http://www.ddr89.de/chronik/1189/101189.html
Fr. 10. November 1989
Der Hauptvorstand der Christlich-Demokratischen. Union wählte am Freitag in Berlin den 49jährigen Rechtsanwalt
Lothar de Maizière zum Vorsitzenden der 140 000 Mitglieder zählenden Partei. Auf ihn entfielen 92 der 118 abgegebenen Stimmen. Der zweite Kandidat, der Maler und Grafiker Winfried Wölk, erhielt vier Stimmen. Das Amt war durch den kürzlichen Rücktritt Gerald Göttings freigeworden. Der neue Parteivorsitzende betonte, als er sich der Presse vorstellte, es gelte den neuen Inhalt der drei Buchstaben CDU auf neue Weise deutlich zu machen. Er trete mit etwas ganz Altem und hoffentlich ganz Neuem an. Er glaube, dass die CDU in unserem Land, das sich nicht nur in einer tiefen ökonomischen, sondern auch in einer politisch-ethischen Krise befindet, zeigen müsse, woher sie kommt. Dabei verwies er auf die Bergpredigt. Es gehe ebenfalls um ein neues Demokratieverständnis. Sozialistische Demokratie dürfe nicht einschränkend gemeint sein, sondern müsse für mehr Demokratie stehen. Er trete für klare Rechtsstaatlichkeit ein, in der das Recht für jedermann gleich sei. Lothar de Maizière teilte mit, dass der nächste Parteitag der CDU im März oder April nächsten Jahres stattfinden werde.
(Neues Deutschland, Sa. 11.11.1989)
"Die Gewerkschaft will einen neuen Anfang", sagte die Vorsitzende des FDGB-Bundesvorstandes, Annelis Kimmel, gestern bei Gesprächen mit Werktätigen des Büromaschinenwerkes Sömmerda. Für die Lohn- und Tarifpolitik habe die Gewerkschaft bisher wenig geleistet. Auf die 40-Stunden-Woche angesprochen sagte sie, die Gespräche im Betrieb hätten bestätigt, dass dieses Ziel nicht heute und morgen zu lösen sei. Sie äußerte in Einmütigkeit mit den Mitgliedern der Versammlung, dass kein Streikrecht gebraucht werde, aber ein wirksames Gesetz, das ein Vorgehen gegen staatliche Leiter ermöglicht, die berechtigte Forderungen Ignorieren. In der Diskussion betonte die FDGB-Vorsitzende, dass auf der Bundesvorstandssitzung am 29. November das Präsidium zurücktritt. Ein außerordentlicher Gewerkschaftskongress wird für das I. Quartal 1990 vorbereitet. Zuvor sollte der Entwurf einer neuen Satzung vorgelegt werden.
(Berliner Zeitung, Sa. 11.11.1989)