Brauchen wir eine neue Linke?
Was die Parteipolitik betrifft:
Die Linkspartei macht nur "Dienst nach Vorschrift" und agiert angesichts der akuten Krise des Kapitalismus fast gar nicht. Außer Sarah Wagenknecht auf einem Vortrag zur Eurokrise letzten Herbst in Berlin ist mir von denen niemand aufgefallen, der sich des Themas annimmt.
Angesichts dieser Bräsigkeit von Linken-Funktionären bin ich es auch Leid, mich für die zu engagieren. Strafverschärfend kommt noch die Bilanz von Rot-Rot in Berlin hinzu. Das mutet wie eine Prügel-Ehe zwischen asozialem Säufer, der die Kinder schlägt - SPD - und Mutti, die die Kinder schützen will, aber nicht den Mut aufbringt, den Alten vor die Tür oder die Axt in den Schädel zu setzen. Jetzt hat der Alte Mutti vor die Tür gesetzt und sich die willigste und billigste Schlampe, die zu haben war, ins Haus geholt.
So nicht, Genossen!
Die Piratenpartei hat zum einen das Vakuum gefüllt, das die Linke durch ihr träges Agieren geschaffen hat und bindet zum anderen Wähler an sich, die nie die Linken gewählt hätten. Welcher unzufriedene FDP-Wähler geht schon zu den Linken? Keiner! Aber der Weg von der FDP zu den Piraten scheint recht kurz zu sein, das gleiche gilt auch für Wähler, die mit den Grünen oder der SPD unzufrieden sind. Andererseits ist das schlicht ein zu neuer und unerfahrener Haufen, um allein etwas gegen SPD-Grüne-Union ausrichten zu können. Gäbe es die Linke nicht, die ungeachtet ihrer Mängel noch viel Sachkompetenz zu bieten hat, verkämen die Piraten IMHO schnell zu einer Klamaukpartei ohne klares Profil, bei der nach einer Legislaturperiode die Luft raus ist. Daher brauchen wir sowohl Linke als auch die Piraten.
Was die allgemeine Ausrichtung betrifft, so wünsche ich mir von einer neuen Linken drei Dinge:
1. Sie soll aufhören, sich selbst und einfachen Menschen weis zu machen, dass die Moderne - die Zeit ab dem 18. Jahrhundert - ein Projekt war und ist, das allen Verbesserungen im Leben und im Denken bringt und das die Menschheit in eine Zukunft ohne Not und Zwang führt.
Die Moderne ist ein Projekt korrupter Konservativer und menschenverachtender, sozialdarwinistischer Liberaler, deren vornehmstes Ziel es ist, die Errungenschaften der technischen Zivilisation für eine Minderheit zu reservieren. Die Aufgabe der Linken ist es, diese "Moderne" zugunsten einer technischen Zivilisation zu überwinden, von der alle Menschen profitieren.
2. Die Linke soll aufhören, ihre Anhänger auf die Weltrevolution zu vertrösten und von ihnen bis dahin zu verlangen, in einem menschenfeindlichen System weiterhin ums Überleben zu kämpfen. Da werden die einen daran zugrunde gehen und sich die anderen so anpassen, dass sie mit den Zielen der Linken nichts mehr anfangen können.
Wenn eine Linke wirklich politisch handelt - und nicht nur so tut - dann hat sie die bessere Welt am Tag 1 ihrer Tätigkeit den Menschen, die sie wollen, zur Verfügung zu stellen. Opfer, Dauerstress, Armut, Verfolgung, Folter und Tod hatten wir lange genug. Linke Projekte, deren Protagonisten ihren Anhängern noch mehr davon "versprechen", ehe es in einer fernen Zukunft aufwärts geht, hatten wir so viele, dass es damit ein für allemal reicht!
3. Klotzen statt kleckern! So bin ich für gewöhnlich weder ein Fan eines zentralistischen Weltstaates noch der Meinung, in einer menschenwürdigen Gesellschaft müssen alle Menschen das Gleiche glauben und gleich leben. Aber bei den akuten Zuständen und da wir die von Konservativen und Liberalen gleichermaßen gefeierte Globalisierung haben, geht unter der Weltrevolution für mich nicht viel. Kleine Projekte vor Ort, wo man verständlicherweise nicht auf die Weltrevolution waren wollte, haben sich IMHO als Rohrkrepierer erwiesen. Sie dürfen vor sich hinkrebsen und wenn sie Erfolg haben, werden sie verboten!
Die Weltrevolution und eine neue Ordnung ohne Not und Zwang von Grönland bis zur Antarktis sind für mich der grobe Keil, der auf einen groben Klotz gehört, und der Aufhänger, dem es bedarf, um von Freund und Feind überhaupt wieder ernst genommen zu werden.