Hallo!
ich habe das Glück, noch einmal vor Gericht in meiner Betreuungssache reden zu dürfen.
Ich bekomme dafür einen eigenen Termin einberaumt, durch einen externen Rechtsanwalt.
Ich bin ein bisschen aufgeregt, weil ich vor Gericht noch nie was gesagt habe.
Ich will keine Fehler machen, das mich falsch oder unwissentlich beschädigt.
Ich möchte eigentlich meine Eigene Lebensart wieder beanspruchen, die ich in der Betreuung verloren habe.
Muss ich die Kosten für den Termin selber tragen?
Durch die fast 10 Jahre Betreuung habe ich mich fast selbst dafür aufgeopfert,
dafür verstellt und selber abgewatscht. Ich dachte ich muss für die Betreuer alles machen.
Daher gab ich mich selbst auf und glaub(t)e, es sei hoffnungslos.
Aber der Termin gibt mir Hoffnung, doch noch mal aufzukommen.
Ist Betreuung wie ein Gefängnis? Kann ich ins echte Gefängnis kommen, wenn ich Falschaussagen treffe?
Ich weiß nicht, wie ich Vor Gericht sprechen MUSS; damit der mutmaßliche Wille bindend ist.
Was muss ich dem Richter sagen, damit mein Urteil anders aufgenommen wird?
Was soll ich besser nicht sagen? Mich stört, dass mein gesetzllicher Betreuer immer gegen meinen Willen handelt.
Ich wollte die Putzhilfe nie haben. Ich hab mir immer Mühe mit dem Aufräumen gegeben. Aber es war nicht rein genug.
Muss ich jetzt den Rest meines Lebens mit Putzfrauen auskommen?
Es ist meine Aufenthaltszeit auf der Welt, und wenn ich "nur betreut" bin, dann sehe ich nix von der Welt.
Wie soll ich reden vor Gericht, wenn der Richter mich was fragen würde? Werden Falschaussagen bestraft?
Woher weiß ich, ob das , was ich empfinde wahr ist oder gelogen?
Weiß jemand, wie so ein Prozess abläuft?
Vielleicht ist das Meine Chance, endlich die Wahrheit zu sagen.
Mit lieben Grüßen
Herzismus
Ich habe eine Ausbildung als Mediator.
Hardthöhenkurier 5/2017 (hardthoehenkurier.de)
Das ist KEINE gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung. Jeder kann sich so nennen, wenn er mag. Es liegt also in deiner persönlichen Einschätzung, ob du meinem Rat folgen möchtest oder nicht. Ich bin auch nicht der angeblich unfehlbare Papst, aber ich habe doch schon einige Erfahrung, auch im Umgang mit Betreuungen.
Dazu vorab zwei Dinge: Meistens haben Betreuungsanordnungen einen realen Hintergrund. Den Grund, warum du unter Betreuung gestellt wurdest hast du nicht verraten, ja, das ist auch sehr persönlich, geht niemand etwas an. Ich weiß auch, dass leider nicht selten Betreuer ihre Macht übel missbrauchen.
Insofern ist es SEHR gut, dass du nun einen neuen Gerichtstermin hast um die Situation zu überprüfen. Das Gericht musst du nicht bezahlen, den externen Anwalt wahrscheinlich schon, aber das kannst du diesen Anwalt am besten selbst fragen.
Nun zu deinen Fragen:
Ist Betreuung wie ein Gefängnis? Kann ich ins echte Gefängnis kommen, wenn ich Falschaussagen treffe?
Ich weiß nicht, wie ich Vor Gericht sprechen MUSS; damit der mutmaßliche Wille bindend ist.
Was muss ich dem Richter sagen, damit mein Urteil anders aufgenommen wird?
Was soll ich besser nicht sagen? Mich stört, dass mein gesetzllicher Betreuer immer gegen meinen Willen handelt.
Ich wollte die Putzhilfe nie haben. Ich hab mir immer Mühe mit dem Aufräumen gegeben. Aber es war nicht rein genug.
Egal, welche Fehler du vor Gericht machst, ins Gefängnis kommst du nicht, wenn du nicht gerade irgendjemand vor Wut abmurkst. Die Höchststrafe für dich lautet "Keine Änderung, Betreuung bleibt bestehen".
Vor Gericht zu lügen empfiehlt sich wirklich nur für ganz ausgekochte Schlitzohren mit viel Erfahrung, die genau wissen, was sie da tun. Für die allermeisten von uns empfiehlt sich dei Wahrheit, so wie sie für DICH aussieht. Die Wahrheit hat viele Gesichter. Zeig dem Richter DEIN Gesicht, DEINE Wahrheit. Dann und nur dann bist du überzeugend.
