Es geht doch nicht darum, die Kritik am westlichen Universalitätsanspruch in heftig umstrittenen Bereichen wie dem der Menschenrechte, der Modernisierung oder Demokratisierung unreflektiert zu übernehmen; genauso wenig geht es darum, den westlichen Universalitätsanspruch kompromißlos zu verteidigen.
Sehr wohl ist hingegen nach dem geeigneten Weg zu fragen, der zu Universalismen führt, die von einer internationalen (“ globalisierten“) Gesellschaft akzeptiert und adaptiert werden können, mithin einem Weg, der zur Formulierung von Werten und Interaktionsnormen führt, deren universaler Gültigkeitsanspruch nicht mehr zur Disposition steht, weil ihm ein internationaler, interkultureller Dialog zugrundeliegt.
Dieser Dialog kann schwerlich zustandekommen, wenn einige Teilnehmer sich von der Dominanz anderer bedroht fühlen; bedroht fühlen vor allem auch durch Ignoranz und Geringschätzung endogener historischer Prozesse, die zur Herausbildung kultureller Eigenheiten, keinesweg aber zwingend zu Unvereinbarkeiten zwischen verschiedenen Wertekanons geführt haben.
Konkret bedeutet dies, daß „der Westen“ aus der Rolle der Belehrungskultur in die Rolle einer Lernkultur (W.Lepenies) schlüpft, daß die Auseinandersetzungen, die in anderen Kulturen etwa mit der westlichen Moderne stattgefunden haben, als solche wahrgenommen werden und nicht lediglich ihre Resultate betrachtet werden, auf die es, weil sie sich häufig in Aufbegehren gegen westliche Ordnungs- und Entwicklungsmuster äußern, wahlweise mit der Beschwörung der Konfrontation („Kampf der Kulturen“; S.Huntington) oder mit dem siegesbewußten Habitus der Suprematie („Ende der Geschichte“; F. Fukuyama) zu reagieren gälte.
Die Auseinandersetzung mit westlichen Wertvorstellungen, Denktraditionen, Ideengeschichten, Ordnungskonzepten usw. fand und findet in nicht-westlichen Kulturen auf genauso rationaler,vernunftgeleiteter Ebene wie im Westen selbst statt.