Wenn der Urkonflikt gelöst ist, dann wären eure Ressourcen automatisch optimiert. Eure Potenzial- Entfalter- Kultur würde anfangen nach vorne zu streben.Wer mit seinen Konflikten umgehen kann, besitzt eine Bewältigungskompetenz. Und die braucht er. Etwa dann, wenn er auf der Autobahn mit 180 km/h einen Herzinfarkt erleidet.“
Welch eine Logik!
Abgesehen vom Herzinfarkt auf der Autobahn- was genau dieser Urkonflikt sein soll, darüber lässt uns Lenz im Dunkeln. Ist es der Urknall? Hat Lenz je etwas davon gehört, wie schon bei Säuglingen Verhaltensmuster anerzogen werden, etwa dadurch, dass eine Mutter ihrem Kind nicht liebevoll begegnet, ihm nicht ständig versichert, dass sie es liebt? Das wäre so ein Urkonflikt, ein echter.
Lenz: „Ich habe festgestellt, dass ich niemandes Herr sein kann. Ich kann kein Untertan sein, das geht nicht.“
Ein schönes Beispiel für die Lenz´sche Verkürzungslogik. Die an sich richtige Dialektik von Herr und Untertan wird bei den meisten Menschen jedoch gar nicht gesehen. Auf konkrete Fälle bezogen, stellt sie sich auch nicht unmittelbar her.
Dass der Konzernchef selbst unter Zwängen leidet, mag stimmen. Ihn aber dafür zu bedauern und als „menschlich verständlich“ zu betrachten, wenn er Arbeiter auspresst- denn er ist ja nur der Untertan seiner Eigentumsinteressen, der arme- wie sähe das wohl aus?
Lenz: „Die meisten Menschen passen sich ständig ihrer sozialen Umgebung an. Da herrscht Konformitätsdruck. Durch dieses sich selbst mit anderen gleich machen verliere ich mein eigenes Selbst. Nun fange ich an, mich über Ersatzbefriedigung zu identifizieren, über Konsum.“
Das ist richtig, Herr Wolfskin... ähm Lenz.
„Das Problem ist nicht, dass Hitler die Macht wollte. Das Problem ist, dass Millionen von ehrlichen, arbeitsamen Menschen ihm die Macht gegeben haben.“
Haben Sie das? Gab es da keine Zwischen- und Hintergrundlieferanten der Macht? Keine Industrie, keine Waffenproduzenten? Gab es keine Kommunisten und deren Sympathisanten, keine klar denkenden Menschen, die in Hitler schon vor 1933 das sahen, was er tatsächlich war?
„Ich gehe auch nicht wählen. Ich wähle mich jeden Tag selbst. Du kennst mich doch gar nicht, so wie ich dich nicht kenne. Warum solltest du mich wählen? Mach´s selbst.“
Wieder schön verkürzt. Und äußerst undifferenziert. Gibt es keinen Unterschied zwischen der Wahl eines Gemeinde- Bürgermeisters in einer Gesellschaft von 1000 Landbewohnern und der Bundestagswahl?
Lenz: „Oft werde ich gefragt, wie ich mit den Pädophilen umgehe, und mit den schlimmsten Mördern. Das geht nur über einen Weg: ich muss sie zu sich selbst zurückführen.“
So einfach ist das also. Warum beschreibt dann beispielsweise der Psychologe Arno Gruen verschiedenste Weigerungstechniken von seelisch deformierten Menschen, die nicht mit sich selbst allein sein können? Die selbst nach jahrelanger, als erfolgreich geltender Therapie ständig rückfällig werden, ob nun gewalttätig oder depressiv, am besten jedoch beides? Einfach deshalb, weil wir in unserer „Zivilisation“ systembedingt diese Deformationen am laufenden Band produzieren? Weil wir kein eigenes Selbst finden können, auf nichts stolz sein können, da unsere Menschlichkeit gar nicht gebraucht wird, wohl aber unser maschinenhaftes Funktionieren?
Lenz ist in der privilegierten Situation, von seiner Leidenschaft für Formulierungen und Gedankensprüngen leben zu können.
Lenz: „Ich mache keinen Job, der nichts mit mir zu tun hat“. Wieviele Menschen können das? Sollen sie alle Berater und Psychologen werden?
Lenz sagt am Schluss: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Frieden ist der Weg und das ist unsere Menschlichkeit.“ Das hätte ein Pfarrer nicht schöner sagen können. Amen.