Grundsätzlich musst du das Gericht überzeugen, dass du ein selbstverantwortliches Leben führen kannst. Entscheidend ist, wie dein Gefährdungspotential eingestuft wird, die Risiken von Eigen- und Fremdgefährdung. Neigst du zu Stürzen, wie ist dein Umgang mit Feuer und Wasser, wie aggressiv ist dein Verhalten allgemein, wie ist deine Impulskontrolle. Das sind wichtige Faktoren, für die der Richter sicher nicht nur dich sondern auch dein Umfeld hören wird. SEHR hilfreich wäre ein Attest von einem Arzt, der dir deine positive Entwicklung bescheinigt. Das müsste also ein psychiatrisches Gutachten sein und das ist sehr teuer. Du kannst aber zumindest dem Richter diese Idee anbieten, wenn er nicht von selbst schon mit dem Vorschlag kommt.
Zweiter Faktor ist die Selbständigkeit in der Lebensführung. Wie ist dein Umgang mit Hygiene, wie ist der Zustand deiner Wohnung, wie ist dein Umgang mit Geld, kannst du dir den Pincode deiner Geldkarte merken. Wie ernährst du dich, nur Pizzadienst, oder kannst du einkaufen und gesund kochen oder erledigt das jemand für dich. Wie sieht es mit Drogen aus?
Weil du es angesprochen hast, eine Putzhilfe ist für mich keine Demütigung, ich würde es sogar als sehr hilfreich ansehen. Die Sauberkeit deines persönlichen Umfelds spielt gerade in Deutschland eine sehr große Rolle, größer als sie sein sollte. Das sollte du dir bewusst machen. Ist doch großartig, wenn ein Profi dir diesen Mist abnimmt.
Muss ich jetzt den Rest meines Lebens mit Putzfrauen auskommen?
Es ist meine Aufenthaltszeit auf der Welt, und wenn ich "nur betreut" bin, dann sehe ich nix von der Welt.
Wie soll ich reden vor Gericht, wenn der Richter mich was fragen würde? Werden Falschaussagen bestraft?
Woher weiß ich, ob das , was ich empfinde wahr ist oder gelogen?
Zuerst zu deiner großartigen Frage: Was du empfindest ist immer deine Wahrheit, wir hatten das schon. Du musst dich nicht für deine Empfindungen schämen, du musst sie auch nicht unbedingt in Frage stellen. Du sollst sie aber unbedingt dem Richter sagen. Man nennt es in der Psychologie eine "Ich-Botschaft". Also beginne diese Auskunft an das Gericht mit "Ich empfinde dies und das so und so...". Das ist völlig unwiderlegbar, das ist DEINE Seele, die spricht und es ist wie gesagt immer DEINE Wahrheit.
Das Dumme ist nur, dieser Satz gilt für alle. Es ist natürlich nicht gesagt, dass deine Wahrheit auch der Wahrheit deiner Betreuer entspricht oder der Wahrheit wie sie der Richter sieht. Aber niemand wird für seine Wahrheit eingesperrt. Ein Straftäter der alles leugnet wird ja auch nicht
für seine Wahrheit eingesperrt sondern
gegen seine Wahrheit.
Fragen des Gerichts bitte wie ich schon gesagt habe wahrheitsgemäß beantworten. Bei einer Lüge erwischt zu werden - und die Gefahr ist riesig, denn im Gegensatz zu dir hat ein Richter sehr viel Erfahrung in solchen Verhandlungen - macht alles zunichte. Wenn du die Wahrheit sagst, wird vielleicht diese Verhandlung scheitern. Aber es bleibt die Möglichkeit für weitere Termine. Wenn du beim Lügen erwischt wird ist alles vorbei. Denn der nächste Richter beim nächsten Termin schaut sich natürlich an, was bisher gewesen ist und wenn er im Protokoll auf deine Lügen stößt kannst du gleich nach Hause gehen (gegangen werden).
Vielleicht ist das Meine Chance, endlich die Wahrheit zu sagen.
Natürlich. Das IST deine Chance. Viele davon wirst du nicht bekommen. Nütze diese Chance in dem du mit deiner Wahrheit deine Sicht auf die Dinge erklärst, ohne wenn und aber und bitte ohne dumme Lügen. Viele verstehen nicht, was für ein scharfes Schwert die Wahrheit ist. Gerade weil so viele Leute vor Gericht dumm lügen und die Richter nerven, kann man mit seiner Wahrheit von seiner eigenen Integrität besonders überzeugend erzählen. Wie gesagt, nur die Profis, die schon aus vielem Schaden gelernt haben intelligent zu lügen, können mit diesem Mittel etwas erreichen. Du mit Sicherheit nicht.
ich wünsche dir viel Glück und wie auch schon gesagt, überlege die Möglichkeit, an ein positives Attest heranzukommen.
lg
Skyrim