Nürnberg 1927: "Die Berliner bleiben vollkommen verdattert stehen und sind entsetzlich verlegen. Träumen sie das oder träumen sie das nicht? Gibt es das: hunderttausend Menschen auf einem Klumpen schreien Heil Hitler? Sie sehen mißtrauisch in den Aufruhr und dann werden ihre Züge weich und ihre Lippen lösen sich wieder auseinander. Der Ingrimm und die Wut, die Entschlossenheit und Bereitschaft, dreinzuschlagen, das alles löst sich jetzt und wechselt um zu einem ungeheuren Gefühl der rasendsten Freude.
Die siebenhundert der Berliner SA brüllen auf, rufen und schreien und winken und grüßen und nicht viel hätte gefehlt, so hätte die Berliner SA geheult wie die Schoßhunde vor Freude. Und nun fliegen zu ihrer erstarrenden Verwunderung auch Blumen! Blumen über die SA! Kinder, Kinder, das kann doch alles nicht stimmen. Aber es stimmt. Es stimmt ganz genau. Und dann marschiert Berlin ins Quartier, von den Menschenmengen begleitet, von jubelnden Menschenmengen.
‚Kommst dir wahrhaftig vor wie uff Urlaub‘, stottert Schulz und Ede nickt gerührt.
‚Weeßte‘, sagt er, ‚so war et, als wir in Riga einmarschierten!‘
Sie werden mit Blumen zugedeckt und sie stecken die Blumen an ihre Koppel, an die Brust, an die Mütze. Dann und wann hören sie aus der Menge Rufe und sie werden stolz auf diese Rufe. ‚Die Berliner!‘ rufen die Nürnberger sich zu. ‚Die Berliner!!!‘
Plötzlich dreht sich Schulz nach seinen Jungens um. ‚Laß uns man nach Hause kommen!‘ brüllt er, ‚so muß es in Berlin ooch noch werden!‘ ‚Ehrensache!‘ brüllen sie zurück. Aber immer noch nicht ist es soweit. Im Gegenteil, ganz im Gegenteil!
Hundemüde und überglücklich fährt die Berliner SA wieder nach Hause. Die Nacht zum Montag fahren sie zurück und schlafen in den Eisenbahnwagen. In den Gepäcknetzen liegen sie und auf dem Fußboden, auf den Bänken und überall, wo sich nur ein menschlicher Körper noch ungefähr zusammenkrümmen kann. Plötzlich fahren sie hoch. Signale ertönen. Türen werden aufgerissen und die an der Tür am nächsten liegen, bekommen Kolbenstöße in die Rippen.
Was ist denn da wieder los, zum Teufel? Sie wissen bald Bescheid. Der (jüdische) Vizepolizeipräsident empfängt die SA an der Stadtgrenze der Reichshauptstadt. Ach, Isidor! denkt die SA ergrimmt. …
‚Alles raus!!!‘ Dann lassen ihn Hiebe von Gummiknüppeln zusammenbrechen. Eine Stunde später steigt aus dem Transport, aus allen Wagen, von allen Lippen das ewige, heilige Lied und schmettert durch Berlin, das eben aus dem Schlaf erwacht, unter Karabinerkolben und Gummiknüppeln singen sie, mit Handschellen, mit zerschlagenen Gesichtern und zerrissenen Hemden, singen siebenhundert verhaftete SA-Männer: ‚Deutschland, Deutschland über alles!!!‘ Keine Drohungen machen sie stumm. Kein Knüppel bringt sie zum Schweigen. Berlin stutzt. Horcht auf und erstarrt.“
Quelle: Wilfrid Bade, „Die S.A. erobert Berlin: Ein Tatsachenbericht“, Verlag Knorr & Hirth GmbH, München, 1937, Seite 53-57
1933. Hermann Göring, Frontflieger im 1. Weltkrieg: „Es darf nicht vergessen werden, daß im Augenblick unserer Machtübernahme sich noch offiziell laut Reichstagswohl vom März zum Kommunismus über sechs Millionen Menschen und zum Marxismus etwa acht Millionen bekannten. Gewiß waren diese Menschen nicht alle Staatsfeinde. Der größte Teil von ihnen, zahllose Millionen, waren brave Deutsche, verführt durch den Spuk dieser wahnsinnigen Weltanschauung, verführt aber auch durch die Haltlosigkeit und Schlappheit der bürgerlichen Parteien. Um so mehr galt es, diese Seelen aus der Verirrung zu retten, sie zurückzuholen in die deutsche Volksgemeinschaft. Ebenso notwendig war es aber auch, unerbittlich gegen die Verführer, Agitatoren und Leiter selbst vorzugehen. So entstanden die Konzentrationslager, in die wir zunächst Tausende von Funktionären der kommunistischen und sozialdemokratischen Partei einliefern mußten. Selbstverständlich sind im Anfang Übergriffe vorgekommen. Selbstverständlich wurden auch da und dort auch Unschuldige betroffen. Selbstverständlich wurde auch da und dort geschlagen, und es sind Roheitsakte verübt worden. Aber gemessen aus allem Gewesenen, an der Größe des Vorgangs, ist doch diese deutsche Freiheitsrevolution die unblutigste und disziplinierteste aller Revolutionen der Geschichte gewesen.“
Hermann Göring. Kein Gummiknüppel: „Junge bewährte Offiziere, die sich in den vergangenen Jahren nicht durch die Republik den Nacken hatten beugen lassen, wurden vorzugsweise befördert und an verantwortlichen Stellen gesetzt. Zum äußeren Zeichen des wiedererwachten Ehrgefühls verbot ich zunächst den Offizieren und Hauptwachtmeistern, später sämtlichen Beamten das Tragen von Gummiknüppeln. Es war mit meiner Auffassung als Offizier (der Luftwaffe) nicht vereinbar, herumzulaufen und auf das Publikum mit Gummiknüppeln einzuhauen. Ein Polizeioffizier greift persönlich nur im äußersten Notfalle ein, nur wenn es blutiger Ernst ist, und dann hat er die Waffe zu ziehen und sie rücksichtslos zum Schutz vom Volk und Staat zu gebrauchen.“
Quelle: Hermann Göring, „Aufbau einer Nation“, 2. Auflage, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Buchdruckerei GmbH, Berlin 1934, Seite 84-86