Die Debatte entgleitet Dir offenbar und Du malst ein politische Bekenntnis bei einer Wahl "Gegen alle!" mutwillig wie eine drohende Systemgefahr an die Wand, um Reformnotwendigkeiten zu verschleiern. Was soll denn hier der Begriff "Schreibtischmehrheit"?
Zollagent: Er bezeichnet das Ergebnis deiner Regeländerung, durch die Stimmen plötzlich mehr Gewicht erhalten sollen. One man - one Vote! Das ist das Prinzip, an dem man sich zu orientieren hat. Wer die Büchse der Pandora aufmachen und Stimmen anders gewichten will, weiß nicht, was er der Demokratie antut.
Mehrheiten? Ja, da sind wir uns ja einig, aber nicht durch die von Dir avisierte Entmündigung jener Wähler, die anderer Auffassung sind als jene, die eines der politischen Angebote akzeptieren.
Zollagent: Eine Entmündigung findet nur in deiner Phantasie statt. Ich nehme ihnen nichts weg, und ich versage ihnen auch nicht ihre politische Meinungsäußerung.
Das war nicht heftig, das war unter der Gürtellinie! Widerspruch deklariert als "dekadentes Luxusproblem"? Aha. Und dann eine ausführliche Predigt ohne jeden konkreten Inhalt.
Zollagent: Plötzlich so sensibel? Es ist deine Medizin! Schmeckt sie nicht? Du hattest auch nicht die geringsten Hemmungen, mir Hang zum Totalitarismus zu unterstellen. Also spiel hier nicht die Mimose. Wenn du geringere Kaliber willst, zieh Boxhandschuhe zwei Nummern kleiner an. Im übrigen kann man nur Inhalt erkennen, wenn man ihn erkennen
will.
Einigen wir uns eben auf Verbesserung. Was würdest Du am Wahlrecht/Wahlsystem verbessern? Achtung: Aufmerksame Leser!
Zollagent: Im Moment halte ich die Mischung von Verhältnis- und Personenwahlrecht für die gelungenste Mischung. Evtl. könnte man - ähnlich dem Vorbild der Kommunalwahlen - das Recht auf Kumulieren und Panaschieren einräumen und damit Einfluß auf die Personenlisten der Parteien nehmen lassen. Angesichts der recht bescheidenen Erfahrungen bei diesen Wahlen halte ich aber die Erwartungen auf Erfolg für recht gedämpft.
Oder eher einer von den Vielen.
Zollagent: Das kannst du dir gerne einreden. Nur wirst du die "Vielen" allenfalls im Spiegelkabinett sehen.
Eine höhere Wahlbeteiligung bei uns als in den "alteingesessenen"(?) Demokratien kein Anzeichen von Stagnation - aus welcher Ecke zerrst Du denn diesen irrigen Zusammenhang?
Zollagent: Deine Stagnation existiert eben nicht. Du konntest nicht mal über deine Behauptung hinaus diese angebliche Stagnation schildern. Langfristig wird die Wahlbeteiligung bei uns noch ein Stück sinken und sich dem Level in Frankreich, Großbritannien oder den USA angleichen. Das ist keine Stagnation, das ist eine natürliche Entwicklung. Wir sind nun mal nicht in einer Diktatur, die die Menschen zu einer künstlichen politischen Beteiligung, natürlich in ihrem Sinn, auf die Straßen treibt.
Im übrigen sehe ich natürlich die Dinge so, wie ich sie sehe, Du siehst sie ja ebenso, wie Du willst. Was hast Du da anderen vorzuwerfen?
Zollagent: Ich habe anderen vorzuwerfen, daß sie Stories erzählen, Belangloses aufbauschen und sich - das vor allem - nicht die geringsten Gedanken machen, wie all die sozialen Gedanken finanziert werden sollen und man trotzdem dabei den Rechtsstaat beibehält. Dir und auch einigen anderen hier sei mal diese Problematik mit der Lektüre von Berthold Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" nahegelegt. Unser Staat ist kein Kindergarten! Er besteht aus mündigen Bürgern, und genau so müssen und sollen sie auch behandelt werden. Das bedeutet, es müssen
Möglichkeiten da sein, sich selbst was zu erarbeiten. Und die gibt es. Meine eigene berufliche Existenz, seit nunmehr 10 Jahren selbstständig, beweist es. Und er muß für diejenigen, die das nicht können, eine Existenzsicherung bieten. Das wars auch schon. Das Leben muß man weder vorschreiben, noch muß man den Ersatz unterlassener Ewerbsarbeit finanzieren. Das ist es, was unsere dekadenten Wohlstandsbürger hier nicht einsehen wollen.
