Der Neo-Kapitalismus, oder auch nach Michel Albert „neo – amerikanischer Kapitalismus“ bezeichnet, ist die vorherrschende Form des Kapitalismus in den USA.
Er wird als Gegensatz zu dem „Rheinischen Kapitalismus“, auch bekannt als „Soziale Marktwirtschaft“, gesehen.
Der wesentliche Unterschied der beiden Kapitalismus-Formen liegt darin, dass der Neo-Kapitalismus rein auf die Marktmechanismen setzt und keinerlei sozialen Ausgleich sieht.
Die Kapitalismus-Ausprägungen können sich immer nur so entwickeln, wie das Politische System in dem es funktioniert, es zu lässt.
Über die USA ist bekannt, dass selbst die dort als „Demokraten“ bezeichneten Politiker, aus der europäischen Sicht eher konservativ zu bezeichnen sind. Sie kann man z.B. mit der CDU/CSU in Deutschland vergleichen. Eine echte Linke oder Sozialdemokraten gibt es in den USA nicht. Alles rechts von den Demokraten, inkl. der Republikaner, muss man z.B. mit den Parteien der Kategorie NPD oder Bayern-Partei in Deutschland vergleichen.
Das heisst, in den USA dominieren konservative Ansichten in allen politischen Lagern. Und diese haben im Land eine Neo-Kapitalitische Entwicklung zugelassen und sie sogar bewusst gefördert. Das kann man ruhig auch im geschichtlichen Zusammenhang mit dem Kalten Krieg sehen, in dem die Sowjetunion als Kommunistisches Lager als der Feind schlechthin gesehen wurde.
Noch heute werden Gewerkschaften und soziale Errungenschaften in den USA als „Teufelswerk“ der Kommunisten betrachtet.
Alles in allem hat man dem Neo-Kapitalismus Tür und Tor für seine Entwicklung gelassen. Der lässt sich – schon aus seiner Definition – nicht zwei mal bitten solche Chancen zu ergreifen.
Das Resultat ist ein vollkommen durchtriebenes kapitalistisches System, dem kein Einhalt, unter Berücksichtigung der sozialen Schichten oder Bedingungen, geboten wird.
Dieser Neo-Kapitalismus wirkt sich seit Jahrzehnten nun auch auf internationaler Ebene aus. Der IWF (International Währungsfond) und die Weltbank sind zwei von den USA gegründete Institutionen, die diese Entwicklung symbolisieren. Der Gesichtspunkt der „Gewinnmaximierung“ macht vor Grenzen keinen halt, im Gegenteil, in sozial geführten Ländern kann man mit dem Neo-Kapitalismus noch mehr Gewinne machen als zuhause.
Die Statuten des IWF und der Weltbank sehen immer eine Mehrheit der USA bei Abstimmungen vor. Und selbst wenn es mal passieren sollte das diese Funktion versagt, hat die USA immer ein Veto-Recht. Das heisst die USA können über den IWF und die Weltbank bestimmen wer Kredite bekommt und zu welchen Bedingungen. Dabei werden die Bedingungen oft zu Gunsten der USA ausgelegt. So z.B. für den Wiederaufbau des Irak, den die USA selber vorher zerstört hat. Das Land hat nur Kredite bekommen, wenn auch US-Unternehmen die Aufträge zum Wiederaufbau bekommen. Das gleiche Spiel findet in vielen Ländern, die erst von den USA und ihren Satelliten zerstört wurden, statt.
Das ist eine klassische Funktion des Neo-Kapitalismus. Ganze Länder finanziell abhängig machen, den Rückfluss der Mittel erzwingen und durch die Projekte Einfluss in dem Land so aufbauen, dass man die Politik immer zu seines Gunsten oder der Vorteile der eigenen Unternehmen beeinflussen kann.
Die Projekte TTIP, TISA etc. zielen auf einer anderen Ebene genau auf die gleiche Absicht. Mit all diesen Projekten soll der Neo-Kapitalistische Einfluss in feste Verträge geschrieben werden. So, dass z.B. hier die EU bzw. ganz Europa nie wieder aus der Umklammerung aussteigen kann.
