Bhakdi hat als Mikrobiologe nicht zu Coronaviren und damit verbundenen epidemiologischen Themen geforscht und publiziert. Die wissenschaftliche Datenbank
Medline enthielt 2019 und 2020 keinen einzigen Artikel von ihm.
[23] Gleichwohl stellte er sich in der
COVID-19-Pandemie in Deutschland als Experte dar.
Ein Hochstapler und Lügner.
Ab 23. März 2020 wiesen
Faktenchecks von öffentlich-rechtlichen und bundesweiten Qualitätsmedien Bhakdis Hauptthesen zurück:
- Das Virus sei durch höhere Ansteckungsraten, mehr schwere Krankheitsverläufe und fehlende Impfstoffe weit gefährlicher als die gewöhnliche Influenza.
- Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) verliefen bis zu 20 % aller Fälle (nicht, wie Bhakdi behauptete, weniger als ein Prozent) schwer oder lebensbedrohlich. 51 bis 81 % zeigten deutliche Symptome.
- Bhakdis Schätzung von höchstens einer Million Infizierten in Deutschland und 30 Toten täglich sei viel zu niedrig und durch täglich hunderte Tote in anderen Staaten schon überholt. Ohne Maßnahmen würden die Fallzahlen rasch stark ansteigen und das deutsche Gesundheitssystem bald überlasten.
- Statistisch sterben jährlich weniger Italiener als Deutsche an Luftverschmutzung. Diese könne daher kein kausaler Auslöser der hohen Coronatodesraten in Italien, Spanien und Wuhan sein. Erste Studien dazu bewiesen aber eine Korrelation mit schweren Krankheitsverläufen.[27]
- Die Hochrechnung von zu erwartenden Krankenzahlen aus registrierten Infektionen sei nur (zugegeben ungenauer) Startpunkt für genauere Zahlen und für rechtzeitige Gegenmaßnahmen notwendig gewesen.[28]
- Bhakdis Fragen nach Todesraten, Dunkelziffer und Datenlücken seien legitim und würden auch von Forschern diskutiert. Doch für sie sei die lückenhafte Datenlage „kein Grund, Entwarnung zu geben“.[25] Bhakdi dagegen vermische „Fakten mit Spekulation und Desinformation.“[29]
In einem Interview mit
Milena Preradovic am 25. April 2020 behauptete Bhakdi unter anderem:
- Über 80-jährige Deutsche stürben wahrscheinlicher an Herzerkrankungen oder Krebs als an Corona. Dazu berief er sich auf eine Studie von John P. A. Ioannidis, die jedoch auf unzuverlässigen Antikörpertests beruhte und daher von vielen Experten kritisiert worden war.
- In Italien seien nach offiziellen Angaben 88 % der registrierten Verstorbenen mit, nicht an dem Virus gestorben. Der Regierungsberater Walter Ricciardi hatte jedoch von 88 % vorerkrankten Coronatoten gesprochen und das Virus als ihre Todesursache nicht ausgeschlossen.
- In Deutschland und Italien seien kaum Autopsien durchgeführt worden. In beiden Staaten lagen bis dahin jedoch keine Gesamtzahlen dazu vor. In Hamburg, wo alle mit COVID-19 Gestorbenen obduziert wurden, stellte man das Virus im Mai 2020 bei 205 von 228 Toten (fast 90 %) als Todesursache fest.
- In Hamburg und Italien hätten alle im April 2020 mit COVID-19 Verstorbenen Vorerkrankungen gehabt. Doch laut dem RKI starben bis zum 17. Juni 2020 228 von 257 Hamburgern (fast 89 %) an dem Virus, nicht nur mit ihm. In Italien hatten laut dem Istituto Superiore de Sanità 3,6 % der Coronatoten vom 23. April 2020 keine Vorerkrankungen.
