Erinnert sich noch jemand? Die öffentliche Empörung in der westlichen Welt und vor allem in Deutschland war gewaltig, als der amerikanische Präsident ein Einreiseverbot gegen Menschen aus einigen islamisch geprägten und von Staatsverfall und Terror zerrütteten Ländern erlies, das sofort von Bundesrichtern gestoppt wurde.Die Bundeskanzlerin zeigte sich „überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen".
Seltsamerweise ist von solcher Empörung gegen Saudi-Arabien und seine Vasallen-Staaten nun nicht viel zu lesen. Obwohl der Bann gegen den Nachbarstaat Katar radikaler ist, als alles, was Trump vorhatte: Nicht nur darf von dort keine Person mehr in die Nachbarstaaten reisen, auch der Warenverkehr ist völlig gekappt, nicht mal katarische Flugzeuge dürfen über saudischen Boden fliegen. Mit einem Generalverdacht hat man in Riad also keine Gewissensprobleme.
Für Sigmar Gabriel ist klar, wer die Schuld trägt. Nicht der saudische König Salman ibn Abd al-Aziz (laut Wikipedia der 32. von über 50 Söhnen des 300-fach verheirateten Reichsgründers Abd al-Aziz ibn Saud) oder Kronprinz Mohammed, sondern: Trump. „Eine solche Trumpisierung des Umgangs miteinander ist in einer ohnehin krisengeschüttelten Region ganz besonders gefährlich", sagte Gabriel. Als ob die Saudis erst durch Trump zu Übeltätern geworden wären! Ansonsten sind aus Berlin und anderen westlichen Staaten nur neutrale und samtweich formulierte Aufrufe zum Dialog zu vernehmen.
Dabei ist der Terror-Vorwurf aus Riad gegen Katar reinster Zynismus. Es ist längst Allgemeinwissen in- und außerhalb der Geheimdienste, dass aus Saudi-Arabien vermutlich noch mehr Geld in die Kassen islamistischer Terroristen fließt als aus Katar. Saudi-Arabien ist die wohl wichtigste Keimzelle des islamistischen Terrorismus. Der Wahhabismus des Herrscherhauses in Riad ist um keinen Deut humaner oder gemäßigter als die Ideologie ihrer Erzfeinde, der Muslimbrüder.
Auch der deutsche Staat hat mit den Wüstenkönigen kein Problem. Gegenüber der WirtschaftsWoche hieß es 2016 aus dem Auswärtigen Amt, man werde „die Öffnung dieses Landes nicht erreichen, wenn man Saudi-Arabien nur auf die Anklagebank setzt“. Schon klar. Aber warum eigentlich hatte unser Staat, der mittlerweile gegen den Hass eigener Bürger auf Facebook eifrig kämpft, überhaupt nichts dagegen, als eine Herrschersippschaft vom Golf mit Terror-Affinität riesige Aktienpakete an deutschen Konzernen, an VW, der Deutschen Bank und Hapag-Lloyd erwarb? Übrigens investieren auch die Saudi-Herrscher und ihre Vasallen in den Emiraten bekanntlich eifrig in deutschen Konzernen.
Die Gewinne deutscher Unternehmen, die als Dividenden in die Golf-Monarchien fließen, dienen unmittelbar zwei Zwecken: Erstens die Scheich-Herrschaften abzusichern.Zweitens aber dienen deutsche Unternehmensgewinne damit zumindest mittelbar wohl auch der Finanzierung des Terrors. Seltsam, dass das bislang niemanden zu stören scheint.Wie fände man das eigentlich, wenn Kim Jong-Il, der Diktator von Nordkorea, zehn Prozent der Aktien eines deutschen Konzerns erwürbe? Läge in Nordkoreas Boden Öl und Gas, wäre die Frage vielleicht gar nicht so abwegig.
http://www.wiwo.de/politik/ausland/knauss-kontert-mercedes-und-mittelalter/19916448-2.html