So wie man mit der NATO ganz Europa in ein militärisches Bündnis gezwungen hat, so versucht man das nun über TTIP, TISA etc. auf der wirtschaftlichen Ebene.
Soziale Marktwirtschaft wird es nach der Unterzeichnung in Europa nicht mehr geben. Denn die Verträge enthalten Rahmenbedingungen, die alle rechtlichen Möglichkeiten aus hebeln. So könnten dann z.B. US-Unternehmen ein Land in Europa auf Schadensersatz verklagen, wenn es einen Mindestlohn einführt. Weil das US-Unternehmen durch den Mindestlohn in dem jeweiligen Land weniger Gewinne macht. Das Land müsste dem Unternehmen einen Ausgleich zahlen. Das hat übrigens nichts mit den Schiedsgerichten zu tun, die zur Zeit schwer diskutiert werden.
Selbst heute schon klagt z.B. Vattenfall gegen das Land Deutschland wegen entgangener Gewinne durch die politische Entscheidung Atomkraftwerke nicht mehr weiter zu betreiben.
Mit TISA werden alle allgemeinen Dienstleistungen privatisiert. Das heisst, in Europa müssen z.B. alle Versorgungen (z.B. Wasser, Strom, Gesundheit, etc.) privatisiert werden. Was das für die Bürger bedeutet, kann man sich in den USA ansehen. Aus Kostengründen werden die Stromkabel über dem Boden aufgehängt. Bei Unwettern sorgt das dafür, dass ständig der Strom ausfällt. Graben ist zu teuer. Entlegene Bauernhöfe müssen sich selber mit Strom, Wasser, Internet, Telefon versorgen, weil man einem privaten Dienstleister aus Kostengründen nicht zumuten kann, die weite Entfernung zu überbrücken. In der Notaufnahme in Krankenhäusern in kleineren Städten arbeiten nicht mehr Ärzte, sondern nur Hilfskräfte, die einen Patienten im Notfall in ein zentral gelegenes Krankenhaus fahren müssen. Die Begründung: Für private Unternehmen ist es zu teuer an jedem Standort Ärzte zu beschäftigen.
Aber nicht nur hier greift der Neo-Kapitalismus um sich. In den letzten Jahren häufen sich internationale Klagen von „Staaten“ gegen z.B. Banken oder anderen „Staaten“. Dabei wird das lokale Recht über das lokale Recht des anderen Landes gestellt. Dabei wird einfach über die wirtschaftliche Macht ein Urteil und die Ausführung der Strafe erpresst. Das machen die USA heute schon im grossen Stil und es wirft jedes Jahr Milliarden an Einnahmen für die USA ab.
Der Neo-Kapitalismus ist sich in solchen Fällen auch nicht zu schaden, politisches mit wirtschaftlichem zu verknüpfen. Ein klassisches Beispiel: Frankreich hat einen Auftrag erhalten, für Russland zwei Fregatten zu bauen. Russland hat sie bezahlt. Die USA fordern Frankreich auf die Schiffe nicht zu liefern, als Sanktion wegen der Ukraine-Krise. Frankreich hält sich nicht daran und will sie nach Fertigstellung liefern. Was macht die USA? Sie verklagt die grösste Bank in Frankreich, weil ihre Mitarbeiter angeblich in den USA, US-Bürger zu Steuerhinterziehung beraten haben. Die USA verlangt eine Rekordsumme von 10 Milliarden Dollar Strafe. Zahlt Frankreich bzw. die Bank die Strafe nicht, werden der Bank die Lizenzen in den USA Niederlassungen zu unterhalten, gestrichen.
Das ist mafiöse, klassische Erpressung und entspricht der normalen Vorgehensweise des Neo-Kapitalismus. Dem ist es vollkommen egal wie ein Ziel erreicht wird. Und dieser Neo-Kapitalismus ist, aus den USA stammend und betrieben, in Europa auf dem Vormarsch. Was das für unsere Strukturen bedeutet können sich viele vielleicht nicht ausmalen. Aber es wird ein Desaster werden.
Eines der in dem Spiel führenden Unternehmen ist „Blackrock“, der grösste Vermögensverwalter auf der Erde mit Sitz in den USA.
Quelle:
http://www.cyber-watch.ch/allgemein/was-ist-neo-kapitalismus/