- Das Virus sei nicht gefährlicher als ein Grippevirus. Jedoch war diese Behauptung unbelegt: Bei Influenza lag die Letalität (Anteil der Toten an den Infizierten) im europäischen Jahresdurchschnitt bei 0,1 %; bei SARS-CoV-2 gab es dazu im Juni 2020 noch keine Erkenntnisse. Aussagen waren nur über den Fall-Verstorbenen-Anteil möglich, dieser lag laut RKI-Daten in Deutschland bei 4,7 %.
- Weil der Erreger mutiere, sei eine Impfung sinnlos. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut könnten jedoch nur mehrere akkumulierte Mutationen einer von Impfstoffen induzierten Immunität entkommen. Darum wurden Impfstoffe entwickelt, die auch gegen leicht veränderte Virusvarianten wirken; außerdem könne der Impfstoff wie bei der Grippeimpfung an Mutationen angepasst werden.
Der Faktencheckverein
Correctiv bewertete diese Thesen daher als unbelegt bis falsch, die letzte als spekulativ. Das RKI bestätigte jedoch, dass es an und mit Corona Gestorbene als Coronatote registrierte, da die genaue Todesursache oft nicht feststellbar war.
[30]
Bis Mai 2020 erwiesen sich Bhakdis Hauptthesen statistisch als falsch:
- Das Virus tötete keineswegs nur im Verbund mit anderen Krankheiten. Nach damaligen Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren etwa 20 % der gemeldeten Coronatoten jünger als 60 Jahre und nicht vorerkrankt. Die über 60-Jährigen hatten meist chronische Vorerkrankungen, hätten aber nach zwei Studien durchschnittlich neun bis 13 Lebensjahre länger leben können. Nach Obduktionen in Berlin war das Virus auch bei vielen Älteren ausschlaggebende Todesursache.
- Die Todeszahlen waren nicht überhöht: Das RKI vermutete bundesweit eher mehr als weniger Coronatote, weil seine Statistik nur auf das Coronavirus getestete Tote erfasste.
- Das RKI registrierte 20 % schwere Fälle, davon 6 % mit lebensbedrohlichen Verläufen. Auch die 80 % der „mild bis moderat“ eingestuften Fälle waren keineswegs symptomfrei. Dies widerlegte Bhakdis unbelegte Behauptung, nur 0,5 % der in Deutschland Infizierten zeigten schwere Symptome.
- Die Maßnahmen wirkten: Nach Modellrechnungen des Max-Planck-Instituts stoppte besonders die Kontaktsperre ab 22. März 2020 den exponentiellen Infektionsanstieg effektiv. Für die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina waren die Maßnahmen daher im Mai 2020 „dringend erforderlich“ und passten zur Bedrohungslage. Soforthilfen und umfangreiche Finanzpakete milderten die ökonomischen Pandemiefolgen. Eine fortlaufende Anpassung der Maßnahmen an die Entwicklung, nicht aber ihre völlige Aufhebung war daher weitgehend Konsens.
- Die leichte Übersterblichkeit ab April 2020, nach dem Ende der jährlichen Grippewelle, legte einen Zusammenhang mit der Coronapandemie nahe. Dass sie in Deutschland im europäischen Vergleich gering ausfiel, konnte mit den frühen und relativ strengen deutschen Coronamaßnahmen zusammenhängen. Laut dem Statistischen Bundesamt war dies aber erst Ende 2020 genauer feststellbar.
Nur der Einfluss von Luftschadstoffen auf COVID-19-Krankheitsverläufe wurde durch einige Studien bis Mai 2020 wahrscheinlicher, so auch für betroffene Gebiete in Deutschland.
[24]
Bis Juli 2020 wurden Bhakdis Thesen laut der Medical Tribune von einer „übergroßen Mehrheit der Experten“ als unwissenschaftlich eingestuft.[31]
Im Urteil von Fachleuten fiel er durch.
Daher bekam er auch das Goldene Brett vor dem Kopf.
Bei Laien wie dir kann er vielleicht punkten. Irrelevant.