Nicht jede Veränderung ist Entwicklung. Und wenn Du eine Kategorie "Gegen alle!" auf einem Stimmzettel schon als Revolution ansiehst, dann hast Du keine Ahnung von Revolutionen.
Zollagent: Du solltest deinen Blutdruck dämpfen, wenn du meine Beiträge liest. Deine Kategorie ist nicht die Revolution. Es geht aus deinen Beiträgen hervor, daß nicht dieses dein Ziel ist, allenfalls ein Zwischenschritt. Dein Ziel ist ein anderer Staat, von dem du dir mehr soziale Wohltaten versprichst. Natürlich, ohne auch nur die Frage zu stellen, woher. Dir geht die Veränderung nicht schnell genug. Und sie geht ganz offensichtlich nicht in die Richtung, die du bevorzugst.
Das wäre ein ganz simpler demokratieevolutionärer Schritt! Prius antidotum quam venenum! Was bewiesen ist! Auch für die Demokratie!
Zollagent: So was würde die Demokratie nicht fördern! Fördern kann allenfalls Konstruktives. Und solches ist nicht zu sehen.
Welches sind denn Deine Probleme?
Zollagent: Ich habe hier keine Probleme. Die hast du!
Zollagent: Wenn ich die nutzen würde, käme noch mehr Unverständnis hier heraus. Es ist eben schon ein Problem, wenn man über Dinge reden will, von denen man nicht mal die Definitionen kennt. Und ohne, daß meine Diskussionspartner die Definitionen kennen, ist kein Verstehen dessen, was ich sage, zu erwarten. Ich könnte Euch jetzt mit Formeln oder volkswirtschaftlichen Grundsätzen zuwerfen. Aber das würde nur bei Leuten was bringen, die kennen, über was ich rede.
Demokratie ist eine qualitative Größe, nicht ein Rechenbeispiel. Was Du als konzeptloses " Herumdoktorn" am demokratischen Regelwerk bezeichnest, ist in Wirklichkeit engagiertes Nachdenken über dessen Zukunft anstelle stoischen Beharrens.
Zollagent: Deinen ersten Satz stimme ich zu. Du verwechselst allerdings Aktionismus mit wirklichem Nachdenken. Das ist gefährlich. Der Volksmund spricht nicht umsonst davon, daß "blinder Eifer nur schadet".
Ganz genau. Und wer wählt, bringt sich ein in die Demokratie und kann fordern. Ganz einfach! Aber das ist Dir offenbar suspekt?
Zollagent: Weil ich genau das fordere? Daß jemand, der fordert, auch mitmachen muß? Du bist doch der, der hier fordert, daß die Verweigerer auch fordern dürfen. Zuerst nichts bringen, und dann Rechte einfordern. Ein wenig billig, oder?
Welch hilflose Umschreibung des "Wer die Musik bezahlt, der bestimmt, welches Lied gespielt wird!"! Du hast Dich aber ganz klar dabei artikuliert: Ein Problem mit den Erwerbsregeln unseres Staates? Wahlrecht entwerten, nicht hinhören, kalt stellen, alles klar!
Zollagent: Ich entwerte kein Wahlrecht. Ich forder im Gegenteil, dieses zu nutzen. Und damit ist deine Empörung einfach nur gespielter Unfug.
Hier sind wir weg vom Thema und bei den geschürten Sozialängsten der Mittelschicht angekommen.
Dir geht es ganz offenbar nun nicht mehr um eine sinnvolle Debatte zur Evolution unseres Wahlsystems, nicht um sinnvolle Ergänzungen und Modifikationen der Demokratie, Du willst verhindern, dass die "Verlierer" den "Gewinnern", also Dir, über die Wahlurne auf die Pelle rücken. Ich habe verstanden.:winken:
Zollagent: Du hast wie immer "verstanden", was in dein vorgefertigtes Schema paßt. Ich halte deine Ergänzung nicht für sinnvoll und ich lehne Experimente damit ab. Das ist alles. Wer mir "auf die Pelle rücken" will, der muß das über die Wahlurne und nicht über Timirjasevez's Schreibtischänderungen tun.
Das ist nämlich Demokratie, die Mehrheit zu haben und nicht eine Mehrheit über Regeländerungen herbeirechnen zu wollen, auch wenn die tatsächlichen Stimmabgaben sich in keiner Weise ändern.