Aus der Redaktion: Was ändert sich nach dem Beschuss von Mariupol
VEDOMOSTI.RU
26. Januar 2015
Der Beschuss von Mariupol könnte zum Wendepunkt in der Entwicklung der Lage in der Südost-Ukraine werden.
Rissland wird fortgesetzt aufgefordert, die Unterstützung des Separatisten einzustellen. Doch die westliche Welt hat aufgehört, dessen Worten zu glauben.
Russland riskiert, in den Augen der Weltöffentlichkeit zum einem der wichtigsten Förderer des Terrorismus zu werden.
Die Reaktion auf den Beschuss von Mariupol geht etwas über den Rahmen jener pflichtschuldigen Aufrufe an Russland hinaus, die bisherige Eskalationen der Lage in der Region begleiteten.
Die OSZE, welche lange die Anwesenheit russischer Militärs und von Kriegstechnik in der Südost-Ukraine nicht bemerkt haben wollte, stellte schnell fest, dass der Beschuss von dem von Separatisten kontrollierten Gebiet aus erfolgte.
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon rief Russland auf, die Unterstützung der Kämpfenden einzustellen und die internationalen Gegebenheiten zu achten.
Jens Stoltenberg, Generalsekretär der NATO, spricht von einer politischen, finanziellen und direkten militärischen Unterstützung für die Separatisten (Technik am Boden, Kommandosysteme, moderne Raketenkomplexe, Granatwerferbatterien und radioelektronische Kampfmittel).Und die EU und die USA bereiten sich auf neue Sanktionen vor.
Im UN-Sicherheitsrat blockierte Russland eine Resolution zur Verurteilung der Terroristen. Großbritannien bestand dabei auf einen Verweis auf Aussagen des Führers der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk Aleksandr Sachartschenko. Russland lehnte dies kategorisch ab. Im UN-Sicherheitsrat gibt es seit Beginn der Krise keinerlei Übereinstimmung.
Der Friedensprozess, welcher noch Ende Dezember real erschien, ist am Ende. Welche Friedensgespräche kann es noch geben, wenn sich die Volksrepublik Donezk bis zu den Grenzen des gleichnamigen Verwaltungsgebiets ausdehnen will?
Der Wunsch Moskaus, die Separatisten zu einer Verhandlungspartei zu erklären, ist dabei ein Kernproblem. Moskau arbeitet fortgesetzt an einer Legalisierung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk.
In den letzten Tagen nannten erstmals zuerst Sergej Lawrow und dann auch Wladimir Putin den Konfliktherd in Donezk und Lugansk „die Volksrepubliken“. Der Politologe, das Mitglied der Gesellschaftlichen Kammer Russlands Sergej Markow skizzierte daraufhin folgenden Plan: Nach einer Befreiung Mariupols durch Neurusslands wird die Reaktion des Westens eine harte sein. Und nach einer Befreiung von Slawjansk noch heftiger. Dann eine Einnahme von Charkow und Odessa, welche die Gegner zwingt, nun nach russischen Interessen zu verhandeln, die Sanktionen werden aufgehoben, die Kiewer Macht wird gestürzt und die Ukraine wird eine Föderation als Preis dafür, dass man auf eine Einnahme Kiews verzichtet. Ähnliche Szenarien spuken wohl nicht nur im Kopf von Markow herum.
Die Stärkung der separatistischen Positionen soll eine Anerkennung der selbsternannten Volksrepubliken durch Kiew erzwingen. Im Bestand der Ukraine mit weitgehender Autonomie verbleibend, könnten sie die Lage im gesamten Land destabilisieren. Eine andere Variante wäre ihre Lostrennung von der Ukraine bei Beibehaltung weitestgehend durchlässiger Grenzen.
Beide Varianten halten die Gespanntheit der Situation aufrecht, um das ursprüngliche Ziel zu erreichen, nämlich das Abtriften der Ukraine hin zur westlichen Welt zu blockieren.
Autoren: Nikolai Epple, Boris Grozowskij
Quelle:
http://vedomisti.ru/opinion/news/38629281/posle-mariupolya